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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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meinen Lieben, dass ich bei ihnen bin, doch jetzt bin ich einsichtiger, und mein lieber Bunny soll wissen, dass ich ihn verstehe und ihm vergebe» – lauter Zeug, das dem Bewusstsein oder Unterbewusstsein einer gefühlsduseligen älteren Dame oder eines durchtriebenen Mediums entstammen konnte. Aber dann kam etwas, bei dem der junge Mann den Atem anhielt: «Ich möchte, dass mein lieber Bunny weiß, dass tatsächlich sein Vater mit ihm spricht. Er erinnert sich bestimmt an den Mann, der uns all das Land beschafft hat. Der hatte zwei Goldzähne vorn im Mund, und Bunny sagte, über den werden noch mal die Grabräuber herfallen.» Wie um alle Zauberkünste der Welt konnte ein Medium in Paris von Bunnys Gewitzel über Mr Hardacre wissen, den Makler, der für sie Optionsscheine auf Farmen in Paradise, Kalifornien, gekauft hatte?
    Also wirklich, darüber konnte man wirklich ins Grübeln geraten! War es tatsächlich denkbar, dass Dad nicht für immer fort war, sondern nur irgendwohin verschwunden, und dass man noch einmal an ihn herankam? Bunny unternahm einen Spaziergang, um darüber nachzudenken, und durch die Straßen von Angel City dröhnte Eli Watkins’ Stimme aus den Radiolautsprechern. Elis Tempel war Tag und Nacht zum Bersten voll mit Zehntausenden, die den Propheten sehen wollten, welcher im Meer von Engeln über Wasser gehalten worden war und zum Beweis eine Feder mitgebracht hatte. Ganz Kalifornien hörte Elis Stimme, die das alte Versprechen verkündete: «Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; und dasselbe plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune schallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden.» 131

KAPITEL 21
    Die Flitterwochen
    1
    Bunny suchte nach einem Grundstück für das Arbeitercollege. Das war eine wesentlich erfreulichere Aufgabe als die Suche nach Ölland; man konnte auf den Ausblick achten, auf Wälder, Berge und anderes, woran einem wirklich lag, und es war kein solches Glücksspiel, weil sich zweifelsfrei feststellen ließ, wie die Wasserversorgung war, und der Boden chemisch analysiert werden konnte. Das bedeutete lange Fahrten über Land, und da Rachel zur Collegeleitung gehören würde, war es nur vernünftig, wenn sie mitfuhr. Sie hatten Zeit zum Reden und viel, worüber sie reden konnten, denn sie übernahmen demnächst die Verantwortung für einen Haufen junger Radikaler, Jungen und Mädchen aller Altersstufen, vierundzwanzig Stunden am Tag.
    Sie hatten sich bereits einige Örtlichkeiten angesehen; nun stand noch eine aus, die etwas weiter von Angel City entfernt lag, und Bunny gab zu bedenken: «Wenn wir jetzt dort hinfahren, wird es ein wenig spät für die Heimfahrt.»
    Rachel antwortete: «Falls es zu spät wird, gehen wir in ein Hotel und machen morgen weiter.»
    Darauf Bunny: «Dann kommen wir ins Gerede.»
    Doch Rachel erklärte, sie habe keine Angst vor Gerede.
    So fuhren sie zu dem unbekannten Grundstück. Es lag in der Nähe eines Dorfs namens Mount Hope in einem kleinen Tal, und die gepflügten Äcker zogen sich ein halbes Dutzend Hänge hinauf. Es war Anfang November, der erste Regen war gefallen, die neue Saat schon aufgegangen, und die sanft geschwungenen Felder und Wiesen hätten die Muskeln gewaltiger, bäuchlings daliegender Riesen sein können – Riesen mit hellgrüner, samtweicher Haut. Es gab Obstbäume, einen artesischen Brunnen mit einer Pumpanlage und ein kleines Bauernhaus. Die Leute waren offenbar in die Stadt gefahren, die Besucher konnten herumwandern und alles begutachten, und dabei machten sie eine Entdeckung: eine prächtige, in revolutionärem Rot gestrichene Scheune, so groß wie ein ganzer Flugplatz! «O Bunny, das ist doch ein perfekter Versammlungsraum! Wir müssen nur noch einen Boden legen, dann können wir am Eröffnungsabend tanzen.» Man stelle sich vor: Rachel dachte ans Tanzen!
    Sie kletterten einen Hang hinauf und kamen auf ein parkähnliches Gelände mit dunklen Lebenseichen, hellgrauen Platanen und einem Teppich aus frischem Gras. Das Tal öffnete sich nach Westen, am golden flammenden Himmel war soeben die Sonne untergegangen, und die Wachteln ließen ihre letzten Rufe erschallen. Bunny tat das Herz weh vor Sehnsucht – Wachteln, das bedeutete Dad, die schönen Berge von Paradise und ein Glück, von dem er vergeblich geträumt hatte.
    Nun war es an Rachel, zu träumen. «O Bunny, das

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