Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
haben – alles, was die Bruderschaft hat, und dazu unsere eigenen Vorzüge. Wir werden uns rasch vergrößern. Und Sie bekleiden dann einen hohen Rang, weil Sie sich schon von Anfang an auf unsere Seite geschlagen haben.“
    Mondschein begriff die Logik, die dahintersteckte. Die Bruderschaft war bereits aufgedunsen; sie war reich, hatte Macht und verfügte über einen Wasserkopf von felsenfest an ihren Posten klebenden Bürokraten. Dort war kein Raum, um aufzusteigen. Aber wenn er seinen Treueid einer kleinen, doch dynamischen Bewegung leistete, deren Ambitionen den seinen entgegenkamen …
    „Es klappt nicht“, sagte er traurig.
    „Warum nicht?“
    „Angenommen, Sie schmuggeln mich in Santa Fe ein. Dort werde ich aber schon von Espern durchleuchtet, noch bevor ich überhaupt richtig drin bin. Und die merken sofort, daß ich als Spion gekommen bin. Sie werden mich enttarnen. Meine Erinnerungen an dieses Gespräch werden mich verraten.“
    Der Stämmige lächelte breit: „Woher wollen Sie wissen, daß Sie sich an dieses Gespräch erinnern werden? Wir verfügen über unsere eigenen Esper, Altardiener Mondschein!“

 
4
     
     
     
    Der Raum, in dem Christopher Mondschein sich wiederfand, war auf schreckliche Weise leer. Er war perfekt quadratisch; wahrscheinlich hatte man ihn mit einer Toleranz von einem hundertstel Millimeter gebaut. Nichts befand sich außer Mondschein in ihm: keine Möbel, keine Fenster und noch nicht einmal ein Webschaumstück. Unbehaglich trat er von einem Fuß auf den anderen und starrte an die Decke, um dort erfolglos nach der Quelle des stetigen, gleichmäßigen Lichts zu suchen. Er wußte nicht einmal, in welcher Stadt er sich befand. Sie hatten ihn, gerade als die Sonne aufging, von Rom weggebracht. Jetzt mochte er in Djakarta sein oder in Benares oder am Eriesee.
    Er hegte tiefste Befürchtungen über all die Ereignisse. Die Harmonisten hatten ihm versichert, daß er überhaupt keine Risiken eingehe, aber Mondschein mangelte es in diesem Punkt erheblich an Vertrauen. Die Bruderschaft hätte ihre hervorragende Stellung nicht erreichen können, ohne ausgeklügelte Selbstschutzmittel zu entwickeln. Trotz aller gegenteiliger Versicherungen konnte er schon entdeckt werden, noch bevor er die geheimen Labors in Santa Fe überhaupt betreten hatte; und die daraus resultierenden Maßnahmen würden kein Zuckerschlecken für ihn werden.
    Die Bruderschaft hatte ihre besonderen Methoden, jene zu bestrafen, die sie hintergingen. Unter der äußeren Güte verbarg sich ein Zug an notwendiger Grausamkeit.
    Mondschein kannte da einige Geschichten; so zum Beispiel auch die von dem Regionalinspektor auf den Philippinen, der sich dazu hatte verleiten lassen, geheime Protokolle des Hohen Rates bestimmten, antivorsterisch eingestellten Polizeibehörden zu überlassen.
    Vielleicht basierte diese Geschichte nicht auf der Wahrheit, aber unglaubwürdig erschien sie ihm nicht. Mondschein hatte gehört, daß man den Inspektor nach Santa Fe gebracht hatte, um ihm dort sein Schmerzempfindungszentrum zu nehmen. Eigentlich recht angenehm, nicht wahr, nie mehr einen Schmerz spüren zu müssen? Kaum. Schmerz war der Gradmesser der körperlichen Intaktheit. Ohne Schmerzempfinden wußte man nie, ob etwas zu heiß oder zu kalt war, um es zu berühren. Tausende kleiner Verletzungen waren die Folge: Verbrennungen, Schnitte, Schürfwunden. Der ganze Körper erodierte: hier ein Finger weg, dort die Nase, ein Augapfel, ein Hautlappen – schlimmer, man konnte seine eigene Zunge verspeisen, ohne es zu merken.
    Mondschein schauderte. Die nahtlose Wand vor ihm schob sich abrupt ineinander, und ein Mann betrat den Raum. Hinter ihm schloß sich die Wand wieder.
    „Sind Sie ein Esper?“ platzte es nervös aus Mondschein heraus.
    Der Mann nickte. Er sah eigentlich ganz normal aus. Sein Gesicht besaß einen leichten eurasischen Einschlag, entdeckte Mondschein. Seine Lippen waren dünn, sein Haar glänzte schwarz, und seine Haut trug die Farbe von Olivgrün. Insgesamt hatte er etwas Zerbrechliches an sich.
    „Legen Sie sich bitte auf den Boden“, sagte der Esper mit einer sanften, pelzigen Stimme. „Entspannen Sie sich bitte. Sie haben Angst vor mir, und das sollen Sie nicht.“
    „Warum nicht? Wenn Sie schon in meinem Kopf herumwerkeln!“
    „Bitte, entspannen Sie sich.“
    Mondschein versuchte es zumindest. Er breitete sich auf dem weichen, gummiartigen Boden aus und legte die Hände an die Seite. Der Esper ließ sich im

Weitere Kostenlose Bücher