Öffne deine Seele (German Edition)
Verschnürung schneidet in meine Haut.
«Dennis hatte eine Kontaktanzeige aufgegeben», sage ich leise. «In einer Zeitung.»
«Ah.» Marius klingt jetzt höchst erfreut. «Auch das ist ein Klassiker. Eine besondere Zeitung?»
«Was soll das heißen?» Dennis’ Protest kommt heftig wie ein Peitschenknall.
«Nun …» Marius klingt ganz unschuldig. «Es gibt doch die unterschiedlichsten Zeitungen, in denen man solche Anzeigen findet. Wochenblätter, Tageszeitungen, Magazine, in denen es um besondere Wünsche …»
«Es war das Abendblatt ! Was glaubst du, was wir …»
«Ah ja.» Marius klingt fast bedauernd. «Also doch nicht ganz so aufregend. Trotzdem: Hast du damals häufiger solche Anzeigen gelesen, Hannah?»
«Ich …», murmele ich schwach. «Ich wüsste nicht, dass das verboten wäre.»
«Aber gewiss nicht! Was wäre dagegen einzuwenden, wenn doch sogar eine zumindest am Anfang so glückliche Ehe daraus entstanden ist! Dann war Dennis’ Anzeige vermutlich nicht die erste, die dich angesprochen hat?»
«Nein.»
«Könntest du vielleicht etwas ausführlicher werden?»
Tief atme ich aus und spüre plötzlich nur noch Erschöpfung. Schwäche. Gleichgültigkeit beinahe. Wenn es nur um mich ginge, würde ich mir einfach nur wünschen, dass es endlich vorbei wäre.
«Hin und wieder», gestehe ich. «Aber es war nie das Richtige.»
«Ah ja. Und was heißt ‹Das Richtige›? Was war es bei Dennis, das dich aufmerksam gemacht hat? Aufstrebender Jungmakler, familienorientiert, sucht weibliches Gegenstück, gerne aus dem Ermittlungsdienst? »
«Nein.» Wie soll ich es auf einen Ausdruck, einen Satz, ein Wort bringen? Dieses Gefühl, das ein Wow! war, aber doch so viel mehr? «Ich hatte das Gefühl, dass er Phantasie hat. Dass er …» Wieder ein schwerer Atemzug. «Dass er eben nicht 08/15 war oder … Es … Es hat eben gekribbelt.»
«Verstehe.» Lang gezogen. «Nicht 08/15, sondern … Darf ich raten? Wild, gewagt, leidenschaftlich? In dieser Richtung?»
«Ja.»
«Verstehe. Und du, Dennis? Vermutlich hattest auch du bereits einige einschlägige Treffen hinter dir, bei denen es nur zum Smalltalk gereicht hat oder im Höchstfall zu einer wilden, gewagten Nacht auf verschwitzten Laken?»
Keine Antwort.
«Bei Hannah war das anders?», hakt Marius nach. «Liebe auf den ersten Milchkaffee?»
Nein, ich kann Dennis nicht sehen. Und doch habe ich das Bild ganz deutlich vor mir, wie er in seinem Besucherstuhl erstarrt ist.
Übertrieben stößt Marius den Atem aus. «Lieber Dennis, ich bin dir außerordentlich dankbar, dass du dich bereit erklärt hast, unsere Mission zu unterstützen. Aber ich muss dich leider darauf aufmerksam machen, dass ich mich nur äußerst bedingt unterstützt fühle, wenn du auf meine Fragen nicht antwortest. Also: Liebe? Milchkaffee?»
«Schwarz», knurrt Dennis abrupt. «Da wusste ich, dass sie die Richtige ist.»
«Nein, wirklich?» Marius klatscht begeistert in die Hände. «Dennis, du bist wirklich ein Mann, mit dem man Spaß haben kann, zumindest am Anfang ! Unsere Freundin Hannah hat also sündig schwarzen Kaffee getrunken, und es hat auf der Stelle gefunkt. Und es war wild, ja?»
«Ja.»
«Gewagt und leidenschaftlich?»
«Ja, verdammt! Willst du noch die einzelnen Stellungen wissen?»
«Bitte nicht vor dreiundzwanzig Uhr. Und dann habt ihr geheiratet, und danach? Pfft? Ofen aus?»
«Wir haben ein Haus gekauft. In Seevetal.»
«Ah ja. Hübsche Gegend. Nicht ganz billig, nehme ich an?»
«Es liegt in Seevetal.»
Ein Geräusch. Ein, zwei Mal trommeln Marius’ Finger vorwurfsvoll auf den Tisch.
«Nicht ganz billig also», stellt er fest. «Finanzielle Probleme demnach, das ist Gift für jede junge Liebe. Nichts fühlt sich schlimmer an, als wenn man der Frau, die man liebt, nicht alle Wünsche erfüllen kann, auf die dieses wundervolle Wesen selbstverständlich Anspruch hat.»
«Wir arbeiten beide», sagt Dennis, und jetzt …
Ich halte den Atem an. Etwas verändert sich an ihm. Er wird leiser, konzentrierter. Es fühlt sich an … Es ist kaum zu beschreiben, aber es fühlt sich an, als würde er näher an mich heranrücken.
«Und wir reißen uns beide den Hintern auf», sagt er leise. «Für das Haus. Für unser Leben. Und dieses Leben ist gut, so wie es ist, und wenn ich mir tausend Mal wünschen würde, dass wir mehr Zeit füreinander hätten. Denn die Zeit, die wir tatsächlich haben, ist …»
Marius unterbricht ihn nicht. Ich kann spüren, wie
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