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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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wieder so einfach gelingen, aber man kann die Leute nicht immer für dumm verkaufen. Meine Männer sahen und verfolgten ihn, und er verlor die Kontrolle über sich. Er sprang von der Klippe und fiel auf die Felsen unten. Er war sofort tot.«
    Ich schloss die Augen.
    »Der Fluss hat seinen Leichnam fortgespült. Eine Tragödie, nicht wahr?«
    »Ich kann es kaum glauben …«
    Der Professor trat näher, bis er unmittelbar vor mir stand, aber das Drohende dieser Geste wurde dadurch geschmälert, dass er so klein war – seine Augen lagen gerade einmal auf Höhe meines Kinns. Zwei seiner Männer traten ebenfalls vor, und diese Kombination der Gewalt zwang mich, einen Schritt zurück zu treten, doch ich spürte keine Furcht.
    »Schimpfst du mich einen Lügner, Reporter?«
    »Nein, Professor. Ich kenne Sie nicht gut genug, um das zu tun.«
    Er sah mich eine Weile an, und dann drehte er sich um und sprang in seine Hängematte zurück, sodass die kurzen Beine in der Luft baumelten. Seine schweren Militärstiefel schlugen aneinander und ließen Schlammtropfen ins Gras fallen. Er streckte eine Hand aus, und einer seiner Männer gab ihm ein Gewehr.
    »Ihr Reporter, ihr wisst immer mit Worten zu spielen – ich aber, ich bin Soldat, ich weiß, wie man kämpft, und ich werde nicht aufhören zu kämpfen, bis ich mein Ziel erreicht habe. Schreib das, wenn du wieder zuhause bist.«
    »Das werde ich.«
    »Ich habe dich herbringen lassen, um dich freizulassen. Du kannst gehen. Es wartet ein Boot auf dich. Einer meiner Männer wird dich zu einem Dorf in der Nähe bringen und dann bist du auf dich gestellt. Wir ziehen in eine Operation; du hast vielleicht gemerkt, dass sich das ganze Lager vorbereitet. Morgen um diese Zeit wird eins der größten Öllager in Flammen stehen. Ich will, dass du darüber berichtest, ihnen sagst, dass ich dafür verantwortlich bin. Mehr kann ich dir dazu nicht sagen, nur, dass der Krieg gerade erst anfängt. Wir werden der Regierung und den Ölfirmen einen dermaßen heißen Tanz bereiten, dass sie zum Rückzug gezwungen sein werden. Das ist alles, was ich im Augenblick sagen kann.«
    »Was wird mit der Frau?«
    »Die Frau ist sicher; davon kannst du dich überzeugen.«
    Hinter den Bäumen war eine Bewegung zu erkennen und zwei Männer tauchten auf, die Isabel flankierten. Sie sah so aus, wie ich sie zuletzt gesehen hatte, trug immer noch dieselben Kleider, das Haar war erschreckend kurz geschnitten, doch entdeckte ich in ihrer Haltung und ihrem Blick eine feine Veränderung, eine Art Resignation, eine Unterwerfung unter die fremden und undurchschaubaren Kräfte, die sich mitunter unseres Lebens bemächtigen und gegen die man nicht ankommt. Ich wollte zu ihr gehen, aber einer der Männer richtete sein Gewehr auf mich und schüttelte den Kopf. Mein Blick kreuzte ihren und ich nickte und sie nickte, dann drehte sie sich um und wurde von den Männern weggeführt.
    »Bring ihrem Mann diesen Umschlag: Da sind weitere Haare von ihr drin. Sag ihm, dass seine Frau in Sicherheit ist, dass wir aber für ihre Sicherheit nicht mehr garantieren können, wenn wir nicht inner halb von zwei Tagen von ihm hören. Uns geht langsam die Geduld aus. Zwei Tage, mehr nicht.«
    »Es geht noch um eine andere Frau, von Irikefe. Sie heißt Gloria, Ihre Männer haben sie vor einigen Tagen …«
    »Aahh, die Krankenschwester. Die ist weg. Wir haben sie vor ein paar Tagen freigelassen. Glaubst du etwa, wir würden sie gegen ihren Willen festhalten, sie vielleicht sogar vergewaltigen? Wir sind nicht die Barbaren, als die die Regierungspropaganda uns immer darstellt. Wir stehen auf Seiten des Volkes. Alles, was wir tun, ist zu seinem Wohl. Was würde es uns also bringen, wenn wir es terrorisierten? Ich spreche natürlich nur für mich und meine Gruppe. Mir ist klar, dass es da draußen Kriminelle gibt, die unter dem Deckmantel des Freiheitskampfes plündern und töten, aber so sind wir nicht. Diese Art Rebellen ist unser Feind. Deshalb lasse ich dich auch gehen, damit du die Wahrheit schreiben kannst. Und bei allem, was du schreibst: Sei vorsichtig, sei vorsichtig. Ich beobachte dich. Ich habe überall meine Leute.«
    »Ich werde nur die Wahrheit schreiben.«
    Er sprang aus der Hängematte und kam auf mich zu, bis sein Kinn beinahe meine Brust berührte. Dieses Mal bohrte er mir einen Finger in die Brust, den Blick fest und unverwandt in meine Augen gerichtet.
    »Schreib nur die Wahrheit. Erzähl ihnen von den Abgasfackeln, die man nachts

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