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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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befreien und rief die Polizei; die wiederum hat mich verständigt. Wir haben ihm ein fünfköpfiges Kommando hinterhergeschickt. Er läuft jetzt auf die Vorster-Halle auf dem Michigan-Boulevard zu, und er ist voll wie tausend Mann. Sollen wir ihn aufhalten?“
    Kirby biß sich wütend auf die Unterlippe. „Nein, nein. Immerhin besitzt er immer noch diplomatische Immunität. Lassen Sie mich die Sache in die Hand nehmen. Gibt es im UN-Flughafen einen Hubschrauber, den ich mir ausleihen kann?“
    „Natürlich. Aber Sie brauchen mindestens vierzig Minuten bis nach Chikago, und …“
    „Das ist genügend Zeit. Passen Sie auf, ich möchte, daß Sie folgendes tun: Schnappen Sie sich das hübscheste Esper-Mädchen, das sich in Chikago auftreiben läßt. Vielleicht eine Empathin, halt so ein aufregendes Ding, wenn möglich, eine aus dem Orient, eine wie die, die letzte Woche in Kioto diese Geschichte abgezogen hat. Plaziert sie zwischen Weiner und dieser Vorster-Halle, und laßt sie dann auf ihn los. Sie soll ihn um den Finger wickeln. Sie soll ihn mit allen möglichen Mitteln so lange festhalten, bis ich dort eintreffen kann. Und wenn sie dabei etwas anstellen muß, das ihr nicht schicklich vorkommt, dann sagt ihr, daß wir dafür ordentlich was springen lassen. Falls Ihr keine Esperin finden könnt, dann nehmt ihr euch eben eine charmante Polizistin oder so etwas Ähnliches.“
    „Ich verstehe nicht, warum soviel Aufwand nötig ist“, sagte Ridblom. „Die Vorster können sehr gut auf sich selbst aufpassen. Soviel ich weiß, haben sie eine recht mysteriöse Methode, einen Unruhestifter auszuschalten, so daß er nicht mehr …“
    „Das weiß ich auch, Lloyd. Aber Weiner hat heute abend bereits einmal eine solche Behandlung genossen. Soweit ich weiß, kann eine zweite solche Ladung ihn töten. Und das wäre nicht eben angenehm. Deshalb sollen Sie ihm nur den Kopf verdrehen.“
    Ridblom zuckte die Achseln und verdrehte seine Augen: „… Dein Wille geschehe …“
    Kirby verließ die Zelle. Jetzt war er stocknüchtern. Vanna Marshah saß noch immer an der Theke, wo er sie zurückgelassen hatte. Aus einigen Metern Entfernung und bei diesem Licht konnte man ihren künstlichen Entstellungen fast etwas Schönes abgewinnen.
    Sie lächelte. „Nun?“
    „Sie haben ihn gefunden. Er ist irgendwie nach Chikago gelangt und steht jetzt kurz davor, eine dortige Vorster-Halle auf den Kopf zu stellen. Ich muß dorthin und ihn einfangen.“
    „Seien Sie nett zu ihm, Ron. Er steckt voller Schwierigkeiten. Er braucht Hilfe.“
    „Brauchen wir das nicht alle?“ gab Kirby plötzlich mit einem Augenzwinkern zurück. Die Vorstellung, die Reise nach Chikago ganz allein anzutreten, kam ihm auf einmal sehr unschön vor. „Vanna?“ fragte er.
    „Ja?“
    „Haben Sie für die nächsten paar Stunden schon etwas vor?“

 
5
     
     
     
    Der Hubschrauber flog über der funkelnden Lebenslustigkeit Chikagos. Unten entdeckte er den hellen Glanz des Michigansees und die prächtigen, meilenhohen Türme, die den See umrahmten. Über Kirby glänzte die örtliche Zeitangabe in Giftgrün mit dunkelblauen Rändern:
    23.31 UHR ZENTRALER STANDARDZEIT
    MITTWOCH, 8. MAI 2077
    GRUNDSTÜCKE AN DER OGLEBAY –
    DIE SCHÖNSTEN
     
    „Lande“, befahl Kirby.
    Der Robotpilot steuerte den Hubschrauber auf die Landefläche zu. Es war ausgeschlossen, es mit den heftigen Windströmungen in diesen tiefen Häuserschluchten aufzunehmen; sie mußten auf einer Dachlandefläche herunterkommen. Die Landung verlief glatt. Kirby und Vanna stürzten nach draußen. Den ganzen Flug lang hatte sie ihm von Vorsts Botschaft erzählt. Jetzt war Kirby sich nicht mehr sicher, ob dieser Kult der blanke Unsinn oder eine dunkle Verschwörung gegen das Heil der Menschheit oder eine wirklich aussagekräftige, den Geist befreiende Glaubensrichtung war oder vielleicht doch eher ein bißchen von allen drei Beschreibungen in sich vereinigte.
    Kirby glaubte, nun die Kerngedanken der Vorster begriffen zu haben. Vorst hatte eine eklektische Religion zusammengeschustert und sich dabei vom Katholizismus das Konfessionelle ausgeliehen, etwas vom Atheismus des Ur-Buddhismus absorbiert, eine Dosis Hindu-Reinkarnation hinzugefügt und das Ganze mit ultramodernistischem Beiwerk gespickt: Atomreaktoren auf jedem Altar und einen ganzen Haufen Gewäsch über das heilige Elektron. Aber daneben existierte auch die Lehre von der Verschmelzung der Esper-Gehirne, um damit die Möglichkeit einer Reise zu

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