Öffne deine Seele (German Edition)
biegt ab!» Die Stimme des jungen Beamten überschlug sich.
Im selben Moment sah der Hauptkommissar es auch. Der BMW bog auf den Parkplatz eines Einkaufszentrums.
«Vorsicht!», murmelte er erneut. «Da vorne ist eine zweite Einfahrt. Kommen Sie nicht zu nah an ihn ran!»
Lehmann gehorchte und scherte an der zweiten Einfahrt auf den Parkplatz ein, während Albrecht den Kopf verdrehte, um den BMW nicht aus dem Blick zu verlieren.
Zwei Parkreihen vor dem Eingang eines Supermarkts hielt der Prokurist.
Lehmann fand einen freien Platz in der gegenüberliegenden Reihe und setzte – etwas zu hurtig – in die Lücke.
Ein paar Sekunden später stieg Retzlaff aus.
Halbglatze, untersetzte Figur. Eindeutig: Es war der Mann von Falk Sieverstedts Foto. Er trug einen dunklen Geschäftsanzug und griff sich kurz in die Brusttasche. Ein Mobiltelefon?
Lehmanns Hand war bereits an die Hüfte gewandert, in Richtung Dienstwaffe, doch, eindeutig: Es war ein Handy, das der Prokurist wieder in der Tasche verschwinden ließ, bevor er den Pfützen auf dem Pflaster auswich und mit eher nachdenklichen Schritten auf die Front der unterschiedlichen Geschäfte zuging, am Supermarkt vorbei.
«Ein Imbiss?» Aus Lehmanns Stimme sprach dieselbe Verblüffung, die Albrecht selbst empfand.
«Die Brötchen aus der Bäckerei könnten für unterwegs sein», murmelte der Hauptkommissar.
Doch das glaubte er selbst nicht.
«Keine geschäftlichen Verbindungen zwischen Sieverstedt Import/Export und den Objekten hier am Platz», kam es vom Rücksitz. Matthiesen tippte auf einem Smartphone.
«Gut gemacht», brummte Albrecht.
Matthiesens Information sprach dagegen, dass die Kinder hier festgehalten wurden, irgendwo in der Hinterstube einer Grillbude.
Aber war das ein Beweis?
Was tat Retzlaff dann hier?
«Soll ich hinterher?», fragte Lehmann. «Ihn unauffällig beobachten?»
Albrechts Blick maß den jungen Beamten und dessen Frisur. Er schüttelte den Kopf.
«Matthiesen, schauen Sie, was er da treibt. Ich selbst war zu viel im Fernsehen nach dem Fall im letzten Herbst.»
Widerstrebend legte Klaus Matthiesen sein Smartphone aus der Hand und stieg aus.
Angespannt sahen Albrecht und Lehmann ihm nach, wie er den Parkplatz überquerte, den Kopf vor dem spitzen Regen zwischen die Schultern gezogen, und ebenfalls im Imbiss verschwand.
Soweit zu erkennen war, gab es noch eine Reihe weiterer Kunden. Das war gut.
Albrecht kniff die Augen zusammen und versuchte das Geschehen durch den Regenschwall und die teilweise getönte Scheibe der Grillbude zu verfolgen. Matthiesen wandte ihnen den Rücken zu, von Retzlaff war nichts mehr zu sehen.
Dann drehte sich der Beamte wie zufällig um, schien den Kopf in die Hand zu stützen.
«Was zur Hölle macht er da?», brummte Albrecht.
«Es sieht aus, als ob er telefoniert.» Lehmann fingerte an seinem Handy. «Ruft er Sie an, Hauptkommissar?»
Albrecht tastete über seine Jacke, führte die Bewegung aber nicht zu Ende.
«Nein», murmelte er. «Er telefoniert nicht. Aber es sieht aus, als ob er telefoniert. Er gibt uns ein Zeichen! Retzlaff telefoniert!»
«Marco?» Lehmann hatte sein Handy bereits am Ohr. «Hast du gerade ein Auge auf Retzlaffs Mobilanschluss?» Er lauschte einen Moment. «Okay.»
Der junge Beamte beendete das Gespräch und schüttelte den Kopf. «Was auch immer das für ein Handy ist: Wir haben’s nicht auf der Liste.»
Albrechts Finger trommelten auf seiner Anzughose.
Er musste eine Entscheidung treffen.
Retzlaff war jetzt die zentrale Figur im Spiel. Das einzige Argument, das gegen einen sofortigen Zugriff sprach, war die Hoffnung, dass er sie zum Versteck der Mädchen führen würde.
Aber wenn der Mann gar nicht selbst dorthin unterwegs war? Wenn er in diesem Moment per Telefon Anweisung gab, die Kinder auszuschalten? Ein Imbiss oder ein Einkaufszentrum war dazu genauso geeignet wie jeder andere Ort. Wer hörte schon genau hin, was irgendjemand am Handy erzählte? Wenn es nicht überhaupt einen Code gab. Und wenn der Mann längst erkannt hatte, dass sie ihm folgten …
Ein Einkaufszentrum.
«Straßenszenen» , murmelte Albrecht. «Leute in der Fußgängerzone, beim Spazierengehen im Park. Kunden im Einkaufszentrum, beim Schlangestehen.»
«Chef?»
Albrecht schüttelte den Kopf. Mit einem Mal fiel es ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen.
Eine ganz eigene Geschichte , hatte Elisabeth gesagt. Irgendwelche Leute, die Falk fotografiert hatte und die nichts zu tun hatten
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