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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Sie müssen nur Ihr Bewußtsein öffnen und Ihr Herz – und nicht so selbstgefällig in Ihrem Haß dastehen, in Ihrem betrunkenen Unwillen, selbst zu entdecken …“
    Weiner haute ihr eine runter.
    Es war ein Schlag mit der offenen Hand quer über ihr Gesicht. Chirurgische Veränderungsarbeiten waren nicht sonderlich stabil, und ganz und gar nicht waren sie dazu vorgesehen, Schläge einzustecken. Vanna fiel auf die Knie, wimmerte und preßte die Hände vor das Gesicht. Sie blockierte dem Marsianer noch immer den Weg. Weiner holte mit dem Bein aus, als wolle er sie treten. Und in diesem Moment vergaß Reynolds Kirby, daß er eigentlich als Diplomat aufzutreten hatte.
    Er schoß nach vorn, erwischte Weiner am Ellenbogen und riß ihn herum. Der Marsianer verlor seine Balance. Er krallte sich hilfesuchend an Kirby. Der UN-Mann schlug seine Hände weg, holte mit einer Faust aus und plazierte sie hart in Weiners muskulösen Bauch. Weiner gab ein kurzes Geräusch, das wie „Uff“ klang, von sich und begann zurückzutaumeln. Kirby hatte seit dreißig Jahren nicht mehr aus Zorn auf einen Menschen eingeschlagen. Und erst in diesem Moment begriff er, welches wilde Vergnügen in einem solch steinzeitlichen Tun stecken konnte. Adrenalin durchströmte seinen Körper. Wieder schlug er Weiner, diesmal direkt unter das Herz. Der Marsianer trug einen verwirrten Gesichtsausdruck zur Schau, sackte zusammen und kippte nach hinten; ausgestreckt lag er auf der Straße.
    „Stehen Sie auf“, sagte Kirby, vor Zorn fast nicht mehr zurechnungsfähig.
    Vanna zupfte an seinem Ärmel. „Schlagen Sie ihn nicht noch einmal“, murmelte sie. Ihre metallischen Lippen wirkten verschrumpelt. Auf ihren Wangen glänzten Tränen. „Bitte schlagen Sie ihn nicht mehr.“
    Weiner blieb so liegen, wie er gerade war; schwach schüttelte er den Kopf. Eine neue Gestalt betrat die Szene: ein kleiner, ledergesichtiger Mann in mittleren Jahren – der marsianische Konsul. Kirby spürte, wie sich sein Magen vor Angst zusammenzog.
    Der Konsul sagte: „Es ist mir schrecklich peinlich, Freier Bürger Kirby. Er ist tatsächlich Amok gelaufen, nicht wahr? Nun, wir werden ihn nun der Gerichtsbarkeit zuführen. Was er jetzt braucht, sind ein paar von seinen Leuten, die ihm sagen, wie idiotisch er sich aufgeführt hat.“
    Kirby stammelte: „Es war meine Schuld. Ich habe ihn aus den Augen verloren. Ihm ist kein Vorwurf zu machen. Er …“
    „Wir wissen genau Bescheid, Freier Bürger Kirby.“ Der Konsul lächelte wohlwollend, zuckte mit den Achseln und nickte, als drei Hilfskräfte erschienen und den gestürzten Weiner in ihre Arme nahmen.
    Ziemlich plötzlich war die Straße leer. Ausgelaugt und unfähig zu einem klaren Gedanken, stand Kirby vor der Vorster-Halle. Nur Vanna war bei ihm, alle anderen waren verschwunden. Wie ein Menschenfresser aus einem Alptraum war Weiner verschwunden. Kein sehr erfolgreicher Abend, dachte Kirby, wahrhaftig nicht. Aber nun war er vorüber.
    Jetzt nach Hause.
    In anderthalb Stunden konnte er wieder in Tortola sein. Einmal kurz und allein im warmen Ozean schwimmen gehen – und morgen dann eine halbe Stunde in der Nichts-Kammer. Nein, eine ganze Stunde, beschloß Kirby. Soviel mußte es schon sein, um ihn von dem ganzen Verdruß dieser Nacht zu befreien. Eine Stunde Entspannung, eine Stunde wie ein Embryo in der Flut des Tanks treiben: beschützt, warm und ungestört von den Nöten der Welt; eine Stunde gesegnete, wenn auch feige Flucht. Sehr schön. Wunderbar.
    Vanna sagte: „Möchten Sie jetzt mit hineinkommen?“
    „In die Halle?“
    „Ja, bitte.“
    „Es ist schon spät. Ich werde Sie auf der Stelle nach New York zurückbringen. Wir werden für alle Kosten aufkommen, die bei der Reparatur entstehen, die Ihr … Ihr Gesicht benötigt. Der Hubschrauber wartet.“
    „Lassen Sie ihn warten“, sagte Vanna. „Kommen Sie mit rein.“
    „Ich will nach Hause.“
    „Das Zuhause kann ebenfalls warten. Geben Sie mir zwei Stunden Zeit mit Ihnen, Ron. Setzen Sie sich nur ruhig hin, und hören Sie zu, was man dort drinnen zu sagen hat. Kommen Sie mit mir zum Altar. Sie brauchen nichts anderes zu tun als zuzuhören. Das wird Sie entspannen. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.“
    Kirby starrte auf das entstellte, künstliche Gesicht. Unter den grotesken Lidern befanden sich richtige Augen – leuchteten und baten flehentlich. Warum war sie so versessen darauf? Zahlten die Vorster eine Prämie für die Errettung jeder verlorenen Seele,

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