Ödland - Thriller
fähig zu sein. Mein Sohn ist von Spionen entführt worden! Ich kann es immer noch nicht fassen.«
Als sie sich später reisefertig machen, um mit einem von der Regierung gestellten Wagen nach Kongoussi zu fahren, vertraut Rudy Laurie etwas an.
»Ehrlich gesagt habe ich nur ein sehr begrenztes Vertrauen in die angeblich so tollen Spürhunde. Sie finden vielleicht einen Hühnerdieb und können einen Verbrecher verhaften. Aber mit Spionen von der NSA fertig werden?«
»Ich glaube, du unterschätzt die hiesige Polizei. Glaubst du ernsthaft, dass du, der große, weiße Mann, stärker bist als die Polizei und die Armee zusammen? Ich finde, deine Hochnäsigkeit grenzt schon hart an Rassismus!«
»Du bist völlig auf dem falschen Dampfer. Ich denke an eine ganz andere Methode, auf die kein Polizist der Welt, ganz gleich ob schwarz, weiß oder grün, von selbst käme. Ich denke an den kleinen Bruder. An Abou.«
»Wieso Abou?«
»Erinnerst du dich nicht? Abou beschäftigt sich mit Magie.«
Die andere Methode
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Die Strecke zwischen Ouagadougou und Kongoussi kommt Laurie und Rudy vor, als reisten sie mitten durch die Hölle. Sicher, es ist nicht der Tanezrouft mit seinen unfruchtbaren Regs, und es handelt sich auch nicht um sechshundert Kilometer, sondern lediglich um hundertfünfzehn, doch in gewisser Weise ist es schlimmer. Das Buschland, von der Sonne verbrannt und vom Harmattan mit Sand bedeckt, stirbt qualvoll vor sich hin, am Weg finden sich Autowracks und von Geiern und Schakalen zerfetzte Leichen. Die sterbenden Dörfer, durch die sie fahren, sind von apathischen Zombies bevölkert, deren Kinder mit ihren aufgetriebenen Bäuchen immer noch die Kraft finden, zum Auto zu laufen und die spindeldürren Ärmchen auszustrecken. Ein sterbendes Gebiet zu durchqueren ist ungleich schrecklicher, als durch eine seit langer Zeit tote Wüste zu fahren.
Laurie und Rudy wappnen sich mit viel Mühe gegen das Entsetzen und die Verzweiflung, denn sie müssen über das sprechen, was sie in Kongoussi erwartet.
»Weißt, du, was merkwürdig ist?«, fragt Laurie. »Ich freue mich richtig darauf, nach Kongoussi zu fahren. Nein, freuen ist vielleicht nicht das richtige Wort. Ich sollte besser sagen: Ich bin erleichtert. Als wäre mir ein Stein vom Herzen gefallen.«
»Liegt es vielleicht an deinem Gewissen, dass du dich erleichtert fühlst?« Rudy kann die kleine sarkastische Spitze nicht unterdrücken. »Immerhin kannst du dich endlich wieder nützlich machen.«
»Damit hat es überhaupt nichts zu tun. Ich fühle etwas ganz Sonderbares.« Sie zögert und sucht nach Worten. »Es ist, als würde ich ... gerufen! Es ist schon seit einigen Tagen so. Ich muss ständig daran denken, träume nachts davon und verspüre eine Art Ziehen in meinem Bauch. Und dabei fällt mir absolut nichts ein, was mich dort hinlocken könnte.«
»Abou«, erklärt Rudy.
»Wie kommst du ausgerechnet auf Abou?« Sie wirft ihm einen misstrauischen Seitenblick zu. »Ich kenne ihn doch kaum.«
»Er ist in dich verliebt. Das hat er mir klar und deutlich zu verstehen gegeben.«
Laurie zuckt die Schultern.
»Das ist doch lächerlich. Wir haben keine drei Worte miteinander geredet. Ich weiß nicht einmal mehr, wie er aussieht. Wie könnte er so etwas mit mir machen? Nein, es muss etwas anderes sein.«
»Ja, und zwar seine Magie. Er nennt es Bangré.«
»Aha, dann hat er mich also verhext. Meinst du das? Mit Amuletten, abgeschnittenen Fingernägeln und Hühnerblut? Das ist doch Humbug! Es funktioniert höchstens bei Leuten, die daran glauben.«
»Jetzt klingst du aber geringschätzig, Laurie. Du vergleichst Äpfel mit Birnen. Es gibt Menschen, die eine wirkliche Macht besitzen, und andere, die damit Geld verdienen wollen. Normalerweise handelt es sich nicht um die gleichen.«
In Kongoussi begeben sie sich sofort auf die Baustelle, die sie leer und verlassen vorfinden, mit Ausnahme einer
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