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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gelassene Körper und die Verwundeten, die sich hinkend und von hilfsbereiten Händen gestützt nach Hause schleppen.
    Abou und seine Abteilung können nun endlich wieder ihre Aufgaben als Präsidentengarde übernehmen. Jetzt fehlte wirklich nur noch, dass die durstigen Menschen den Kühlschrank und die gekühlten Getränke erspähten. Außerdem kann Abou die Augen nicht von Laurie losreißen. Auf dem Weg zum Zelt hat er sie aus der Nähe sehen können, hat sie sogar berührt und den säuerlichen Geruch der Weißen wahrgenommen, hat ihr seidiges blondes Haar und ihre weiche, von der Wüstensonne gerötete Haut bemerkt. Er hat die Angst und die Bestürzung in ihren Augen gelesen und sofort gewünscht, er dürfe sie in den Armen halten. Jetzt, aus der Ferne, sieht er ihre kleinen Brüste unter dem schmutzigen T-Shirt, die wohlgeformten Schenkel, die langen Gazellenbeine, die blonde Löwenmähne, das rundliche, unschuldige, doch gleichzeitig ernüchterte Gesicht, die großen, haselnussbraunen Augen ... Abous Herz klopft zum Zerbersten. Ist das die Liebe auf den ersten Blick? Er ist so hingerissen, dass er nicht bemerkt, wie Félicité ihn aufmerksam beobachtet, feststellt, was ihn derart fasziniert, und sich mit verzogenem Gesicht und einem verächtlichen »tsss« abwendet.
    Laurie hat keine Ahnung von dem, was sich hinter ihrem Rücken abspielt. Ihr Empfang lässt ihr einfach keine Ruhe. Ihr war, als hätte sich die Not der ganzen Welt mit einem Mal vor ihr aufgetan und in ihrem Schlepptau Gewalt, Blut, irre Blicke, habgierige Hände und pestilenzartige Gerüche mitgebracht. Im Schatten des Zeltes - hoch über dem konfusen Handgemenge, diesem Kampf auf Leben und Tod um ein paar Tropfen Wasser, vor einem mit köstlichen Leckereien gedeckten Tisch und einem Kühlschrank, der herrliche Frische verspricht, angesichts der verwirrten Würdenträger, die ihren Gästen vermutlich nicht unter die Nase reiben wollen, über welche Not sie herrschen - spürt Laurie plötzlich, wie die letzte Kraft sie verlässt und das letzte bisschen Mut sich in Luft auflöst, ja, sogar der Grund für ihre Reise scheint im Sand zu versinken. Mit Tränen in den Augen lässt sie sich auf einen Stuhl fallen, verbirgt das Gesicht in den Händen und flüstert mit zitternder Stimme:
    »So weit ist es also gekommen...«
    Fatimata beugt sich über Laurie, legt ihr einen Arm um die Schultern und murmelt Trostworte.
    »Ja, Laurie, so weit ist es gekommen. Aber Sie sind am Ziel. Eigentlich wollte ich einen Willkommensgruß sprechen, doch ich habe festgestellt, dass er nicht mehr nötig ist. Es genügt, der Wirklichkeit ins Auge zu schauen. Doch dank Ihres Einsatzes, dank der Hoffnung auf Erneuerung, die Sie mitbringen, werden wir uns da wieder hinausmanövrieren. Ruhen Sie sich erst einmal aus, liebste Freundin. Möchten Sie etwas trinken?«
    Mit tränennassen Wangen richtet Laurie sich auf. Sie betrachtet die Frau, die sie mit ehrlichem Mitleid anblickt und ihr freundlich und voller Unschuld etwas zu trinken anbietet. Sie presst die Lippen zusammen und schüttelt den Kopf.
    »Vielen Dank. Zwar habe ich wirklich Durst, doch angesichts all dieser armen Leute, die sich vor meinen Augen um einen Tropfen Wasser prügeln, hätte ich Mühe, eine kalte Cola hinunterzubringen.«
    Rudy vertritt die gleiche Ansicht. Auf der einen Seite sieht er den summenden Kühlschrank und einen Tisch, der sich unter Leckereien biegt, auf der anderen Seite wird sein Lastwagen von der Armee verteidigt, die nicht gezögert hat, auf die ausgezehrten, zerlumpten Gestalten zu schießen, die nichts als ein bisschen Wasser wollten. Als sie am ehemaligen Bam-See vorbeifuhren, hat er die elenden Figuren gesehen, die am Boden kauerten und hoffnungsvoll im Sand gruben, weil sie das wundervolle Wasser erreichen wollten, das sich, wenn er sich recht erinnerte, in 250 Meter Tiefe befindet. Hat man ihnen etwa nichts davon gesagt? Lässt man sie lieber in dieser Staubgrube verhungern und verdursten? Was ist das für ein Scheißland, wo eine aus lauter Nabobs bestehende Regierung sich gestattet, ihren Wohlstand vor den Augen der Ärmsten der Armen auszubreiten? Hat er die anstrengende Reise etwa für diese Arschlöcher unternommen? Brauchen sie das Wasser für ihre Swimmingpools und Gärten, während das einfache Volk weiter dahinsiecht? Am liebsten hätte sich Rudy in den Lastwagen gesetzt und wäre umgekehrt. Die Ausrüstung könnte er den Tuareg schenken. Die wussten wenigstens, wie man

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