Öffne die Augen: Thriller (German Edition)
Bruder und alte Ermittlungen stellen, die Übereinstimmungen mit einem aktuellen Fall aufwiesen.
Atef faltete sorgfältig die Zeitung auf seinem Schoß zusammen und musterte Nahed mit zusammengekniffenen Augen von Kopf bis Fuß, während er Gebetsperlen aus Bernstein durch die Finger gleiten ließ. Und wieder vermittelte die Dolmetscherin zwischen den beiden Männern.
» Ich will nicht mehr über meinen Bruder sprechen.«
» Sagen Sie ihm, dass Mahmud kurz vor seinem Tod an einem Mord gearbeitet hat. Drei junge Mädchen, die vier Monate vor seinem eigenen Tod ermordet wurden. Fragen Sie ihn, ob er etwas darüber weiß.«
Atef schwieg eine Weile, ehe er sagte:
» Ich will seinen Dienstausweis sehen.«
Sharko zeigte ihn. Atef betrachtete ihn aufmerksam, fuhr mit dem Finger über die Farben der französischen Flagge und reichte ihn dem Kommissar zurück. Dann sprach er weiter.
» Er sagt, sein Bruder sei sehr verschwiegen gewesen. Er habe nie über seine Ermittlungen gesprochen. Darum hätte Atef auch niemals vermutet, dass er einem Extremistennetz angehören könnte.«
Sharko ließ seinen Blick über die Lichter der Stadt gleiten. Die Luft war endlich erträglicher geworden, und die Ägypter kehrten zurück auf ihre Straßen und in die Ruhe der Moscheen und Kirchen.
» Hat er manchmal seine Akten mit nach Hause genommen? Sie haben ja nebeneinander gewohnt? Hat er bisweilen zu Hause gearbeitet?«
» Er sagt nein.«
» Kennen Sie Hassan Noureddine? War er schon bei Ihnen?«
» Wieder nein… Ich glaube, die Art, wie er antwortet, zeigt, dass er wirklich nichts weiß.«
Sharko zog das Foto eines der ermordeten Mädchen aus der Tasche und zeigte es dem Ägypter. Nahed, die begriff, dass er es im Kommissariat hatte mitgehen lassen, während sie das Wasser geholt hatte, warf ihm zornig einen Blick zu.
» Und sie?«, knurrte der Bulle. » Sagt sie Ihnen auch nichts? Erzählen Sie mir jetzt nicht, Ihr Bruder hätte Ihnen nie ein Foto von ihr gezeigt.«
Atef wandte seine honigfarbenen Augen ab und presste die Lippen zusammen. Er erhob sich und stieß den Kommissar vor die Brust.
» Izhab mine houna! Izhab mine houna! Sawf attacilou bil chourta!«
Er starrte Nahed an und schwenkte drohend sein Handy. Einige der Bewohner hatten die Köpfe ihnen zugewandt.
» Er sagt, wir sollen verschwinden, sonst würde er die Polizei holen. Vergessen Sie die Sache, wir erfahren hier nichts mehr.«
Sharko zögerte, er wollte nicht aufgeben. Hinter der heftigen Reaktion des Arabers verbarg sich vielleicht etwas anderes. Atef stieß ihn, noch immer aggressiv, zurück.
» Izhab mine houna!«
Sharko hätte ihm am liebsten einen Kinnhaken verpasst, doch die Männer auf der Terrasse hatten sich erhoben und kamen drohend näher. Feingliedrige Kabylen mit nervösen Zügen. Der Ton wurde lauter. Sharko, der sich zu den potentiellen Angreifern umgewandt hatte, spürte plötzlich eine Hand in seiner Gesäßtasche. Sein Blick traf den von Atef, und er begriff blitzartig, dass der Araber ihm etwas in die Tasche geschoben hatte, über das er nicht reden sollte.
Sharko nahm Nahed bei der Hand.
» Kommen Sie, wir gehen.«
Mühsam bahnten sie sich einen Weg durch das Gewühl von Schultern und Ellenbogen. Die vom Opium vernebelten Blicke verfinsterten sich. Überall wurde ein Zischen laut. Schnell liefen sie die Treppe hinab. Nahed schimpfte:
» Sie hätten das Foto nicht stehlen dürfen. Wie viele haben Sie noch mitgehen lassen?«
» Ein paar.«
» Sie können sicher sein, dass Noureddine das bemerken und die Botschaft informieren wird. Was haben Sie sich bloß dabei gedacht?«
» Nun gehen Sie schon weiter.«
Nahed lief vor ihm her. Sharko schob die Hand in die Tasche und fand einen Zettel. Im Gehen entfaltete er vorsichtig das Stück Zeitungspapier und las den französischen Satz:
» In einer Stunde in der Cairo Bar im Tewfikieh-Viertel. Kommen Sie allein. Sie überwacht Sie.«
Er schob ihn zurück in die Tasche und betrachtete Nahed voller Bedauern. Ihr dünnes Kleid flatterte um ihren Körper, als sie die Treppe hinablief. Aber sie verriet ihn. Auf der Straße angekommen, der sie eine Weile folgten, nahm die junge Frau den Schleier ab und legte ihn um ihre Schultern. Sharko musterte sie.
» Merkwürdig. Ohne Schleier sehen Sie ganz anders aus. Das mysteriöse, vielschichtige Wesen verwandelt sich plötzlich wieder in eine moderne Frau. Wie viele Persönlichkeiten verbergen sich in Ihnen, Nahed?«
» Eine einzige,
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