Öffne die Augen: Thriller (German Edition)
Inkubator. Das Äquivalent der Experimente von 1955, aber diesmal nicht in einer klinischen Umgebung.«
» Ja, und er ist in seine eigene Falle getappt. Mohamed Abane, ein besonders aggressiver Typ, ist plötzlich außer Kontrolle geraten und hat die vier anderen mit in den Wahnsinn gerissen. Vermutlich sind sie erschossen worden, ehe Chastel eingreifen konnte. Aber dann hat sich der Colonel selbst um die Sache gekümmert. Er, sein Handlanger und unser ›Gehirndieb‹ haben sich ans Werk gemacht: Sie haben die Schädel aufgesägt, die Augen ausgeschält und die Leichen dann vergraben.«
Sharko, der mit Übelkeit zu kämpfen hatte, sprang auf und schwenkte die Teilnehmerliste der SIGN .
» Aber der Handlanger und Chastel sind nur die ausführenden Organe. Wir brauchen den wirklichen Mörder. Den, der die Ägypterinnen verstümmelt hat. Den, der vermutlich seit Jahren von Land zu Land reist, um Schädel aufzusägen. Den großen Manitu. Und wir haben seinen Name vor uns, hier auf dieser Liste. Birma führt uns zweiundzwanzig Jahre zurück. Wenn er wirklich nach den Massakern dort war, muss unser Mörder heute mindestens fünfundvierzig Jahre alt sein.«
Sharko verschloss sich wie eine Auster und machte sich daran, Namen auf seiner Liste auszustreichen. Lucie, die noch immer schockiert war, loggte sich ins Internet des Hotels ein. Sie gab in Google den Namen » Peter Jameson« ein, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Also versuchte sie es mit » James Peterson«. Das ergab mehrere Treffer.
» Franck? Schau mal her… ein James Peterson entspricht unserem Profil.«
Sharko hörte nicht zu, sodass sie den Satz wiederholen musste. Er hob den Kopf und sagte mit einem Blick auf sein Papier:
» Ich glaube, ich kann fünfzig Prozent eliminieren.«
Er trat zu ihr. Lucie deutete auf den Bildschirm. Sie hatte einen Wikipedia-Artikel geöffnet. Das Foto zeigte einen mageren kleinen Mann mit kantigem Gesicht und strengem Blick.
Die beiden Ermittler lasen schweigend. James Peterson… Eltern von New York nach Frankreich ausgewandert. Geboren 1923 in Paris. Überdurchschnittlich begabt, begann er mit fünfzehn Jahren zu studieren. Eine Zeit lang arbeitete er als Assistent seines Professors für Physiologie, ehe er sich mit kaum zwanzig Jahren dem Studium des Nervensystems widmete. Später ging er in die USA an die Universität Yale, wo er sich der Erforschung der direkten Stimulation des Gehirns durch elektrische und chemische Techniken verschrieb. Das war übrigens das Thema seines einzigen, 1952 erschienenen Buchs: Le Conditionnement du cerveau et la liberté de l’esprit, The conditioning of the brain and the freedom of spirit. Seltsamerweise hatte man von Peterson seit 1953 in Fachkreisen nichts mehr gehört.
Lucie nahm weitere Recherchen vor, die allerdings nicht viel brachten. Peterson war schlichtweg vom Erdboden verschwunden. Aber die beiden Kripobeamten wussten jetzt, wohin er 1953 gegangen war: unter dem falschen Namen Peter Jameson ins Hôpital Mont-Providence. Wie die anderen war er von der CIA rekrutiert worden, um die Experimente mit den Kindern durchzuführen. Im Moment endete die Spur hier. Sie mussten auf den Anruf von Pierre Monette warten, um mehr zu erfahren.
Lucie klickte auf das Buch, das Peterson damals geschrieben hatte. Als sich die Seite öffnete und das Cover erschien, starrten die beiden Ermittler verblüfft auf das Bild.
Es zeigte einen riesigen Stier und ihm gegenüber einen lächelnden kleinen Mann mit blondem Schnurrbart, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Es war Peterson selbst.
» Ein Mensch vor einem Stier wie in Lacombes Film«, sagte Sharko. » Worum geht es in dem verdammten Buch?«
Mit wenigen Mausklicks bekam Lucie eine Kurzbeschreibung, die sie laut vorlas:
» Die großen Fortschritte in der Physiologie geben uns heute die Möglichkeit, das Gehirn zu erforschen, Aggressivität zu unterdrücken oder zu schüren, mütterliches oder sexuelles Verhalten zu verändern. Der tyrannische Anführer einer Affenbande wird sich seinen Artgenossen fügen, sofern man bestimmte Zonen seines Gehirns stimuliert. Dieser direkte Zugriff aufs Gehirn, der dank erstaunlicher Techniken möglich ist, könnte eine bedeutendere Etappe in der Entwicklung der Menschheit sein als die Beherrschung des Atoms.«
Sharko richtete sich auf. Er spürte, dass sich die Lösung in den Seiten dieses Buchs verbarg. Er nahm seine Jacke und die Liste vom Bett und ging zur Tür.
» Komm mit. Während wir auf den
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