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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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uns eben zu lange als Gottes auserwähltes Volk angesehen und müssen jetzt für den angerichteten Schaden blechen«, gibt sein Kollege Johnny zu bedenken.
    »Ich glaube nicht an Gott. Nur an mich selbst. Und selbst da kommen mir manchmal Zweifel.«
    Mit ihrem Gepäck und nach einer weiteren gründlichen Kontrolle verlassen Harry und Johnny die relative Kühle des Flughafengebäudes. Draußen herrscht eine Hitze wie in einem Backofen. Der Harmattan wirbelt dichte, rötliche Staubwolken auf. Sofort hängt eine Menschentraube an den Fersen der Amerikaner.
    »Taxi! Taxi! Kommen Sie! Ganz preiswert! Mit Klimaanlage! Mein Taxi! Nein, meins! Nehmen Sie lieber meins!« Völlig überrumpelt werden Harry und Johnny in eine alte Karre mit ausgeleierten Sitzen verfrachtet, die betäubend nach Ethanol stinkt.
    »Wohin darf ich Sie bringen, nassara?«, erkundigt sich der Fahrer, ein winziges Männlein mit Spitzbart und tausend Lachfältchen. »Oder möchten Sie lieber zuerst die Stadt besichtigen?«
    »Zur amerikanischen Botschaft«, befiehlt Harry. »Und zwar auf dem schnellsten Weg.«
    »Sie kennen doch hoffentlich die Adresse?«, fragt Johnny.
    »Aber natürlich. Leider muss ich Sie bitten, im Voraus zu bezahlen.«
    »Das ist ja etwas ganz Neues!«, schimpft Harry.
    »Wie viel?«
    »Äh ... fünftausend CFA.« Als der Fahrer feststellt, dass beide ohne zu feilschen ihre Geldbörsen zücken, fügt er hastig hinzu: »Für jeden.«
    Die beiden Amerikaner bezahlen. Hustend und spuckend setzt sich das Taxi in Bewegung, um nur wenige Hundert Meter weiter an einer Tankstelle anzuhalten. Der Chauffeur tankt genau fünf Liter Ethanol - nicht einen Tropfen mehr - und palavert dann mit dem Tankwart herum, der den 5000-CFA-Schein nicht wechseln kann. Schließlich wird ein Junge losgeschickt, um Wechselgeld zu besorgen. Taxifahrer und Tankwart machen es sich derweil im Schatten gemütlich und teilen sich in aller Seelenruhe eine Zigarette, während die beiden Amerikaner in dem in der prallen Sonne wartenden Taxi vor sich hin schmoren. Nachdem der Junge zurück und das Wechselgeld herausgegeben ist, springt das Taxi nicht mehr an. Der Tankwart ruft drei vorübergehende Jugendliche zu Hilfe, die den Wagen anschieben. Endlich erwacht die Schrottschleuder zu röhrendem Leben. Auf schlingernden Stoßdämpfern geht es durch die staubigen Straßen von Ouaga. Die herrlichen Alleebäume von früher sind zu toten Stümpfen verdorrt, der ehemals lebhafte, unübersichtliche, rücksichtslos die Umwelt verpestende Verkehr ist langsam und anämisch geworden, Geschäfte sind geschlossen, Häuser stehen leer, Menschen schleppen sich von Schatten zu Schatten oder sitzen einfach nur hungernd und mit leeren Augen da und warten auf nichts. Recht bald schon ist klar, dass der Taxifahrer nicht die geringste Ahnung hat, wo sich die amerikanische Botschaft befindet. Er fährt im Zickzack durch die Stadt und bleibt immer wieder stehen, angeblich, um »Geschäfte zu erledigen«, wie er behauptet. Mehrfach kommen sie an den gleichen Straßen und Plätzen vorbei, bis sie irgendwann mehr oder weniger zufällig auf die amerikanische Botschaft treffen. Es handelt sich um ein modernes weißes Gebäude mit Rauchglasscheiben, über dem das Sternenbanner weht. Johnny stellt fest, dass es exakt zwei Stunden und siebzehn Minuten her ist, seit sie das Flugzeug verlassen haben.
    »Hoffentlich hat der Botschafter auf uns gewartet«, grummelt Harry. Er fühlt sich durchgeschwitzt und sehr erschöpft.
    »Wahrscheinlich ist er an so etwas gewöhnt«, gibt Johnny stoisch zurück.
    Die Empfangsdame ist der Überzeugung, es mit gestrandeten Landsleuten zu tun zu haben, die nur noch zurück nach Hause wollen, und begreift zunächst nicht, dass Harry und Johnny freiwillig ins Land gekommen sind.
    »Wir hatten vor anderthalb Stunden einen Termin mit unserem Botschafter Gary Jackson«, erklärt Harry. Er stützt sich mit den Ellbogen auf den Empfangstresen auf. Schweiß tropft auf das Holz. »Hat er vielleicht gewartet?«
    »Das werden wir gleich wissen.« Das Mädchen greift nach dem Hörer einer altmodischen Gegensprechanlage. »Wen darf ich melden?«
    »Harry Coleman und John Turturo.«
    »Mister Jackson? Die Herren Coleman und Turturo sind jetzt da ... Okay.« Sie legt mit einem erleichterten Lächeln auf. »Sie werden erwartet. Gehen Sie hier entlang und folgen Sie dem Flur bis ganz ans Ende.«
    »Dürften wir unser Gepäck so lange bei Ihnen deponieren?«
    »Kein Problem.«
    Harry

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