Öffne deine Seele (German Edition)
mit den Machenschaften des Konsuls und seines Prokuristen.
Mit den in einen Container gepferchten kleinen Mädchen.
Irgendwelche Leute in einem Einkaufszentrum.
Ein lächerlicher Zufall?
Er hatte diese Fotos nicht einmal gesehen.
Wie in Zeitlupe holte er das Handy aus der Tasche und wählte blind. Fünfzehn Jahre war es her, aber er hatte diese Nummer niemals vergessen.
Es klingelte.
Albrechts Augen blieben auf den Imbiss gerichtet.
Matthiesen hatte sich wieder umgedreht. Der Hauptkommissar betete, dass er irgendwas von Retzlaffs Worten aufschnappen konnte. Irgendeinen Hinweis.
Es klingelte immer noch. Es schien Stunden zu dauern.
Sie musste zu Hause sein. Er kannte Elisabeth Sieverstedt, wusste, ahnte, wie sie sich fühlen musste nach Friedrichs Tod: eine Erlösung nach einem ganzen Leben in der Hölle, aber zugleich war dieser Tod ein derartig brutaler Schnitt mit einem schartigen Messer, dass sie …
«Ja?»
Eine Silbe, aus der eine ganze Welt sprach: Erschöpfung, Verwirrung und ein, ja: ein gehetzter Ausdruck. Gereizt.
Natürlich war die direkte Leitung in die Privaträume der Sieverstedts eine Geheimnummer. Doch mit Sicherheit war er nicht der erste Anrufer heute Morgen.
«Elisabeth!»
«Jörg …» Ihre Stimme klang überrascht.
Freudig überrascht?
Er ließ sie gar nicht zu Wort kommen.
«Ein Edeka-Markt, Elisabeth! Direkt daneben ein Schlüsselservice, auf der anderen Seite eine Imbissbude.» Er kniff die Augen zusammen und las vor: « Bella Napoli. »
«Was?»
«Die Fotos! Die Aufnahmen, von denen du keine Kopien gefertigt hast, weil du glaubtest, dass sie nicht mit Friedrich, mit Retzlaff und den Kindern zu tun hatten. Versuch dich zu erinnern! Du hast von einem Supermarkt gesprochen. Wie sah er aus?»
«Ein …» Er sah vor sich, wie sie versuchte, den Kopf klar zu bekommen. «Ein Supermarkt eben», murmelte sie. «Edeka? Ja, ich glaube. Aber warum …»
«Ein Geschäft weiter rechts muss es eine Imbissbude geben. Bella Napoli. Grüner Schriftzug auf braunem Grund. Versuch …»
«Chef!»
Albrecht brach ab.
Hektisch nickte Lehmann quer über den Parkplatz.
Retzlaff kam zurück, doch etwas an ihm war anders. Er ging schneller, zielstrebiger, aber gleichzeitig …
Albrecht legte die Stirn in Falten.
Was immer der Mann bei seinem Telefonat erfahren hatte: Es waren keine guten Nachrichten.
«Zugriff?», fragte Lehmann drängend und tastete nach der Waffe.
«Nein.» Albrecht beendete das Gespräch mit der Konsulin ohne ein Wort der Erklärung. «Nein, wir wissen noch immer nicht, wo er hinwill.»
Retzlaff öffnete die Fahrertür und stieg mit eckigen Bewegungen in den Wagen.
Zwei Sekunden später setzte das Fahrzeug zurück.
«Dranbleiben!», knurrte Albrecht.
«Und Matthiesen?»
«Matthiesen kann sich ein Taxi rufen! Dranbleiben!»
Lehmann gehorchte und setzte seinerseits aus der Parklücke, doch im selben Moment hatte der BMW schon die Ausfahrt erreicht.
«Wo sind die Zivilstreifen?», fragte Albrecht.
«Kommen …» Lehmann kurbelte am Steuer und bog schließlich ein halbes Dutzend Fahrzeuge hinter dem BMW ebenfalls auf die Straße ein. «Kommen uns entgegen. Nein!» Ein hektisches Manöver. «Er biegt nach rechts!»
Albrecht verrenkte sich den Hals, versuchte den Straßenverlauf mit dem Stadtplan in seinem Kopf überein zu bringen. «Wo geht es da hin?»
«Überall.» Mit zusammengebissenen Zähnen beschleunigte Lehmann und überholte zwei Fahrzeuge auf einmal, während ihnen bereits ein Sattelschlepper entgegenkam. «Zum Hafen, irgendwie auch wieder zur Autobahn – der A7 allerdings.»
«Das wäre Blödsinn», murmelte Albrecht. «Wenn er einfach nur aus der Stadt rauswill. Das ist fast entgegengesetzt zur Fahrtrichtung bisher.»
Lehmann nickte angespannt.
Noch immer waren vier Fahrzeuge zwischen Retzlaff und ihnen – und es gab keine Möglichkeit zum Überholen.
Doch zumindest hatten sie den BMW weiter im Blick.
Er war schneller geworden.
«Was zum Teufel hat er vor?», knurrte Albrecht.
***
«Den Termin mit Trelleborg verschieben Sie auf morgen», gab Merz seinem Juniorpartner Anweisung. «Wir haben was gut bei ihm, er wird keine Schwierigkeiten machen.»
«In … Ordnung.» Merz hörte das Kratzen eines Füllfederhalters auf Papier und sah im Geiste vor sich, wie Jens Bertram die Notiz auf schneeweißes Papier bannte: gestochen scharf und vollständig phantasielos. Langweilig wie der ganze Mann.
Eine Idealbesetzung für die
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