Öffne deine Seele (German Edition)
Sanitätsdienst und Bundeswehr murmelte.
Er verstaute den Kasten wieder an Ort und Stelle und kam dann zurück.
Merz hatte sich währenddessen erhoben und eine Flasche Bourbon sowie zwei Gläser geholt, die er einen Fingerbreit füllte.
«Danke», murmelte Dennis Friedrichs.
Merz’ Antwort bestand aus einem wortlosen Blick.
Sie tranken. Der Anwalt machte sich keine Hoffnungen, das Pochen, das sich über seinen Schädel ausgebreitet hatte, mit einem Fingerbreit Whisky wirkungsvoll zu dämpfen.
Er wollte vor allem den Geschmack loswerden.
«Sie suchen Hannah?», fragte er.
Dennis hatte anerkennend in sein Glas geblickt. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich auf der Stelle.
«Sie wollte gestern Abend um acht zu Hause sein», erklärte er. «Sie hat es …» Er schüttelte den Kopf. «Dieser Termin war wichtig», sagte er dann. «Für uns beide. Ich habe einfach keine Erklärung, warum sie nicht …»
Der Rest des Satzes blieb unausgesprochen, schien zwischen ihnen in der Luft zu schweben.
Versonnen drehte Merz sein Glas zwischen den Fingern.
Es sei denn, dachte er, sie wäre bei mir.
Ihm war bewusst, dass er in diesem Moment eine wichtige Information erhielt.
Bei ihrer letzten Begegnung im vergangenen Herbst hatte Hannah unmissverständlich klargemacht, dass das, was zwischen ihr und ihm gewesen war, vorbei war. Ihre Liaison, ihre Affäre – mehr, sehr viel mehr, wenn es nach Joachim Merz gegangen wäre. Und vor zwei Tagen erst, am Ehestorfer Heuweg, hatte sie diese Einschätzung mit aller Schroffheit, zu der Hannah Friedrichs in der Lage war, bestätigt.
Und doch hat dieser Mann immer noch Angst vor mir.
Diese Information konnte eine Waffe sein.
Joachim Merz war es gewohnt zu kämpfen. Jeder Tag im Gerichtssaal war ein Kampf.
Doch für den Moment war das nicht von Bedeutung.
«Ich gehe davon aus, dass Sie bereits versucht haben, sie auf dem Handy zu erreichen?», fragte er.
Dennis nickte düster.
«Auf dem Revier vermutlich ebenfalls», ergänzte der Anwalt.
«Noch nicht», sagte Dennis zögernd. «Ihr Dienst beginnt erst in zwei Stunden, und ich wüsste nicht, was ich erzählen sollte, wenn ich vorher …»
Merz nickte. «Hier ist sie nicht gewesen», murmelte er. «Tut mir leid.»
Die letzte Bemerkung kam jedenfalls aus vollem Herzen.
«Seit letztem Herbst nicht mehr», fügte er hinzu.
Dennis schloss die Augen. Was noch an Spannung in seinem Körper gewesen war, verschwand von einem Lidschlag zum anderen.
Merz schwieg und betrachtete sein Gegenüber prüfend.
Hannah war gestern Abend nicht nach Hause gekommen.
Der Anwalt wusste, wo sie gewesen war – am späten Nachmittag, Minuten, bevor sich das Unwetter über der Hansestadt entladen hatte.
Unterwegs zum Anwesen in den Schwarzen Bergen.
Ein Gespräch.
Nachdenklich führte Merz das Glas an die Lippen.
Wie spät war es gewesen? Zwischen fünf und halb sechs.
An sich war es kein Problem, eine Unterhaltung mit Marius zu führen und anschließend pünktlich um acht in Seevetal zu sein.
Über andere habe ich mir keine Gedanken gemacht.
Klang der Satz mit einem Mal doch nicht mehr so unsinnig?
Andere?
Marius?
Unmerklich schüttelte der Anwalt den Kopf. Selbst wenn er sich gegen seine Überzeugung zu der Vorstellung zwang, dass es in Hannah Friedrichs Leben noch andere Männer geben sollte als die beiden in diesem Moment anwesenden …
Marius war zu jeder Art von Manipulation in der Lage, das war gar keine Frage. Aber wie er sich Hannah gegenüber in der Sendung aufgeführt hatte: ausgeschlossen.
Doch war das die einzige Möglichkeit?
Etwas an der kurzen Begegnung an der Schranke war seltsam gewesen.
Hannah war anders gewesen, anders, als Merz sie kannte, und anders als noch am Tag zuvor.
Nein, ganz eindeutig keine Frau, die unterwegs zu einem heimlichen Tête-à-Tête war.
Eher eine Frau, die etwas belastete.
Etwas, das jedenfalls nichts mit Merz zu tun hatte.
Eine Sekunde lang hatte es ihm in den Fingern gejuckt, herauszufinden, was Hannah Friedrichs dermaßen aus der Bahn werfen konnte. Er liebte diese Sorte Herausforderungen.
Doch anders als viele Leute glaubten, war Joachim Merz kein Vabanquespieler. Im Gegenteil, er pflegte seine Einsätze sehr genau abzuwägen.
In der Stimmung, in der sich Hannah unübersehbar befunden hatte, war ihm der Einsatz eindeutig zu hoch erschienen.
Also hatte er sie ziehen lassen.
War das im Nachhinein ein Fehler?
Für einen Mann, dem das Rechtssystem in Fleisch und Blut
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