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Öffne deine Seele (German Edition)

Öffne deine Seele (German Edition)

Titel: Öffne deine Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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ihm nicht gut geht.» Sie öffnete die Tür. «Bitte.»
    Das Studio war ein abgedunkelter kleiner Raum, kaum größer als unsere Küche zu Hause in Seevetal.
    Mein Blickwinkel war fast derselbe wie vor dem Fernseher. Die Kamera stand ein Stück rechts von mir, ein Kameramann war nirgends zu sehen. Wozu auch? Der Bildausschnitt wurde schließlich niemals verändert, und den Rest der Technik besorgte vermutlich Folkmar.
    Der rote Vorhang im Hintergrund, der wuchtige Tisch …
    Und Marius.
    Er saß ganz einfach da, ohne sich zu rühren, und doch beherrschte er den gesamten Raum.
    «Frau Friedrichs. Ich möchte mich entschuldigen, dass Sie so lange warten mussten.»
    Seine Hände mit den auffallend langgliedrigen Fingern waren ineinandergefaltet und lagen ruhig auf der Tischplatte. Er hatte sich keine Winzigkeit bewegt.
    Und doch lag in seiner Haltung etwas Einladendes.
    «Setzen Sie sich doch bitte.»
    Ein einfacher Holzstuhl stand knapp neben der Kamera.
    Ich ließ mich nieder und kniff die Augen zusammen.
    Das Aufnahmestudio war erfüllt von Marius’ Präsenz, und doch konnte ich kaum etwas von ihm erkennen. Der einzelne Lichtspot erfasste seine Hände, ganz wie ich das aus der Sendung gewohnt war, doch sein Gesicht …
    Er trug eine Sonnenbrille!
    Es war dunkel im Studio. Selbst der Spot, der in der Übertragung so dramatisch wirkte, war kaum mehr als ein besseres Nachtlicht. Die Technik half vermutlich nach.
    Doch wie konnte Marius mit dieser Brille überhaupt etwas erkennen?
    Unwillkürlich sog ich den Atem ein. War er …
    «Ich bin nicht blind, Frau Friedrichs.» Eine kleine Pause, dann eine Spur amüsiert – wie ein großzügiges Abwinken. «Ihre Frage war absehbar. Es ist immer dieselbe, wenn ich jemanden zum ersten Mal empfange. Nein, ich bin nicht blind. Ich sehe zu viel .»
    «Ihre Assistentin hat mir erzählt, dass es Ihnen nicht gut geht», murmelte ich.
    «Mal geht es besser.» Das Achselzucken war nur angedeutet. «Mal nicht so gut. Wenn es dunkel ist, kann ich mich im Haus frei bewegen, bei bedecktem Himmel kann ich sogar nach draußen.»
    Mir saß ein Kloß im Hals. Sechs Wochen Sonnenschein und brütende Hitze am Stück, über die schon gesunde Menschen stöhnten. Für diesen Mann musste das die Hölle sein.
    «Das … wusste ich nicht», sagte ich leise.
    «Ich möchte Sie auch bitten, es für sich zu behalten.» Jetzt wechselte er die Haltung seiner Hände: zum Geschäft.
    Es war faszinierend, ihn zu beobachten. Die Fernsehübertragung gab kaum mehr als eine schwache Vorstellung von der Intensität, die ein Gespräch mit ihm, allein, in diesem kleinen Raum bedeutete.
    Hinzu kam, dass ich seine Bitte verstehen konnte.
    Ein Geheimnis umgab diesen Mann, der von Montag bis Donnerstag jeden Abend in den Wohnzimmern zu Gast war. Eine Form von Magie beinahe: Marius, der auf alle Fragen eine Antwort wusste. Ein Schamane, ein Prophet.
    Ein schwerkranker Mann.
    Ein Krüppel.
    Ich räusperte mich. «Ich werde das in meinem Bericht nicht vollständig verschweigen können.»
    Eine Hand wurde wenige Zentimeter gehoben.
    «Das verstehe ich absolut. Aber ich habe keine Zweifel an der Diskretion Ihrer Behörde.»
    Ich nickte. «Danke.»
    Ich biss die Zähne zusammen. Wie hatte ich mir den Beginn unseres Gesprächs vorgestellt? So jedenfalls nicht. Und mir blieben nur wenige Minuten, bis er auf Sendung ging.
    «Marius», begann ich. «Ich habe einige Fragen an Sie. Fragen zu einer Ermittlung, mit der meine Dienststelle im Augenblick …»
    «Felix.»
    Mir blieb das Wort im Hals stecken.
    «Wie Sie sicherlich wissen, bestehe ich darauf, dass in meiner Sendung keine Namen genannt werden – ausgenommen jene Namen, mit denen ich meine Freunde am Telefon begrüße. Diese Vorkehrung haben wir vor allem aus rechtlichen Gründen getroffen. Doch dass ich die Namen nicht erfahre, bedeutet nicht, dass mir die Dinge nicht auf andere Weise deutlich werden. Wir haben Möglichkeiten, Frau Friedrichs, Sinne, die den meisten von uns überhaupt nicht bewusst sind.»
    Eine Pause, in der er den Atem einsog. Für einen Moment glaubte ich, eine Veränderung zu erkennen, eine Bewegung, wieder so winzig, als ob sie gar nicht da war, aber ungeplant diesmal, als ob er von etwas überrascht wurde.
    Doch er sprach schon weiter.
    «Wir nutzen nur einen Bruchteil unseres Potenzials. Doch in diesem Fall … Die Stimme eines Menschen ist ebenso charakteristisch wie sein körperliches Erscheinungsbild. Ich war mir an diesem Abend zwar

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