Öffne deine Seele (German Edition)
Nähe. Irgendwo in der Stadt. Sämtliche Taten, von denen sie zu diesem Zeitpunkt wussten, waren im Großraum Hamburg verübt worden.
Hannah Friedrichs hatte er sogar unmittelbar an den Grenzen von Marius’ Anwesen in seine Gewalt gebracht.
Das war logisch, wenn er zu den Unterstützern gehörte, die sich an der Hauptzufahrt zusammengerottet hatten. Ebenso wie es logisch war, den Nissan möglichst schnell loszuwerden: auf einem Schrottplatz zu Füßen der Schwarzen Berge.
Aber warum den Audi? Wo Falk Sieverstedt entführt worden war, war nach wie vor unbekannt. Sein Körper war jedenfalls am anderen Elbufer gefunden worden, im Dahliengarten. In einer vollkommen anderen Ecke der Stadt.
Warum stand der Audi in Hausbruch? Warum so nahe an Marius’ Gelände?
Albrecht fuhr sich über die Lippen.
«Winterfeldt, dieses Virus, oder was das für ein Programm ist, mit dem Justus das System steuert: Wenn ich annähernd richtig informiert bin, funktioniert das heute nicht mehr so, dass er hier einbrechen und sich am Rechner zu schaffen machen müsste, oder?»
Der Computermann schüttelte den Kopf. «Nein, in der Regel nicht. Das wäre sicher auch möglich, wäre das Sicherste und Schnellste, aber da gibt es ganz andere Möglichkeiten. Winzige Programme, die sich über das Internet einschleichen, und mit denen Sie …»
«Ich dachte, das Programm wäre ungeheuer komplex?»
«Winzige Programme, die das System infiltrieren und andere, sehr viel kompliziertere Programme nachladen. Wenn er den Fuß mal in der Tür hat, kriegen Sie ihn nicht wieder raus. Und ich habe nicht die Spur einer Ahnung, was er alles ins System geschleust hat. Deshalb muss ich so höllisch vorsichtig sein, dass er mich nicht sieht.»
«Er könnte Sie sehen ?»
Winterfeldt nickte. «Dass jemand hier am Rechner sitzt, ja. Folkmar wollte vorhin noch mal was ganz anderes versuchen. Ich hatte da nämlich überlegt … also eigentlich hatten wir zusammen überlegt, oder, nein, eigentlich hatte er überlegt … Also, dass man versuchen könnte, sozusagen umgekehrt vorzugehen, verstehen Sie?»
«Kein Wort.»
Der Computermann verdrehte die Augen. «Wir könnten versuchen, Justus’ Rechner zu kapern. Wir kennen ja einige der Programme, die er verwendet, und jedes dieser Programme hat Schwachstellen. Aber dazu …»
Er wurde abgelenkt.
Einer der Monitore in einer ganzen Batterie verstaubter Bildschirme zeigte das Bild, das zu diesem Zeitpunkt eigentlich hätte über den Sender gehen sollen: das Studio von Second Chance , erhellt von einem einsamen Scheinwerferspot, der jetzt die schemenhaften Umrisse von Marius, Merz und Dennis Friedrichs einfing.
In diesem Moment schob sich ein Schatten durchs Bild und ließ sich hinter das Rechnerterminal im Studio gleiten.
«Wir werden gleich wissen, ob’s geklappt hat», murmelte Winterfeldt.
Sekunden später nickte er knapp.
«Hat nichts gebracht, schreibt Folkmar. Er war in der technischen Zentrale – die ist noch mal woanders untergebracht hier im Gebäude. Wir hätten nämlich eine zweite Leitung gebraucht, wieder mit ausreichend Bandbreite. Wenn wir’s von hier aus versuchen, und Justus kriegt das mit … Ich denke, das wollen wir uns besser gar nicht vorstellen.»
Albrecht nickte ruckartig. Nein, das wollte er tatsächlich nicht.
Winterfeldt tippte etwas auf seiner Tastatur. Die Bildschirmanzeige veränderte sich. Kryptische Zahlenkolonnen, leichengrüne Verlaufskurven, die in hektischem Rhythmus auf und ab tanzten wie der Takt eines vorgeschädigten Herzens.
«Gleich haben wir’s», murmelte er. «Wenn Justus jetzt nicht unterbricht, sind wir …»
Der Computermann verstummte.
«Winterfeldt? Hat er die Übertragung unterbrochen?»
Der junge Mann schüttelte mechanisch den Kopf.
Albrecht warf einen Blick auf den Hauptmonitor. Hannah Friedrichs, nach wie vor, und es war eindeutig kein Standbild. Albrecht konnte die Bewegung erkennen, mit der Hannah die nahe an ihrem Körper fixierten Finger öffnete und schloss.
«Was haben Sie denn?», drängte er.
«Also …» Der junge Mann schüttelte den Kopf, wieder und wieder. «Ich hab schon vieles gesehen, aber das …»
Ein äußerst unangenehmes Gefühl ergriff von Jörg Albrecht Besitz, als er an die Seite des jungen Mannes trat.
***
Marius wandte sich um.
Merz sah ihn ruhig an.
Diesen Eindruck musste es auf den Moderator machen.
Doch Joachim Merz war nicht ruhig. Nicht in seinem Innern.
Hannah und ihr Mann hatten viel von sich
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