Ödland - Thriller
wir die Situation besser kontrollieren können, wenn die Maschine am Boden ist. Die Geisel scheint ein wichtiger Mann zu sein. Nach Angaben des Luftpiraten spielt er eine bedeutende Rolle bei unserer derzeitigen Operation.«
»Wann wurden Sie über die Geiselnahme informiert?«
»Heute Morgen um...« Er blickt auf seine Armbanduhr. »Um drei Uhr zwölf.«
»Aber Sie hielten die Information nicht für so wichtig, dass Sie mir Bescheid gegeben hätten?«
Simporés Wangen verfärben sich.
»Ich habe nicht gewagt, Sie zu wecken, Herr General. Ich dachte, dass wir ohnehin nichts tun könnten, solange sich die Maschine in der Luft befand...«
»Sie haben nicht zu denken, Hauptmann! Leider brauche ich Sie im Augenblick hier - anderenfalls hätten Sie umgehend Arrest wegen eigenmächtigen Rückhalts strategisch wichtiger Informationen erhalten. Aber Sie bekommen einen Verweis. Sobald Ihr Dienst vorbei ist, werden Sie in meinem Büro vorstellig - nein, im Präsidentenpalast. Vorerst aber kehren Sie auf Ihren Posten zurück und warten auf meine Anweisungen.«
»Zu Befehl, Herr General.«
Der Hauptmann knallt die Hacken zusammen, grüßt militärisch, dreht sich um und entfernt sich mit großen Schritten. Dabei kreuzt er Nummer 1, der völlig zerknittert aussieht und offenbar gerade erst aus dem Bett gestiegen ist, trotz allem aber seine schwarze Sonnenbrille nicht vergessen hat.
»Nun, Herr General? Wissen Sie schon Näheres? Ist die Geisel tatsächlich Fuller? Und wer sind die Luftpiraten?«
»Urteilen Sie selbst.«
Kawongolo reicht Nummer 1 das Zielfernrohr. Nummer 1 stößt einen kurzen Pfiff aus.
»Scheiße, den haben sie ja ordentlich zugerichtet! Bestimmt hat er Widerstand geleistet. Der Typ mit dem Messer kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»Das ist Rudy, der Europäer, der das Bohrmaterial gebracht hat und mit der Präsidentin nach Nassau geflogen ist.«
»Sitzt sie auch mit im Flugzeug?«
»Das weiß ich nicht. Ich bin auch gerade erst angekommen.«
»Gut...« Nummer 1 seufzt. »Wie viele sind es? Das wissen Sie natürlich auch nicht. Und was wollen sie?«
»Mit einem Verantwortlichen sprechen.«
»Nun, Herr General, da sind dann wohl Sie gefragt. Reden Sie mit ihm. Ich werde unterdessen sehen, was ich tun kann. Haben Sie einen guten Scharfschützen in Ihrer Pennertruppe?«
Der General zuckt zusammen, hält sich aber zurück.
»Meine Soldaten sind samt und sonders hervorragende Schützen. Sollten Sie allerdings vorhaben, Rudy vom Flughafengebäude aus kampfunfähig zu schießen, vergessen Sie es. Es sei denn, Sie legen keinen gesteigerten Wert auf diesen Fuller.«
»Okay, ich setze mich mit Nummer 2 und Nummer 3 in Verbindung. Sie gehen inzwischen in den Tower und verhandeln mit dem Geiselnehmer. Versuchen Sie, den Kerl so lange wie möglich hinzuhalten und so viel wie möglich zu erfahren. Versprechen Sie ihm ruhig alles, was er verlangt, denn er ist ohnehin geliefert.«
»Sie scheinen Ihrer selbst ganz schön sicher zu sein«, sagt Kawongolo.
»Wir sind NSA-Leute, mein Bester. Das Verhalten bei Geiselnahme beherrschen wir aus dem Effeff.«
Widerstand
Fight the power that chokes your speech
Fight the power that makes you bleed
Fight the power that propagates lies
To keep you weak, keep you in line
Fight the power that reigns you in
Divides and conquers, defines your sin
Fight the power for one and all
Before the power swallows us whole.
KMFDM, »New American Century«
(Hau Ruck, 2005)
Anthony blinzelt, kneift die Augen zusammen und mustert verwirrt seine Umgebung. Die Morgensonne, der Harmattan, der Staub, die neugierigen Blicke der vielen Menschen - wo ist er hier, und wie ist er hergekommen? Rudy hingegen versucht, sich einen Überblick über die Zahl der anwesenden Soldaten zu verschaffen. Das Flughafengebäude wimmelt vor Militärs, auf dem Dach sind Scharfschützen postiert, und zwei Panzer haben ihre Kanonen auf das Flugzeug gerichtet.
»Du bist in Burkina Faso«, murmelt Rudy in Fullers Ohr und drückt ihm das Messer an die Kehle. »Jetzt geht es um dein Leben. Dein Leben gegen das Überleben dieses Landes. Kapiert?«
Falls Fuller verstanden hat, zeigt er es jedenfalls nicht. Er schweigt, zittert und schwitzt. Bei der Rückkehr in den Passagierraum beklagt er sich über seine Gesichtsverletzungen. Rudy hält es für sicherer, ihn in der Toilette einzuschließen: So braucht er ihn nicht in Schach zu halten, falls die Macht der Maske nachlassen sollte. Anschließend kehrt er in
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