Öffne deine Seele (German Edition)
Unterkiefer vor. «Mein Schwiegervater ist der langweiligste Mensch der Welt», murmelte er. «Solide bis zum Abwinken. Trotzdem: Manchmal wäre ich froh über so einen Job.»
Merz hob die Augenbrauen.
Dennis sah ihn kurz an. «Sicheres Geld», erklärte er.
«Marius.»
Dennis zuckte zusammen.
Im Grunde zuckten alle zusammen.
«Marius, erinnerst du dich, dass Hannah dir ihre Seele öffnen soll?»
Der Moderator rührte sich nicht. Dann legte er langsam eine Hand auf die andere.
«Lieber Justus, erinnere ich mich richtig, dass du mich so fürchterlich gut kennst, weil ich dir – nach deiner eigenen Aussage – verschiedenste Male geholfen haben soll?»
«Das ist richtig.»
«Habe ich …» Eine Spur Schärfe stahl sich in die Stimme des Moderators. «Habe ich dir, vorausgesetzt, du hast dich kooperativ verhalten, zu irgendeinem Zeitpunkt das Messer auf die Brust gesetzt? Habe ich dich gezwungen, mir ein Wissen zu offenbaren, das du überhaupt noch nicht besitzen konntest, weil wir auf dem Weg in deine Seele überhaupt noch nicht an diesen Punkt vorgedrungen waren?»
Schweigen.
Noch schärfer. «Habe ich das getan, Justus?»
«Nein.»
«Das hätte mich auch gewundert.» Marius klang sehr zufrieden. Doch sofort schlug er wieder einen ganz anderen Ton an. «Vor allem aber: Sollte ich versäumt haben, dir die Bedeutung des Respekts zu vermitteln, den wir alle vor anderen Seelen, anderen Freunden haben müssen? Den Respekt vor dem eigenen Weg, den jeder unserer Freunde zu gehen hat, mutig und entschlossen und auf eigenen Füßen? Habe – ich – das – getan?»
Schweigen.
Marius wartete, doch eben, als er wieder zum Sprechen ansetzte, ertönte ein Knirschen aus den Lautsprechern.
Auf dem Bildschirm bewegte sich etwas. Im ersten Moment war nicht zu erfassen, was vorging.
Hannah stöhnte auf, doch abrupt brach der Laut ab.
Die Gurte, die sie auf den Stahl der Liege pressten, und die Fesseln um ihre Arme schnürten sich enger, fester. Plötzlich waren stählerne Platten zu sehen, die sich von beiden Seiten ihren Schläfen näherten, zentimeterweise, bis sie …
«Justus!», zischte Marius scharf.
Knirschend kam das Räderwerk zum Stillstand.
Hannah bewegte sich nicht mehr.
«Mutig und entschlossen, Meister. Ich gebe unserer Freundin Hannah einen zusätzlichen Anreiz, sich mutig und entschlossen auf den richtigen Weg zu machen. Und schnell, Meister. Schnell. Der Anreiz lässt sich beliebig verstärken.»
***
Jörg Albrecht warf einen letzten Blick in den Nachthimmel.
Dann holte er sein Handy aus der Tasche und drückte auf die Kurzwahltaste für das Revier.
«Mmmm… Moment.» Matthiesen.
Albrecht wartete, während sein Mitarbeiter – wie er vermutete – sein Franzbrötchen herunterwürgte.
«So.» Erleichtert. «Ich hatte mir vorhin am Einkaufszentrum einen Happen rausgeholt. War die einzige Pause heute.»
«Gesegnete Verdauung. Was haben Sie für mich?»
«Moment.» Papiergeraschel. «Euler und dieser Langen haben sich die Leiche von Jasmin Vedder noch einmal vorgenommen.»
«Und?»
Matthiesen wurde ernster. «Wie erwartet. Das Mädchen wurde vor seinem Tode lobotomiert. Sonst keine Anzeichen von … Moment …»
«Von unmittelbarer körperlicher Gewalt», vollendete Albrecht.
«Richtig. Ganz genauso steht das hier. Martin Euler meint, seiner Einschätzung nach sei das Muster dasselbe wie bei Falk Sieverstedt. Und jetzt kommt’s …»
«Das Mädchen hat kurz vor seinem Tod bei Marius angerufen.»
Zwei Sekunden Schweigen, dann: «Woher wissen Sie das?»
«Von Marius. Wie haben Sie es erfahren?»
«Moment …» Blättern. «Hannah hatte einen Hinweis. Ein Kollege von den Uniformierten, der in Duvenstedt vor Ort war. Udo oder Uwe Tietgen. Ich kann das nicht ganz entziffern. Max Faber hat das geschrieben. Die Mutter des Mädchens hat ausgesagt, dass ihre Tochter in der Woche vor ihrem Tod bei Marius angerufen hat. Er muss sich wohl ziemlich übel aufgeführt haben. Hat dem Mädchen die Selbstmordgedanken nicht abgenommen.»
Albrecht nickte mit zusammengebissenen Zähnen.
«Gewogen», sagte er. «Und für zu leicht befunden. Marius begnügt sich damit, den Hörer aufzulegen. Doch Justus ist das nicht genug.»
«Wo er das Mädchen finden konnte, wusste er», merkte Matthiesen an. «Wenn er die Sendung verfolgt hat. Dort hat Jasmin erzählt, dass sie in den Ferien auf dem Hof sein würde. Allerdings fragt sich dann noch immer, woher Justus wusste, dass Hannah Bescheid
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