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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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geraumer Zeit. Der Mann wurde zunächst aschfahl, dann brach ihm kalter Schweiß aus. Die Augen traten aus ihren Höhlen. Mit vor Entsetzen offen stehendem Mund starrte er die Hyänenmaske an, ohne sie jedoch aus der Hand zu legen. Inzwischen hängt sein Blick wie festgeschweißt an den runden, gelb umrandeten Augen des Tiergesichts, als hätten ihn die beiden schwarzen Löcher in einen infernalischen Abgrund gezerrt. Gerne hätte Rudy zumindest einen winzigen Teil von Abous Seherfähigkeiten besessen, um zu erfahren, was sich zwischen Fuller und dem geschnitzten Holzstück tatsächlich abspielt. Hadé hat Rudy keine genaue Anweisung gegeben. Muss Fuller die Maske aufsetzen? Und wenn ja, wann und für wie lang? Wirkt die Maske auch aus der Entfernung? Oder darf Fuller sie nicht mehr aus der Hand legen? Hier liegen die Unwägbarkeiten von Rudys Plan, der vorsieht, Fuller auf dem Rückweg mit nach Burkina Faso zu nehmen. Der Flug startet morgen früh und geht von Nassau über Dakar nach Bamako. Aber wie soll er das bewerkstelligen, wenn Fuller die Maske während der ganzen Zeit halten oder gar tragen muss? Oder wenn er derart hypnotisiert ist, dass er nicht einmal in der Lage ist, auf die einfachsten Fragen zu antworten? Oder wenn im Gegenteil die Faszination nur eine gewisse Zeit andauert und Fuller zu früh seine Klarsicht wiederfindet?
    Rudy beschließt, einen Vorstoß zu wagen.
    »Mr. Fuller, hören Sie mich?«
    Fuller nickt langsam, ohne den Blick von der Maske zu wenden.
    »Setzen Sie die Maske jetzt auf. Legen Sie sie über Ihr Gesicht.«
    Anthony gehorcht mit langsamen, zögernden Bewegungen. Rudy verknotet die Schnüre aus brüchigem Leder in seinem Nacken. Er arbeitet sehr vorsichtig, um auf keinen Fall mit der Maske in Berührung zu kommen, und tritt sofort wieder einen Schritt zurück. Ist eine Wirkung zu erkennen?
    Eine Weile geschieht gar nichts. Fuller sieht mit der hölzernen Maske, ihren großen, runden Augen, den vorstehenden Fangzähnen und der bürstenartig gesträubten Mähne lediglich ziemlich grotesk aus. Doch plötzlich stößt er einen Entsetzensschrei aus. Er reißt die Hände hoch, als wolle er versuchen, sich die Maske vom Gesicht zu reißen, stöhnt vor Qual, windet sich, rollt sich auf dem Boden. Rudy wirft sich über ihn und bemüht sich, die Lederbänder aufzuknüpfen, schafft es jedoch nicht, weil Fuller so tobt, und reißt sie schließlich einfach durch. Die Maske fällt zu Boden.
    Anthonys Gesichtszüge sind ebenfalls zur Maske erstarrt - zu einer Maske blanker Panik. Er ist totenbleich, seine Augen quellen aus den Höhlen, die Lippen zittern, und seine Wange blutet. Rudy begutachtet die Verletzung: zwei blutige Löcher zeichnen sich deutlich auf der Wange ab.
    Vorsichtig inspiziert er die Maske mit der Fußspitze. Ihre Innenseite besteht aus normalem, mehr oder weniger poliertem Holz; er findet weder Nägel noch vorstehende Metallteile. Woher mag diese Verletzung rühren?
    »Mr. Fuller, sind Sie in der Lage, aufzustehen?«
    Fuller liegt noch immer abgestumpft und mit gesenktem Kopf auf dem Teppich und besudelt ihn mit seinem Blut. Rudy hilft ihm auf, führt ihn ins Bad und reinigt die Wunde mit einem Waschlappen. Wie erstarrt lässt Fuller alles mit sich geschehen. Rudy findet ein Erste-Hilfe-Etui, sprüht ein Wunddesinfektionsmittel auf die Verletzung und verpflastert sie. Dann bringt er Anthony wieder in sein Zimmer.
    Die Maske ständig zu tragen kommt nicht infrage, entscheidet Rudy. Und sie gar nicht mehr in die Hand zu nehmen? Sie in den Koffer zu packen? Würde das genügen?
    Er nimmt einen Koffer aus dem Wandschrank, stellt ihn mitten ins Zimmer und sucht nach etwas, womit er die Maske einwickeln kann. Ein Handtuch wäre genau das Richtige ... Rudy geht erneut ins Bad. Anthony sitzt auf dem Bettrand und sieht ihm zu. Zunächst bleibt sein Gesicht ausdruckslos, doch nach und nach formt sich eine Frage in seinen Zügen.
    »Was ... ist hier los?«, murmelt er.
    Rudy, der neben der Maske auf dem Teppich kauert und sich bemüht, sie einzupacken, ohne sie dabei zu berühren, sieht Anthony an. Fullers Augenlider flattern.
    »Gar nichts, Mr. Fuller. Hier, Ihre Maske. Sie gehört Ihnen.«
    Mit dem Handtuch bewaffnet, hebt Rudy die Hyänenmaske auf und reicht sie ihm. Fuller nimmt sie - und fällt sofort in seinen Trancezustand zurück.
    Der Minicomputer an seinem Handgelenk beginnt zu piepsen. Er reagiert nicht. Ein gutes Zeichen, denkt Rudy. Jetzt ist er mir ausgeliefert. Als

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