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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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dass er mir einmal von seiner Zeit in Ouagadougou erzählt hatte. Das war in den letzten Tagen von General Abacha gewesen, als der Druck auf Journalisten und die Aktivisten der Pro-Demokratie-Bewegung am unerträglichsten und Zaq nach Burkina Faso geflohen war, um sich eine Weile bedeckt zu halten und Abachas unvermeidlichen Sturz abzuwarten. Das hatte er mir an dem Tag erzählt, nachdem wir das leere Grab geöffnet hatten, an dem Tag, an dem Naman uns verboten hatte, die Insel zu verlassen. Er trank, lag auf seiner Matte, starrte an die Decke, und wie immer fragte er mich: Hast du dir in deinen verrücktesten Träumen je vorgestellt, mal hier zu landen, in dieser Hütte, von einem die Natur anbetenden Priester gefangen gehalten? Aahh, so ist das Leben. Von all den Orten, an denen ich gewesen bin, ist mir nur ein einziger im Gedächtnis geblieben. Und du errätst nicht, niemals, welcher.
    »London? New York? Paris? Johannesburg?«
    »Nein. Gar nichts so Ausgefallenes. Ouagadougou. Wenn ich die Zeit in meinem Leben zurückdrehen könnte, wieder an einem Ort sein könnte, dann wäre es Ouagadougou.«
    »Ouagadougou? Warum?«
    »Ich habe dort eine Frau kennen gelernt, und wir haben vier Monate zusammengelebt.«
    Und er schloss die Augen, das Gesicht zur Decke gerichtet, und ich wartete und wartete, dass er weitererzählte, aber er sagte nichts mehr. Das Lächeln auf seinen Lippen blieb, bis er eingeschlafen war. Vielleicht war er jetzt dort, in diesem Augenblick, in Ouagadougou, machte noch einen letzten Umweg, um noch einmal seine Freunde zu besuchen, bevor er in die Ewigkeit einging. Was und wo immer das ist.
    Auf dem Rückweg kam ich wieder an den beiden Männern vorbei und erneut hielten sie inne und nickten mir zu, und ich erwiderte ihren Gruß. Boma wartete am Rand des Skulpturengartens auf mich. Sie hatte ein langes weißes Gewand an. Ich blieb stehen und zeigte darauf.
    Sie sah gut aus. Ein Lächeln lag auf ihrem Gesicht.
    »Na, du siehst gesund aus, glücklich.«
    »Ich bin glücklich, dass du heil wieder da bist. Du bist fort, ohne mir Bescheid zu sagen.«
    »Ich bin ja wieder da.«
    »Und die Weiße?«
    »Ist noch dort. Ich habe eine Nachricht von den Entführern für ihren Mann.«
    »Wird sie wieder?«
    »Ja. Heute treffe ich mich mit ihrem Mann und bin mir sicher, dass er das Richtige tun wird. Uns bleiben nur noch ein paar Stunden, bevor die Fähre kommt. Du musst dich fertig machen.«
    Sie drehte sich um und schaute zum Schrein hinüber, wo sich einige Glaubensanhänger in einer Reihe aufzustellen begannen und auf die morgendliche Prozession ans Meer vorbereiteten. Sie drehte sich wieder zu mir um.
    »Ich habe beschlossen zu bleiben.«
    »Hier?«
    Sie nickte.
    »Hier gefällt es mir. Ich mag die Menschen und ich spüre, wie ich mich auf eine Weise entspanne, wie ich das lange nicht mehr erlebt habe. Ich komme zur Ruhe.«
    »Nun, wenn du dir sicher bist …«
    Sie trat zu mir und umarmte mich, dann ließ sie mich stehen, um sich der Prozession anzuschließen. Ich stieg auf den kleinen Hügel, der über das Meer schaute. Die Fähre würde nicht vor dem Nachmittag kommen. Bevor wir fuhren, wollten Gloria und ich mit Boma und Naman mittagessen, aber bis es soweit war, wollte ich vielleicht ein letztes Mal hier sitzen und zusehen, wie die Glaubensanhänger ins Wasser schritten. In der Ferne, am Rand der Lichtung, an der die Hütten begannen, sah ich eine untersetzte Gestalt in weißer Jacke mit Gloria reden: Es war Dr. Dagogo-Mark.
    Hinten am Horizont schickten die Abgasfackeln immer noch Rauch in die Luft, und einen Augenblick lang stellte ich mir vor, wie irgendwo am Fluss eine Raffinerie in Flammen aufging, vom Professor und seinen Leuten gesprengt – wenn nicht über Nacht etwas geschehen war, das sie aufgehalten hatte. Ich stellte mir vor, wie sich riesige Rauchvorhänge und gigantische Feuerwände in die Luft erhoben und abertausende Liter Öl auf dem Wasser ausbreiteten, das Gewicht des Öls unerbittlich wie die Schlinge eines Henkers um den Hals jedweder Lebensform darunter. Ich dachte an Isabel, die da draußen im Wald war und wartete. Vielleicht musste sie nicht lange warten. Alles konnte morgen schon vorbei sein, und dann würde eine Zeit anbrechen, in der sie seelisch heilte, aber da würde sie sich schon irgendwo an einem weit entfernten Ort befinden, bei den Ihren. Zwei Wochen weiter, und wenn sie zurückblickte, wäre das alles nur noch eine Erinnerung, eine Anekdote, die man beim Abendessen

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