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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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erwarten, dass Dad eine öffentliche Straße auf eigene Kosten ausbessere, bloß um das Recht zu erwerben, zigtausend Dollar Steuern in die Bezirkskasse zu zahlen. All dem konnte Mr Carey nur zustimmen.
    Es sei eine Zeitfrage, fuhr Dad fort; falls die Behörden rumtrödelten und ihn hinhielten – na, dann hatte er jede Menge andere Grundstücke, auf denen er bohren konnte, dann behielt er das hier als Jagdrevier für Wachteln. Mr Carey machte ein besorgtes Gesicht und sagte, er wolle sein Bestes tun, aber Mr Ross verstehe sicher, dass es bei öffentlichen Angelegenheiten nicht so schnell gehe; um eine neue Straße bauen zu können, müsse man Obligationen ausgeben, und um die zu bewilligen, müsse ein außerplanmäßiges Votum abgehalten werden. Dad antwortete, um das herauszufinden, sei er ja hergekommen; wenn die Dinge so lägen, sei die Sache, was ihn betreffe, erledigt. Ob es nicht eine Möglichkeit gebe, sofort anzufangen, mit der Begründung, dass es sich hier um die Ausbesserung einer alten Straße handle und nicht um den Bau einer neuen? Mr Carey sagte, natürlich hätten sie Mittel für Ausbesserungsarbeiten, er wisse nicht genau wie viel, er müsse erst mit seinen Kollegen im Verwaltungsrat reden.
    Mr Carey erhob sich und schlenderte mit Dad und Bunny zum Auto hinunter, und während sie plaudernd dastanden, zog Dad einen Umschlag aus der Tasche und sagte: «Mr Carey, ich nehme eine Menge von Ihrer Zeit in Anspruch, und es wäre ungerecht, wenn Sie umsonst arbeiten müssten. Ich hoffe, Sie kriegen es nicht in den falschen Hals, wenn ich Sie frage, ob ich die Kosten übernehmen darf, die Ihnen durch Benzin und Reifenabnutzung entstehen, wenn Sie rumfahren, um das alles zu erledigen.» Mr Carey zögerte. Er wisse nicht, ob das ganz korrekt sei, und Dad erwiderte, es verstehe sich von selbst, dass dies nur eine Entschädigung für Mr Careys Zeitaufwand sei, sein Urteil werde davon nicht beeinflusst, sie hätten bestimmt noch anderes zu tun, und vielleicht würde Dad eines Tages eine Aufschlussbohrung auf Mr Careys Ranch vornehmen. Der andere steckte den Umschlag ein und sagte, Dad werde bald von ihm hören.
    Nun hatte Bunny in der Schule ein Unterrichtsfach namens «Staatsbürgerkunde», und dort lernte er, wie die Regierung seines Landes funktionierte. Die Klasse hatte heftig diskutiert, unter anderem war die Rede auf die «Korruption der Beamten» gekommen. Bunny hatte – natürlich ohne anzudeuten, dass er in solchen Dingen persönliche Erfahrungen besaß – die Lehrerin gefragt, ob es möglich sei, dass ein Geschäftsmann einem Beamten für seine Zeit und Mühe eine Extrasumme zahle, und die Lehrerin hatte einen solchen Vorschlag empört zurückgewiesen, das sei unzweifelhaft Bestechung. Bunny erzählte Dad davon, und dieser erklärte, das sei eben der Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Die Lehrerin müsse niemals eine Bohrung niederbringen, sie brauche für ihre Arbeit kein schweres Gerät über einen Trampelpfad transportieren, sie tue nix anderes wie in einem Zimmer sitzen und hochgestochene Wörter von sich geben wie «Ideale», «Demokratie» und «Staatsdienst». Das sei eben das Ärgerliche an diesem ganzen Schulkrempel; die Lehrer hätten nie was Richtiges gemacht und hätten im Grunde keine Ahnung vom wirklichen Leben.
    In diesem Fall lief alles auf folgende Frage hinaus: Wollten sie auf dem Watkins-Grund bohren oder nicht? Natürlich konnten sie zehn Jahre warten, bis im Lauf der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Bezirks ein anderer daherkam und tat, was Dad jetzt tun wollte – den Behörden Kufen unterschieben und diese Kufen «schmieren». Nicht wenige Amtspersonen waren habgierig und legten es geradezu darauf an, einen hinzuhalten und auszunehmen, andere waren nur ahnungslos und gleichgültig, aber wie auch immer: Wenn man wollte, dass etwas erledigt wurde, musste man zahlen. Dad erklärte den Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Geschäften; in der eigenen Firma war man der Chef, man ging voran und führte sein Vorhaben durch, aber sobald man es mit Behörden zu tun bekam, traf man überall auf Korruption, Verschwendung und Misswirtschaft, ganz schlecht konnte einem davon werden. Dennoch gab es ein paar Irre, die nach dem Staat als Eigentümer schrien, sogenannte Sozialisten, die alles der Regierung überlassen wollten. Wenn es nach denen ginge, müsste man erst ein Dutzend Formulare ausfüllen und abwarten, wie die Behörde entschied, bevor man einen Laib Brot kaufen

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