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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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gesellschaftlichen Mahlstrom schubsen wollte. Puh, nein, er hatte eine Heidenangst vor diesen ganzen Oberbonzen, besonders vor den Frauen; wenn sie ihn durch ihr Locknetz – oder wie das Ding hieß 25 – anstarrten, kam er sich vor wie ein Kartoffelkäfer. Was sollte er mit Leuten reden, die einen Unterschneider nicht von einem Pumpgestängedreher unterscheiden konnten?
    Diese ungehobelte Einstellung hatte Bunny übernommen, weil er sie für «schick» hielt – so stichelte seine Schwester. Natürlich ließ sich eine junge Dame von achtzehn Jahren selten dazu herab, einen sechzehnjährigen Jungen überhaupt wahrzunehmen, aber Berties reiche Freundinnen hatten jüngere Brüder und Schwestern, und Bertie wollte, dass Bunny sich das Öl unter den Fingernägeln wegkratzte, in diese elegante Welt eintauchte und sich ein Mädchen suchte, das lohnender war als Rosie Taintor. Bunny, immer erpicht auf Neues, probierte es eine Weile, musste aber gestehen, dass dieses unbeschreiblich reiche Jungvolk ihn nicht besonders interessierte; weder wussten noch konnten sie etwas Bemerkenswertes. Sie redeten nur übereinander und ergingen sich in ihrem Jargon in dermaßen vielen unverständlichen Anspielungen, dass es sich fast schon nach einer Fremdsprache anhörte. Bunny fand keinen von ihnen sympathisch genug, um diese Sprache enträtseln zu wollen; lieber zog er seine Arbeitskleidung an und fuhr hinaus zu den Bohrlöchern, und wenn es keine andere Roughneck-Arbeit gab, half er dem Spillmann oder den Turmschmieden beim Rauskratzen der Unmengen von Sand und zermahlenem Gestein, die mit der Spülung hochkamen und ständig den Zulauf zum Saugbecken verstopften.
    Unterdessen dachte Bunny nach, und bald hatte er einen Plan. «Dad», sagte er, «was ist mit dieser Hütte, die wir in Paradise bauen wollten?»
    «Was soll damit sein?», fragte Dad.
    «Paul schreibt, dass Ruth jetzt bei ihm wohnt. Wenn wir also im nächsten Herbst Wachteln schießen gehen, gibt es dort keinen Platz mehr für uns. Wir könnten doch jetzt hinfahren, dort Ferien machen und diese Hütte bauen.»
    «Aber Junge, dort hat’s im Sommer eine Bullenhitze!»
    Bunny wusste nicht recht, was Bullen damit zu tun hatten, antwortete aber, Paul halte es auch aus, außerdem sei Schwitzen gesund, Dad werde zu dick, und während Bunny mit Paul zimmere, könne er in einem Palm-Beach-Anzug unter der Bougainvillea sitzen, das wäre doch eine Abwechslung, Bunny würde Dr. Blakiston bitten, es ihm zu verschreiben. Daraufhin grinste Dad und sagte, na gut, er könne diese beiden Watkins’ ja gleich adoptieren, dann sei endlich Ruhe.
    So fuhren sie, das Zelt im Gepäck, zur Rascum-Ranch. Paul und Ruth bestanden darauf, das Haus zu räumen; Ruth schlief im Zelt, und Paul machte sich ein Bett auf dem leeren Heuboden. Paul hatte sich ein Pferd und einen Pflug gemietet, einen üppigen Gemüsegarten und große Bohnenfelder angelegt und Erdbeeren gepflanzt, die er mit einem kleinen Handkultivator pflegte; sie hatten ein halbes Dutzend Ziegen, viel Milch und einige Hühner, um die sich Ruth kümmerte.
    Aber das Unglaublichste war, dass Paul die Bücher aus Richter Minters Bibliothek bekommen hatte. Die meisten lagerten noch in Kisten, weil nirgendwo Platz für sie war; aber aus einer Kiste hatte Paul ein paar Regalbretter gezimmert, und dort standen nun Huxley, Haeckel, Renan 26 und andere für das Seelenheil absolut verhängnisvolle Schriftsteller. Pap hatte sich geschlagen gegeben, berichtete Ruth, plötzlich sei sie zu erwachsen, zu groß, um noch verdroschen zu werden, außerdem habe Pap einen gräulichen Rheumatismus, den nicht mal Eli heilen könne. Dad sagte, wenn er das Bauholz für die Hütte bestelle, nehme er gleich noch ein paar Bretter für Bücherregale dazu, dann könne Paul sie im Lauf des Winters zusammenzimmern. Wieder kam es zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen Dad und Paul, bis Dad sagte, das sei schließlich sein Haus, er werde doch wohl das Recht haben, Bücherregale aufzustellen, wenn er welche brauche. Paul könne ihm ja ein paar Bücher leihen, wenn er herkomme, und ihm, alt wie er sei, ein bisschen Bildung beibringen.
    Sie waren eine glückliche Familie; an diesem Ort ließ es sich leben, denn Dad war von seinen Bohrlöchern abgelenkt und von dem Ärger mit einem seiner besten Vorarbeiter, der eine dumme Gans geheiratet hatte und mit seinem Kopf nicht mehr bei der Sache war. Sie kauften das Bauholz bei einem Händler in Roseville, Paul war der Zimmerermeister

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