Öffnet den Himmel
den Sternen zu bekommen, die Lehre von der Vereinigung auch der nicht psi-begabten Gehirne und – das war das Erstaunlichste daran, sozusagen der Schlager der Vorster – die persönliche Unsterblichkeit; nicht etwa Reinkarnation, auch nicht die Hoffnung auf ein Nirwana, sondern das ewige Leben, hier und jetzt im eigenen Körper. Angesichts der Überbevölkerung auf der Erde stand die Unsterblichkeit bei jedem vernünftigen Menschen ziemlich niedrig auf der Prioritätenliste – zumindest was die Unsterblichkeit der anderen anging. Der einzelne dagegen war immer bereit, ernsthaft an die Verlängerung des eigenen Lebens zu denken, oder? Vorst predigte das ewige Leben des Körpers, und das kauften ihm die Leute gerne ab. In acht Jahren hatte sich der Glaube von einer Zelle auf tausend ausgedehnt, von fünfzig Anhängern auf Millionen. Die alten Religionen waren bankrott. Vorst dagegen hielt den Leuten goldene Berge vor Augen, und selbst wenn es sich dabei nur um Katzengold handeln sollte, würden die Gläubigen lange Zeit benötigen, um das herauszufinden.
„Kommen Sie“, sagte Kirby. „Wir haben nicht allzuviel Zeit.“
Er rauschte die Ausstiegsrampe hinunter und drehte sich um, damit er Vanna Marshah bei der Hand nehmen und ihr bei den letzten Stufen helfen konnte. Sie rannten über die Landefläche auf dem Dach zum Gravoschacht, traten hinein und gelangten in verwirrenden fünf Sekunden bis zum Boden. Die örtliche Polizei erwartete sie schon auf der Straße. Die Männer führten drei Gleiter mit sich.
„Er befindet sich einen Block von der Vorster-Halle entfernt, Freier Bürger Kirby“, sagte ein Polizist. „Die Esperin bemüht sich seit ungefähr einer halben Stunde, ihn fortzulocken, aber er hat es sich absolut fest in den Kopf gesetzt, zu dieser Halle zu gehen.“
„Was will er denn dort?“ fragte Kirby.
„Er will den Reaktor. Er sagte, er wolle ihn zum Mars mitnehmen und ihn dort sinnvoller einsetzen.“
Vanna keuchte über diese pietätlose Ungeheuerlichkeit. Kirby zuckte die Achseln, lehnte sich auf seinem Sitz zurück und beobachtete, wie die Straßen an ihm vorbeirauschten. Der Gleiter hielt an. Kirby entdeckte den Marsianer auf der anderen Straßenseite.
Das Mädchen war eine sinnliche, wohlproportionierte und erregend wirkende Erscheinung. Sie hatte einen Arm bei Weiner untergehakt, hielt ihr Gesicht ganz nahe seinem und gurrte ihm etwas ins Ohr. Weiner lachte rauh auf und drehte sich zu ihr hin. Erst zog er sie nahe an sich heran, dann schob er sie wieder von sich. Wieder hakte sie sich bei ihm ein. Ein Bild für die Götter, dachte Kirby. Die Straße war geräumt worden. Die örtliche Polizei und ein paar von Ridbloms Sicherheitsleuten beobachteten grimmig vom Straßenrand aus die ganze Szene.
Kirby ging los und gab dem Mädchen ein Zeichen. Sie begriff sofort, wer er war, zog ihren Arm von Weiner weg und trat zurück. Der Marsianer wirbelte herum.
„Na, hast mich also gefunden, was?“
„Ich wollte nicht, daß Sie etwas tun, was Sie später bedauern müßten.“
„Sehr nett von dir, Kirby. Nun, solange du hier bist, kannst du ja auch mein Kumpel sein. Bin gerade auf dem Weg zum Vorster-Laden. Die verschwenden wertvolles spaltbares Material in diesen Reaktoren. Du lenkst den Priester ab, und ich werde mir diesen blauen Blinker schnappen. Und danach werden wir glücklich und in Freuden leben. Du mußt bloß aufpassen, daß er dir kein Ding verpaßt. Ist nicht sehr angenehm.“
„Nat …“
„Bist du für mich oder gegen mich, Kumpel!?“ Weiner zeigte auf die Halle, die sich einen Block weiter auf der anderen Straßenseite befand – in einem Gebäude, das beinahe genauso schäbig wirkte wie das in Manhattan. Er setzte sich in Richtung auf das Gebäude in Bewegung.
Kirby warf Vanna unsicher einen Blick zu. Dann lief er hinter Weiner über die Straße. Der UN-Mann bemerkte, daß die Vorsterin ihm ebenfalls folgte.
Gerade als Weiner den Eingang der Vorster-Halle erreichte, schoß Vanna blitzschnell nach vorn und schnitt ihm den Weg ab.
„Halt“, sagte sie. „Gehen Sie nicht dort hinein, um Unruhe zu stiften!“
„Geh mir aus dem Weg, du krückengesichtige Schlampe!“
„Bitte“, sagte sie sanft. „Sie sind ein Mensch voller Schwierigkeiten. Sie befinden sich nicht in Harmonie mit Ihrem Innern. Sie stehen allein vor der Welt, die Sie umgibt. Kommen Sie mit mir in die Halle, und lassen Sie mich Ihnen zeigen, wie man betet. Sie können dort drinnen sehr viel gewinnen.
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