Öffne deine Seele (German Edition)
berichtet hatte.
Keiner von beiden war Kevin Merfeld. Albrecht hatte die Akte des Kleinkriminellen eingesehen, bevor er nach Wandsbek aufgebrochen war. Merfeld sah man seine Profession auf den ersten Blick an.
Bei diesen beiden Männern war das nicht der Fall. Diese Gesichter hätten in ein Straßencafé gepasst oder in einen Golfclub. Irgendwohin, wo erfolgreiche junge Leute Spaß miteinander hatten.
«Können die wirklich da hinwollen?», flüsterte Lehmann. «Die beiden sind höchstens Mitte dreißig.»
«Was hatten Sie erwartet?», knurrte Albrecht. «Heruntergekommene alte Kerle mit Schnauzer und Trenchcoat?»
Er schüttelte den Kopf. Hätte man den Menschen ihre kriminellen Verwicklungen so simpel ansehen können, wäre die polizeiliche Ermittlungsarbeit überflüssig gewesen.
Und für diese Art von Verbrechen brauchte es mehr als kriminelle Energie. Oder möglicherweise weniger als das. Wenn überhaupt, würden diese beiden jungen Männer das, was sie gerade vorhatten, als Kavaliersdelikt betrachten.
Denn auf seine Weise war es tatsächlich ein Delikt von Kavalieren. Von Männern mit Geld.
Angespannt beobachtete Albrecht, wie die beiden die Treppe zum Souterrain hinunterstiegen, gut gelaunt, als wären sie auf dem Weg zu einem Angelausflug.
Das Führungsfahrzeug hatte verdeckte Mikrophone auf den Hauseingang gerichtet. Dennoch kam im Innern des Wagens nicht mehr als ein Gemurmel an.
Eine Tür wurde geöffnet, doch sie war von der Straße aus nicht einsehbar. Sie schloss sich wieder. Die beiden jungen Männer waren nicht mehr zu sehen.
«Zugriff in fünf Minuten», murmelte Albrecht.
Auf frischer Tat, dachte er.
Er wagte nicht abzuschätzen, wie groß der erweiterte Kundenkreis dieses dunkelsten Geschäftszweigs von Sieverstedt Import/Export sein mochte.
Doch zumindest zwei dieser Kunden würden die kommende Nacht in der Obhut der Ermittlungsbehörden verbringen.
***
«Gestern?»
Marius war ehrlich erstaunt.
Merz kannte den Moderator gut genug, um zwischen ehrlicher Überraschung und seinen einstudierten Fernsehgesten unterscheiden zu können.
«Gestern Abend», wiederholte er ruhig. «Vielleicht zehn Minuten, nachdem wir beide uns voneinander verabschiedet hatten. Kurz bevor das Unwetter losging.»
Marius schien einen Moment zu zögern, schüttelte dann aber den Kopf.
«Nein, sie war nicht hier. Selbst wenn sie diesmal nicht mit mir hätte sprechen wollen, sondern mit jemandem von den Schülern oder sonst wem. Genauso wenn sie angerufen hätte … Das hätte ich erfahren.»
«Und doch wollte sie hierher», murmelte Merz. «Und ich bin mir sicher, dass sie zu Ihnen wollte.»
«Nun …» Der Moderator legte die Hände ineinander, und der Anwalt bemerkte sofort die Veränderung in seinem Tonfall. «Ich gebe zu, dass ich Kommissarin Friedrichs nicht besonders gut kenne, aber auf mich machte sie den Eindruck eines Menschen, den eine große Flexibilität auszeichnet.»
Eine winzige Kunstpause, gerade lang genug, um sich wie beiläufig erst Dennis und dann dem Anwalt zuzuwenden.
Merz war mit Marius’ Freude an sadistischen kleinen Scherzen vertraut. Doch er glaubte zu spüren, wie Dennis an seiner Seite die Zähne zusammenbiss.
«Wobei ich selbstverständlich nur von ihrer Bereitwilligkeit spreche, das Gespräch über den verstorbenen Felix vor laufender Kamera zu führen», erklärte Marius, nachdem er sicher sein konnte, dass seine zweideutige Botschaft angekommen war. «Vermutlich wäre doch nicht jede Beamtin bereit gewesen, solche unkonventionellen Wege zu gehen. Was spricht dagegen, dass sie ihr Vorhaben auch diesmal überdacht hat?»
Was dagegen sprach?
Merz schüttelte den Kopf.
Marius hatte Hannah nicht gesehen, nicht gestern Abend. Hatte die Veränderung nicht gesehen, die eisige Entschlossenheit, die bei ihrem ersten Besuch am Ehestorfer Heuweg noch nicht da gewesen war.
«Marius?», ertönte es plötzlich schnarrend aus dem Lautsprecher.
Dennis zuckte zusammen.
«Noch eine Minute bis zum Beginn der Sendung.»
Der Moderator nickte in Richtung Kamera. Verstanden.
«Nun», sagte er, an die Besucher gewandt. «Ich fürchte, dass ich Ihnen in diesem Fall wirklich nicht helfen kann. Ich kann nur vermuten, dass Frau Friedrichs vielleicht einfach ein wenig Abstand brauchte. Zeit, um sich über ihre Situation klarzuwerden. Andererseits schätze ich sie nicht als einen Menschen ein, der sich diese Zeit mitten in einer laufenden Ermittlung nimmt. Aber ich biete Ihnen gerne an,
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