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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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verteidigen. Abou wäre gern auch so und bemüht sich, Rudys Beispiel zu folgen. Kein Mitleid für den Abschaum! Eigentlich sollte man Fuller töten, solange man ihn in der Hand hat. Damit wären alle Probleme mit einem Schlag gelöst ... Aber schließlich ist es nicht er, der entscheidet, während Amerika und China drauf und dran sind, sich wegen Fuller den Krieg zu erklären.
    Doch, du kannst entscheiden. Sein Schicksal liegt in deinen Händen.
    »Was?«
    Abou richtet sich auf. Er hat klar und deutlich tief in seinem Ohr eine Stimme gehört - eine Stimme ohne Hall und Klang.
    Warum bringst du ihn nicht einfach in die Wüste?
    »Wer ist da? Wer spricht?«
    Abou steht auf, bringt seine Uzi in Anschlag und beobachtet die dunklen Schatten, die in der klaren Nacht zwischen den Zelten liegen. Und plötzlich sieht er ihn. Als hätte er sich aus einem Mondstrahl materialisiert, steht er vor Abou.
    Der Geist des Targi ist in eine beige Djellaba gehüllt. Der dichte, indigofarbene Cheche verbirgt das leere Gesicht, an seiner Hüfte hängt der traditionelle Dolch. Es ist derselbe Targi, der Abou während des Sturms erschienen ist, als er mit Salah den Eingang der Baustelle bewachte. Im Mondlicht wirkt er fast durchsichtig. Langsam nähert er sich Abou, der wie angewurzelt dasteht und am ganzen Körper zittert. Seine stummen Schritte wirbeln nicht das kleinste Staubkörnchen auf und hinterlassen keine Spur im pudrigen Laterit.
    Nimm ihn mit, säuselt das Phantom. Liefere ihn seinem Schicksal aus. Die kel essuf wissen schon, was sie mit ihm tun müssen.
    Stumm und starr vor Angst sieht Abou zu, wie der blaue Mann ohne Gesicht ganz dicht an ihm vorbeigeht - sieht er nicht so etwas wie glühende Augen unter dem Cheche? -, um die Ecke des Zeltes biegt und verschwindet. Noch geraume Zeit bleibt Abou wie erstarrt stehen und bemüht sich, sein wild pochendes Herz zu beruhigen und wieder normal zu atmen.
    Und so findet Rudy ihn vor - Abou, der unbeweglich wie eine Statue vor Fullers Zelt steht und die Nacht mit entsetztem Blick fixiert. Rudy hat sich auf der Baustelle häuslich eingerichtet. Er wohnt jetzt in der Hütte eines bei den Aufständen getöteten Arbeiters.
    »Was ist denn mit dir los, Abou? Man könnte meinen, dir wäre ein Gespenst über den Weg gelaufen.«
    Abou schüttelt sich, blinzelt und versucht ein Lächeln.
    »Genau das ist auch der Fall. Ich habe einen Geist gesehen. Er hat mit mir gesprochen.«
    »Im Ernst? Erzähle!«
    Sie setzen sich in den Sand, und Abou berichtet von seiner Begegnung. Seine Stimme zittert noch immer ein wenig.
    »Glaubst du, das war das Bangré?«, fragt Rudy.
    »Das Bangré ist die Welt der Geister ...«
    Der Holländer nickt ernst.
    »Weißt du, was ich merkwürdig finde, Abou? Ich konnte heute Abend nicht einschlafen, weil ich dauernd an Fuller und das ganze Trara seinetwegen denken musste. Ich glaube - nein, ich bin sicher -, dass Fatimata Angst bekommen hat und ihn nach Hause schicken wird. Wahrscheinlich hat Laurie sie überzeugt, dass er wirklich helfen will.«
    »Sie ist sich dessen gar nicht mehr so sicher«, wirft Abou ein.
    »Egal. Jedenfalls habe ich mir überlegt, dass es doch zu blöd wäre, wenn man Fuller einfach laufen ließe, nach all dem Unheil, das er angerichtet hat. Ihn umzubringen wäre aber ein Verbrechen. Und da ist mir eingefallen, dass wir ihn vielleicht einfach in der Wüste verlieren könnten. Er hat eine gewisse Chance, da heil rauszukommen, aber er wird es ganz schön schwer haben. Und genau das wollen wir ja. Er soll erfahren, wie es ist, wenn man gar nichts mehr hat, zu Fuß gehen muss und Hunger und Durst leidet. Ich komme also her, um dir von meiner Idee zu erzählen, und du sagst mir, dass ein Geist dir befohlen hat, genau das zu tun! Findest du nicht, dass das ein merkwürdiger Zufall ist?«
    »Es ist kein Zufall. Der Geist hat auch zu dir gesprochen.«
    »Glaubst du? Ich habe keinen Geist gesehen.«
    »Aber die Hyänenmaske ist noch in deiner Hütte.«
    »Das stimmt.« Rudy steht auf. »Gut. Tun wir es?«
    »Was?«
    »Wir bringen Fuller in die Wüste.«
    »Jetzt?«
    »Genau der richtige Zeitpunkt, findest du nicht? Es ist Nacht, du hast Wachdienst, und alle schlafen.«
    »Und wie sollen wir erklären, dass er nicht mehr da ist?«
    »Du sagst einfach, er wäre geflüchtet.«
    »Das ist aber eine Lüge...«
    »Nur zum Teil, denn wir lassen ihn ja flüchten.«
    Abou denkt einige Zeit nach. Schließlich lächelt er und schlägt in Rudys Hand ein.
    »Okay,

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