Ödland - Thriller
diesem Zeitpunkt an trennen sich die Wege von Fatimata und Rudy. Die Präsidentin verbringt tatsächlich ihre Zeit in Gesellschaft der Mächtigen, nimmt an Diskussionen und Konferenzen teil, ebenso an allen Workshops und Denkfabriken, zu denen sie zugelassen wird, und an Cocktailstunden und Galadiners. Der zur Schau gestellte Luxus bringt sie aus der Fassung; entsetzt stellt sie fest, dass hier eine Tasse Kaffee mehr kostet, als ein Arbeiter in Burkina Faso an einem ganzen Tag verdient, und das viele vergeudete Wasser, die verschwendete Nahrung und die für klimatisierte Pools und abendliche Lichtspiele verpulverte Energie bringen sie auf die Barrikaden. Wo immer es geht, versucht sie ihre Reden zu halten, Verantwortliche und Mächtige zu treffen und die Aufmerksamkeit auf ihr kleines Land und das Schicksal der Armen im Allgemeinen zu ziehen. Doch niemand hört ihr zu, interessiert sich für sie, stellt irgendwelche relevanten Fragen oder kümmert sich um einen Lösungsansatz. Im besten Fall betrachtet man sie als exotische Ausnahmeerscheinung und eine Art merkwürdiges Phänomen. Alles, was man von ihr in Erinnerung behält, ist: »Sehen Sie mal, da ist die Präsidentin dieses afrikanischen Landes, das vor dem IHG gegen die Resourcing gewonnen hat, erinnern Sie sich? Ja genau, dieser verrückte Prozess! Armer Fuller!« Betrüblich. Nervtötend. Zum Verzweifeln.
Rudy seinerseits hat nur ein einziges Ziel - er will Fuller finden. Er erkundet die Enklave in alle Richtungen, ortet sämtliche Wachen und Patrouillen sowie Fernsehüberwachungskameras und Sicherheitssysteme, knüpft Verbindungen zum Personal - kleinen Leuten und Dienstboten, die niemand wahrnimmt, die ihm aber erklären können, wie die gigantische Touristenfalle aufgebaut ist und funktioniert, was man sich hier erlauben kann, was nicht gut ankommt und wie man sich bei den unterschiedlichen Anlässen verhält. Er studiert den Flughafen und seine Umgebung, die Straße, die zu den Hallen führt, und informiert sich über den Flugplan. Er sympathisiert mit Polizisten und Wachleuten, die ihm gestehen, dass ihre Arbeit ihnen keinen besonderen Spaß macht; die vielen Kontrollen und die allgegenwärtigen elektronischen Überwachungssysteme reichen im Prinzip aus, um Diebstahl oder Terrorismus zu unterbinden. Die Aufgabe der Sicherheitskräfte beschränkt sich meist darauf, Betrunkene in ihr Hotel zu bringen, mit viel Fingerspitzengefühl einzuschreiten, wenn einer der reichen Knilche ausrastet, weil irgendein anderer seine Frau gevögelt hat, zwischen legalen und illegalen Drogen zu unterscheiden und zu wissen, bis zu welcher Höhe an Bestechungsgeld eine Droge illegal bleibt ...
Bei einem Cocktailempfang anlässlich der Preisverleihung zum »Umweltfreundlichen Unternehmen des Jahres« läuft Fuller Rudy endlich über den Weg.
Harsh
... möchte ich daran erinnern, dass mit dem Erhalt des Preises ein Scheck in Höhe von einer Million Euro sowie eine garantierte Finanzierung durch die Rothschild-Bank oder eines ihrer angeschlossenen Institute verbunden ist. Mit der Ehrung möchten wir ein Unternehmen hervorheben, das in diesem Jahr auf fortschrittliche Weise in saubere Technologien investiert hat oder dessen Unternehmenspolitik auf vorbildliche Weise zum Erhalt und zur Förderung unseres Naturerbes beigetragen hat. Wie Sie feststellen können, ist die Bandbreite der Kriterien weit gefasst, was die Auswahl des Preisträgers wieder einmal schwierig gemacht hat. Unter den mehreren Hundert Unternehmen, die sich an unserem Wettbewerb beteiligt haben, und den zehn Firmen, die in die Endauswahl kamen, hat eine schließlich die Jury vollständig überzeugen können. Meine lieben Freunde, ich freue mich, Ihnen den Preisträger unseres Wettbewerbs für das Jahr 2030 vorstellen zu dürfen. Es ist ...
Ausschnitt aus der Laudatio von Franklin Rothschild
Fuller seinerseits hat alles nur Denkbare getan, um Fatimata aus dem Weg zu gehen. Er verlässt das Gelände des Ocean Clubs, wo er mit der Crème de la Crème untergebracht ist, so gut wie nie. Die Teilnahme an den Diskussionsrunden, Konferenzen und Veranstaltungen, bei denen die Präsidentin von Burkina Faso ebenfalls anwesend sein könnte, hat er von vorneherein gestrichen und nur private Workshops und Denkfabriken besucht, zu denen sie nicht eingeladen war. Auch an einigen Arbeitsessen in den Restaurants von Atlantis oder - besser noch - unter den Palmen von Courtyard Terrace oder im Dune, dem Nobelrestaurant des Ocean
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