Ödland - Thriller
Vorstandsvorsitzende von Resourcing, an sich bringen will. Kennen Sie ihn?«
»Resourcing kennen wir natürlich«, ist die Antwort, »aber Burkina Faso? In welcher Sparte sind Sie tätig? Was produzieren Sie?«
Am Flughafen haben die Zöllner ihr Gepäck gleich zweimal durchleuchtet und die Einladung zum Forum genauestens kontrolliert, ehe man sie einreisen ließ. Auch an der Eingangskontrolle unter der Kuppel war man sehr vorsichtig. Rudy musste sogar sein »Geschenk« für Fuller auspacken. Der Kontrolleur, ein Karibe, legte die Maske sehr schnell und mit einem unbehaglichen Gesichtsausdruck in ihre Verpackung zurück, sah Rudy gerade in die Augen und erkundigte sich, was er damit vorhabe.
»Sie ist ein Geschenk«, antwortete Rudy lächelnd.
Mit geradezu angeekeltem Ausdruck schob der Karibe Rudy die Maske und ihre Verpackung hin und murmelte:
»Ich kann nichts dagegen sagen. Es ist nicht illegal. Aber es ist grausig.«
Dabei machte er eine merkwürdige Geste, die Rudy erst verstand, als ein sympathischer, karibischer Kellner sie ihm erklärte:
»Diese Handbewegung? Sie ist ein Schutzzeichen des Voodoo-Kults. Wo haben Sie sie gesehen?«
Am Empfang des Forums, das in einem riesenhaften, luxuriösen und ziemlich kitschigen Komplex namens Atlantis an der Nordseite von Paradise Island untergebracht ist, wiederholt sich die gleiche Prozedur. Die Empfangsdame ist bass erstaunt, als sie Fatimata und Rudy ankommen sieht, und noch viel mehr, als sie feststellen muss, dass die Präsidentin von Burkina Faso tatsächlich ohne Zugehörigkeit zu einem ww-Konzern auf der Gästeliste steht.
»Was soll ich denn bloß auf Ihren Zugangsausweis drucken? Der Name allein genügt nicht!«
»Schreiben Sie doch einfach Burkina Faso«, schlägt Fatimata vor.
»Ist das der Name Ihres Unternehmens? Und wie schreibt man den?«
Im Hotel hingegen, in den am Rand des Atlantis gelegenen Comfort-Suiten, die den weniger reichen Teilnehmern vorbehalten sind, macht man ihnen keinerlei Schwierigkeiten. Die Exzentrik der Elite ist man hier längst gewohnt. Eine schwarze Frau im Boubou? Na, wenn schon! Kaum haben sie sich in ihren Zimmern eingerichtet, als Fatimata an Rudys Tür klopft und wissen will, was es mit der Maske auf sich hat.
»Es ist ein soukou der Younyonsé«, weicht Rudy aus. »Die Maske ist sehr alt...«
»Das weiß ich«, gibt Fatimata genervt zurück. »Ich habe sie immer bei meiner Mutter gesehen. Wie kommt es, dass Sie sie jetzt haben? Erzählen Sie mir nicht, sie hätte sie Ihnen geschenkt.«
»Nein, sie ist nicht für mich. Fuller soll sie bekommen«, gesteht Rudy.
»Fuller?« Fatimata hebt die Augenbrauen. »Sie wollen Fuller einen Schatz des Kulturerbes von Burkina Faso schenken?«
»Nicht wirklich. Hadé hat gesagt, dass sie ihn wieder zurückbekäme.«
Fatimatas Augen verengen sich, und sie presst die Lippen zusammen.
»Ich glaube, ich verstehe. Sie ist aufgeladen, nicht wahr? Meine Mutter hat ... wie soll ich sagen ... damit gearbeitet. Und was soll sie hervorrufen?«
»Entsetzen. Unter anderem.«
»Sie wollen Fuller Angst einjagen? Zu welchem Zweck?«
Rudy sieht sich gezwungen, ihr den Plan zu erklären. Fatimata hört ihm mit offenem Mund zu. Sie sagt nichts, sondern schüttelt nur hin und wieder ungläubig den Kopf. Als er fertig ist, stützt sie die Stirn in die Hand und seufzt.
»Ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll, Rudy. Ich habe Sie immer schon in gewisser Weise für einen Draufgänger gehalten, aber es ist noch viel schlimmer. Sie sind verrückt! Es ist verrückt, die heilerische Begabung meiner Mutter für magische Kräfte zu halten, und erst recht verrückt, zu glauben, dass so etwas funktionieren könnte. Und es macht mich unendlich traurig, dass Sie meine Mutter so eingewickelt haben, dass sie ein derart wertvolles Objekt opfert.«
»Jetzt reden Sie schon wie Laurie«, kontert Rudy, der ebenfalls ärgerlich wird. »Allerdings ist es bei ihr normal; bei Ihnen hingegen verwundern und enttäuschen mich die Vorwürfe. Wenn Sie glauben, dass ich Ihre Mutter ›einwickeln‹ könnte, wie Sie sich ausgedrückt haben, dann kennen Sie sie schlecht. Und wenn Sie meinen Plan für verrückt halten, dann vergessen Sie ihn einfach. Schlendern Sie durch die Straßen der Macht, versuchen Sie, Reden zu halten und die Vorstände der ww-Konzerne zu überzeugen, dass Burkina Faso es wert ist, erhalten und unterstützt zu werden. Wir werden ja sehen, wer von uns beiden mehr Erfolg hat!«
Von
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