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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Dads Verfassung unverändert war und man für den folgenden Tag mit der Krise rechnete, nicht am Tag darauf, als Dad sich dem Ende näherte, und nicht am Morgen danach, als Alyse telegrafierte:
    «Der Geist Deines Vaters ist aus dieser Welt in die andere hinübergegangen, aber er wird nie aufhören, bei Dir zu sein. Seine letzten Worte galten Dir; er hat versprochen, wenn Du in Angel City ein gutes Medium findest, wird er Dein Leben mit Liebe und Zuneigung begleiten, wie auch stets Deine Alyse».
    Dann kam eine Nachricht von Bertie:
    «Ich war am Schluss bei Dad – er hat mir vergeben – vergibst Du mir auch?»
    Als Bunny das las, da musste er in seine Kabine laufen, sich aufs Bett werfen und wie ein kleines Kind weinen. Ja, er vergebe ihr, telegrafierte er zurück; und wer immer sie alle geschaffen habe – möge auch er ihnen vergeben!
    *** Im Original deutsch, in dieser Formulierung.

KAPITEL 20
    Die Stiftung
    1
    Bunny war allein im Lärm und Getöse New Yorks – sechs oder sieben Millionen Menschen, und er kannte nur einige wenige. Natürlich kamen Reporter – das gab ja eine ergreifende Geschichte, wie hier das Schicksal einen Ölmagnaten dem Zugriff der Senatsinquisitoren entrissen hatte. Das Land befand sich im letzten Stadium eines erbitterten Präsidentschaftswahlkampfs, und noch die kleinste Meldung zum Ölskandal war von Bedeutung. Außerdem bekam Bunny Beileidstelegramme – von Verne und Annabelle, von Paul und Ruth, von Rachel, ihrem Vater und ihren Brüdern, und – tja, auch von der Prinzessin Marescu, die in alter Vertraulichkeit mit «Vee-Vee» unterzeichnete.
    Er kaufte sich einen Fahrschein nach Hause, über Washington, und las im Zug die Zeitungsberichte der letzten Tage über das, was gerade mit seinem Jugendtraum von einem grandiosen Ölfeld geschah: Ein gewaltiges Flammenmeer wälzte sich über das Land und machte mit seinem grellen Feuerschein die Nacht zum Tag und mit donnernden Rauchwolken den Tag zur Nacht; durch die Täler stürzten reißende Flüsse aus brennendem Öl, und ein stürmischer Wind trug das Feuer von einem Berg zum nächsten. Ein Dutzend großer Lagertanks waren zerstört, und auch die gesamte Raffinerie samt all ihren Tankbehältern sowie dreihundert Bohrtürme hatte dieser brüllende Schmelzofen erfasst und verschlungen. Es war der schlimmste Ölbrand in der kalifornischen Geschichte, ein Schaden in Höhe von acht bis zehn Millionen Dollar.
    In Washington gab es einen Menschen, dem Bunny seine Sorgen anvertrauen konnte – Dan Irving. Sie machten einen langen Spaziergang, und der Ältere legte den Arm um Bunny und sagte, er habe alles getan, was man in einer so schwierigen Situation tun könne. Dan versicherte ihm, er brauche von seinem Vater nicht schlecht zu denken. Dan wusste Bescheid, das hatte er sich zur Aufgabe gemacht, und er konnte Bunnys Eindruck bestätigen, dass sämtliche amerikanischen Großunternehmer die Regierenden bestachen und alle diese Bestechung guthießen. Anfangs war Dan empört gewesen, dann hatte er begriffen, dass ein System dahintersteckte. Ohne Bestechung vermochte die amerikanische Großindustrie gar nicht zu existieren. Man sah es deutlich an der instinktiven Reaktion der Geschäftswelt auf den Ölskandal; sie war fest entschlossen, ihn zu vertuschen, sich nichts daraus zu machen und nicht etwa die Verbrecher anzuklagen und zu verfolgen, sondern diejenigen, die die Verbrechen aufdeckten.
    Und damit waren sie bei der Politik, was Bunny noch am ehesten ablenkte und ihn zu seiner eigentlichen Aufgabe zurückfinden ließ. Dan hatte in diesem Wahlkampf sein Bestes getan, doch das Gefühl, nichts ausrichten zu können, machte ihn ganz krank. Die gesamte kapitalistische Werbemaschinerie hatte den Auftrag bekommen, «Cal den Bedächtigen» in den Augen des amerikanischen Volkes zu glorifizieren. Dieses armselige Männchen, ein fünftklassiger Provinzpolitiker und Möchtegernladenbesitzer, war nun der große, starke, schweigsame Staatsmann und Held der kleinen Leute! Eines – und nur dieses eine – erwarteten die Unternehmer von ihm, nämlich die Senkung der Einkommensteuer; bei allem anderen spielte er keine Rolle. Die Journalisten waren angeekelt, aber hilflos, die Zeitungen akzeptierten nur eine einzige Nachrichtenart. Und dem gegenüber der arme Dan mit seiner Arbeiterpresseagentur, zwei, drei Dutzend unbedeutenden Zeitungen mit einer Gesamtauflage von vielleicht hunderttausend und oft nicht mal genug Geld für die Büromiete.
    «Genau

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