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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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einen zweiten Rum. „Also gut“, gab er zu. „Das stimmt. Es ist ein hohler Glaube, ohne wirklichen Tiefgang und ohne Bedeutung.“
    „Sie haben wohl nicht Vorsts Buch gelesen?“
    „Nein.“
    „Wenn ich Ihnen ein Exemplar gebe – werden Sie es dann lesen?“
    „Na, sieh mal einer an“, sagte er, „ein Bekehrer mit einem goldenen Herzen.“ Kirby lachte; er fühlte sich schon wieder betrunken.
    „Ich finde das gar nicht komisch“, sagte sie. „Sie mögen auch keine chirurgischen Veränderungen, nicht wahr?“
    „Meine Frau hat sich das ganze Gesicht operieren lassen, als sie noch mit mir verheiratet war. Ich bin darüber so wütend geworden, daß sie mir weggelaufen ist. Das war vor drei Jahren. Jetzt ist sie tot. Sie und ihr Liebhaber sind bei einem Raketenabsturz über Neuseeland umgekommen.“
    „Das tut mir leid“, sagte Vanna Marshah. „Aber ich hätte mich nicht operieren lassen, wenn ich damals schon Vorsts Buch gekannt hätte. Damals war ich perspektivlos, wußte nicht, was ich wollte. Aber heute habe ich ein Ziel – doch es ist leider zu spät, um mein richtiges Gesicht zurückzubekommen. Trotzdem meine ich, eine gewisse Anziehung geht schon von meinem Gesicht aus.“
    „Wunderbar“, sagte Kirby. „Erzählen Sie mir etwas über Vorst.“
    „Das ist ganz einfach. Er will der Welt ihre geistigen Werke wiedergeben. Er möchte, daß wir alle uns unserer gemeinsamen Natur und unserer höheren Bestimmung bewußt werden.“
    „Über die werden wir uns am besten bewußt, wenn wir in zugigen Taubenschlägen Zerenkowsche Strahlung bewundern“, sagte Kirby.
    „Das Blaue Feuer ist bloß Beiwerk. Auf die innere Botschaft kommt es im wesentlichen an. Vorst will, daß die Menschheit zu den Sternen aufbricht. Er möchte, daß wir unserer Konfusität und Verwirrung entsteigen und unsere wahren Fähigkeiten entdecken. Er will die Esper retten, die von Tag zu Tag mehr dem Wahnsinn verfallen. Vorst will sie zusammenbringen und nutzbar machen, damit sie den nächsten großen Schritt vorwärts im menschlichen Fortschritt ausarbeiten können.“
    „Aha“, sagte Kirby gewichtig. „Und das wäre?“
    „Ich habe es Ihnen doch eben erklärt: der Aufbruch zu den Sternen. Glauben Sie denn, Mars und Venus reichen aus, und wir können die Hände in den Schoß legen? Dort draußen ziehen Millionen Planeten ihre Bahn. Und warten darauf, von der Menschheit betreten zu werden. Vorst glaubt, einen Weg zu kennen, der dorthin führt. Aber dazu benötigt man die Vereinigung aller mentaler Energie, ihre Verschmelzung – oh, ich weiß, das hört sich alles sehr mystisch an. Aber der Mann hat etwas an sich. Und damit heilt er die kranken Seelen. Und das ist auch das kurzfristige Ziel: die Gemeinschaft, die Linderung der Wunden. Das langfristige Ziel ist eben der Weg zu den Sternen. Natürlich müssen wir die Spannungen zwischen den Planeten überwinden: dafür sorgen, daß die Marsianer toleranter werden, und danach irgendwie versuchen, den Kontakt mit den Leuten auf der Venus wieder herzustellen – falls sie überhaupt noch über etwas Menschliches verfügen. Begreifen Sie denn nicht, welche Möglichkeiten in Vorsts Buch leben, und daß es nicht Schickimicki und Scharlatanerie ist?“
    Kirby hatte solche Visionen nicht. Alles klang so nebulös und unzusammenhängend in seinen Ohren. Vanna Marshah hatte eine weiche, überzeugende Stimme, und sie umgab eine Aura von Integrität, daß man bereit war, ihr zuzuhören. Kirby war sogar bereit, ihr das zu vergeben, was die Messerschwinger mit ihrem Gesicht angestellt hatten. Aber sobald das Gespräch auf Vorst kam …
    Der Kommunikator in seiner Tasche piepste; ein Signal von Ridblom, das besagte, er solle sich sofort mit dem Büro in Verbindung setzen. Kirby stand auf.
    „Entschuldigen Sie mich bitte eine Minute“, sagte er. „Etwas Wichtiges steht an, mit dem ich mich befassen muß …“
    Er torkelte durch die Kneipe, fing sich wieder, atmete tief durch und trat in die Zelle. Die Plakette wurde in den Schlitz gesteckt, und zitternde Finger drückten die Rufnummer.
    Ridblom erschien wieder auf dem Bildschirm.
    „Wir haben Ihren Knaben gefunden“, kündigte der aufgedunsene Sicherheitsbeamte sanftmütig an.
    „Tot oder lebendig?“
    „Unglücklicherweise lebendig. Er steckt in Chikago. Ist ins marsianische Konsulat gegangen, hat sich von der Frau des Konsuls tausend Dollar geliehen und versuchte dann, sie als Dank dafür zu vergewaltigen. Sie konnte sich von ihm

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