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Öffne die Augen: Thriller (German Edition)

Öffne die Augen: Thriller (German Edition)

Titel: Öffne die Augen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franck Thilliez
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zugeführt werden. Peterson hat eine ganze Reihe lehrreicher Versuche mit Tieren durchgeführt, um seine These zu untermauern. Zum Beispiel blockierte er bei Affen von Geburt an mehrere Sinnesorgane. Katzen unterzog er einer ständigen visuellen Stimulation. Im Fall der Blockade entwickelte sich das Gehirn nicht, im Fall der Überstimulation erreichte es hingegen ein überdurchschnittliches Gewicht. Das bewies, dass die zerebrale Struktur durch sensorische Erfahrungen entsteht. In dem Buch spürt man, dass Peterson von der Interaktion zwischen Sinnesorganen und Gehirn fasziniert war.«
    Lucie versuchte, einen Zusammenhang zu ihren neuen Entdeckungen herzustellen.
    » Sagt Ihnen der Begriff Syndrom E etwas?«
    » Nicht das Geringste.«
    » Und der Begriff mentale Kontamination?«
    » Was wollen Sie damit sagen?«
    » Die Ausbreitung von Gewalttätigkeit und Aggression über die Sinne. Durch Bilder und Töne, die so gewalttätig sind, dass sie die zerebrale Struktur eines Menschen beeinflussen, der daraufhin handelt und damit eine Verhaltensänderung bei vielen anderen auslöst.«
    Lucie war selbst überrascht über das, was sie da gesagt hatte, aber war das nicht letztlich die Bilanz ihrer Recherchen?
    Der Professor rieb sich das Kinn.
    » Wie eine Art Virus? Wie beim Indexpatienten und der Verbreitung der Krankheit durch den Nachbarn? Eine interessante These, aber…«
    Der Professor dachte eine Weile nach. Er schien beeindruckt.
    » Ich muss zugeben, dass ich nie etwas davon gehört habe. Aber es lohnt sich sicher, darüber nachzudenken. Ich müsste mich näher damit beschäftigen. Vielleicht war Peterson insgesamt an etwas anderem interessiert. Denn in der Tat hat er sich vor allem für jene Hirnareale interessiert, die mit der Gewalt in Zusammenhang stehen, vor allem bei seinen Versuchen mit Affen.«
    Lucie und Sharko wechselten schnell einen Blick.
    » Welcher Art?«
    » Er hat nachgewiesen, dass Affen, die eine Verletzung des Broca-Areals oder des Mandelkerns erlitten hatten, ein anormales soziales Verhalten entwickelten, das heißt, nicht fähig waren, Frustration und Zorn zu kontrollieren. Peterson hat seine Versuche so weit getrieben, dass sie sogar Tiger angegriffen haben. Und er hat auch belegt, dass Tiere, die auf natürliche Art aggressiv sind, verkleinerte Mandelkerne haben. So als wäre das Gehirn verkümmert. Eine Erklärung dafür gab es jedoch nicht.«
    Langsam verstanden die Ermittler Petersons Entwicklung und die Bedeutung seiner Entdeckungen. Und das Wesen des Syndroms E wurde ihnen nach und nach immer klarer. Lucie blätterte langsam in dem Buch. Alte Schwarz-Weiß-Fotos von Katzen, deren Köpfe mit Dutzenden von Elektroden verbunden waren. Affen mit großen elektrischen Gehäusen auf dem Kopf. Dann Peterson selbst dem Stier gegenüber– es war dasselbe Bild wie auf dem Einband.
    Lucie hielt dem Professor das Buch hin.
    » Was hat dieses Bild zu bedeuten?«
    » Eindrucksvoll, nicht wahr? Peterson war auch ein Vorreiter auf dem Gebiet der tiefen Hirnstimulation. Eine Art, durch Elektroimpulse das individuelle Verhalten zu beeinflussen.«
    Sharko fühlte sich unwohl. Tiefe Hirnstimulation… dieser Begriff war im Autopsiebericht der am besten erhaltenen Leiche von Gravenchon vorgekommen. Bei Mohamed Abane hatte man auf der Höhe des Schlüsselbeins ein grünes Röhrchen unter der Haut gefunden, und der Rechtsmediziner hatte als mögliche Erklärung dafür die tiefe Hirnstimulation erwähnt.
    » Erklären Sie uns das bitte näher«, sagte er mit tonloser Stimme.
    » Galvani 1791: Ein Froschschenkel zuckt unter Stromeinfluss. Dieses Experiment wurde 1800 von Volta und 1848 von Dubois und Reymond wiederholt. Zwanzig Jahre später, genauer gesagt 1870, stellen Fritsch und Hitzig fest, dass eine Elektrostimulation am Gehirn eines anästhesierten Hundes Bewegungen in bestimmten Körperregionen und Gliedmaßen auslöste. 1932 fand dann ein weiterer Versuch statt, der Peterson sehr stark beeinflusste: Die Gehirnstimulation bei einer nichtanästhesierten Katze führte zu präzisen motorischen und emotionalen Reaktionen: Miauen, Schnurren oder wütendem Fauchen.«
    Es war entsetzlich. Lucie sah Peterson vor sich, wie er in seinem Labor saß und lebendigen Tieren bei vollem Bewusstsein den Schädel öffnete, um an ihr Gehirn zu gelangen.
    » Die Arbeit an nichtanästhesierten Tieren war ein enormer Fortschritt, da sie zu der Erkenntnis führte, dass Stromeinwirkung nicht nur motorische, sondern auch

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