Ödland - Thriller
das bordeigene Büro zurück, wo der Pilot und der Kopilot gemütlich bei einer Tasse Kaffee zusammensitzen. Seit der Landung verhalten sich Hank und Bill ausgesprochen kooperativ - vermutlich, weil sie auf ihre baldige Befreiung hoffen.
»So, Jungs«, sagt Rudy dann auch tatsächlich, »ihr wisst ja, dass ich nichts gegen euch habe, und deshalb dürft ihr jetzt gehen. Leider kann ich euch nicht garantieren, dass ihr mit diesem Flugzeug zurückkehren werdet; das hängt von der weiteren Entwicklung ab. Aber in Ouaga gibt es eine amerikanische Botschaft, die sicher eine Möglichkeit findet, euch wieder nach Hause zu bringen. Inzwischen solltet ihr euch vielleicht einmal in der Stadt umsehen und euch ein Bild davon machen, wie es in den ärmsten Landern der Welt zugeht. Ich kann euch garantieren - es ist sehr erbaulich! Allerdings möchte ich dich, Bill, noch bitten, mir das Funkgerät zu erklären, ehe ihr das Flugzeug verlasst. Ich gehe nämlich davon aus, dass die Verantwortlichen - oder die sich dafür halten - über den Tower mit mir Verbindung aufnehmen.«
Nach einer kurzen Einführung in die Geheimnisse des Funkverkehrs öffnet Rudy die vordere Flugzeugtür und stößt die beiden Männer auf die Rollbahn.
»Viel Glück, Jungs. Geht langsam und haltet die Hände weit vom Körper weg. Man kann nie wissen! Es wäre doch zu blöd, wenn sie euch irrtümlich erschießen würden.«
Als Rudy allein ist, beginnt er zu überlegen. Vor morgen Abend würde Fatimata nicht zurückkehren. Er müsste also mindestens sechsunddreißig Stunden durchhalten, ohne zu wissen, ob der Präsidentin überhaupt genügend treue Soldaten zur Verfügung stehen, um die Rebellen zu besiegen und die Macht zurückzuerobern. Unmöglich! Rudy ist sich darüber im Klaren, dass die Putschisten, und vor allem die NSA-Agenten, alles unternehmen werden, ihren Auftraggeber zu befreien. Aber wie lange kann er Widerstand leisten? Und was geschieht, wenn er gezwungen sein sollte, Fuller hinzurichten? Rudy realisiert, dass sein eigenes Leben dem seiner Geisel untergeordnet ist, doch ist er wirklich bereit, es aufs Spiel zu setzen, um einen Mann zu töten, gegen den er keinerlei persönlichen Hass hegt, abgesehen von seiner allgemeinen Abneigung gegenüber Menschen seines Schlages?
Nein, beschließt er. Wenn sie das Flugzeug stürmen oder wenn es ihnen gelingt, sich einzuschleusen, würde ich mich lieber ergeben, als dass ich Fuller töte und dafür massakriert werde.
Natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass sie Rudy nicht trotzdem töten, wenn er Fuller ausliefert - ein gelungener Staatsstreich öffnet allen möglichen Exzessen Tür und Tor. Wie dem auch sei - Rudys Position ist ausgesprochen prekär. Sein Leben hängt am seidenen Faden.
Ein Signal ertönt im Cockpit, wo Rudy sich hingeflüchtet hat; sorgfältig achtet er darauf, nicht von außen sichtbar zu sein, um nicht unfreiwillig zur Zielscheibe zu werden. Er setzt die Kopfhörer auf und schaltet das Funkgerät ein.
»Hier spricht General Kawongolo. Ich rufe vom Tower aus an. Sie sind Rudy, nicht wahr?«
»Sie haben gute Augen, Herr General. Kann man das von denen Ihrer Frau inzwischen auch schon wieder sagen?«
»Leider nein. Aber darum geht es jetzt nicht...«
»Aber sicher geht es darum. Die Kerle, für die Sie die Kastanien aus dem Feuer holen, haben bestimmt versprochen, Ihr die Operation zu bezahlen, nicht wahr? Wahrscheinlich in einer Privatklinik. Habe ich recht?« Der General schweigt. »Glauben Sie wirklich noch daran, Herr General? Hat man Ihre Frau schon ausgeflogen, oder läuft sie immer noch zu Hause herum und holt sich blaue Flecken am Mobiliar?«
»Lassen Sie meine Frau außen vor. Es geht um Sie, Rudy. Sie haben sich da ganz schön was eingebrockt.«
Der Harmattan, der seit dem Morgengrauen weht, hat merklich an Kraft zugelegt. Sandschlieren hängen in der Luft. Langsam verschwindet die Landschaft in einem gelben Nebel, der auf Rumpf und Flugzeugscheiben prasselt.
»Nicht so sehr wie Sie, Herr General. Was glauben Sie wohl, was Fatimata mit Ihnen anstellt, wenn sie die Macht zurückerobert hat? Sie haben sich eines Angriffs auf die gewählte Staatsführung schuldig gemacht. Soweit ich weiß, steht darauf die Todesstrafe.«
Wieder herrscht Schweigen auf der anderen Seite. Würde es Rudy gelingen, Kawongolo zum Wanken zu bringen? Das wäre natürlich die allerbeste Lösung! Der General müsste sich nur seinen Irrtum eingestehen, die Kerle von der NSA verhaften, und
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