Öl-Connection
Die Reederei TAS wird aufgefordert, das Schiff aus dem Verkehr zu ziehen.«
Damit war die Besichtigung beendet. Dozek und Pusenke durften die Unico II verlassen, mit der Auflage, sich den Behörden zur Verfügung zu halten. Man brauchte sie als Zeugen gegen den Kapitän Svensson und den Reeder Pierre Jeanmaire.
Hintze war mit dem Ende des ›Dramas an der deutschen Küste‹, wie es die Presse pathetisch nannte, sehr zufrieden. Das Seeamt, die Experten und auch Dr. Bergfried ließen ihn in dem Glauben, gesiegt zu haben. Aus Bonn traf per Fax eine Belobigung vom Bundesverkehrsminister ein, die Hintzes Brust schwellen ließ und die Hoffnung nährte, bald zum Ministerialdirigenten befördert zu werden.
Zwei Tage später erschienen in Hamburg, im Hafenkrankenhaus, ein Staatsanwalt, ein Oberkommissar der Kripo und ein Protokollführer, um Kapitän Svensson zu vernehmen. Der Chefarzt der Chirurgischen Abteilung empfing sie in seinem Zimmer und hörte sich die Wünsche der Staatsanwaltschaft an.
»Ich bedaure«, sagte er dann, »aber Herr Svensson ist nicht vernehmungsfähig.«
»Wieso?« Der Staatsanwalt war etwas ungehalten. »Ein Rippenbruch ist doch nicht lebensgefährlich. Ich habe mir selbst beim Skifahren schon einmal eine Rippe gebrochen.«
»Herr Svensson hat keinen Rippenbruch, das heißt, er hat einen, aber der ist nicht von Bedeutung.«
»Na also. Wann können wir ihn sprechen?«
»Herr Svensson hat eine Milzruptur gehabt. Der ganze Bauchraum war voller Blut. Wir haben die Milz entfernt und das Blut abgesaugt, aber sein Zustand ist infolge starken Blutverlusts sehr ernst. Er ist zu spät eingeliefert worden. Es sind Verklebungen im Bauchraum und an den Därmen entstanden, die wir operativ nicht mehr beheben können. Außerdem ist eine Bauchfellentzündung diagnostiziert.«
»Das heißt …« fragte der Staatsanwalt, sichtlich enttäuscht.
»Ja, das heißt es. Es besteht kaum noch Hoffnung. Wir haben Frau Svensson einfliegen lassen; sie sitzt am Bett ihres Mannes und wartet gefaßt auf das Ende. Der Patient liegt seit fünf Stunden im Koma.«
»Das ist fatal. Herr Svensson wäre der einzige gewesen, der uns über das Unglück der Unico II hätte Auskunft geben können. Wir hätten seine Aussage gebraucht, um den Reeder Jeanmaire zur Verantwortung zu ziehen.«
»Zu spät, Herr Staatsanwalt.« Der Chefarzt erhob sich. »Wollen Sie sich selbst von dem Zustand des Patienten überzeugen?«
»Danke. Ich zweifle keineswegs Ihre Diagnose an, Herr Professor. Besteht die geringste Hoffnung?«
»Ich sagte schon: Nein! Bei diesem Zustand gibt es keine Wunder mehr.«
Am frühen Morgen des nächsten Tages starb Kapitän Gunnar Svensson.
Seine Frau Karin hielt seine Hände, bis ein tiefer Atemzug ihn von seinem Leiden erlöste. Sie war so tapfer, nicht zu weinen, sondern blickte nur unverwandt in sein gelbes, zusammengefallenes Gesicht. Sie küßte ihren Mann ein letztes Mal, zog dann das Leintuch über sein Gesicht und sagte zu der Schwester, die betend am Fußende des Bettes stand:
»Er hat bis zuletzt auf seinem Schiff ausgehalten. Er hat nicht wie die anderen die Flucht ergriffen. Ich bin stolz auf ihn. Aber ich werde jedes Schiff hassen, das an mir vorbeifährt, und ich werde diese Mordsee hassen, die mir meinen Mann genommen hat. Mit diesem Haß will ich leben, bis wir uns im Jenseits wiedersehen.«
An den Reeder Pierre Jeanmaire dachte sie nicht, denn sie kannte nicht die wahren Zusammenhänge und den wirklich Schuldigen.
Per Fax teilte die Hamburger Staatsanwaltschaft Jeanmaire mit, daß die Unico II beschlagnahmt worden sei. Er wurde aufgefordert, nach Hamburg zu kommen und eine Stellungnahme abzugeben.
Jeanmaire legte das Fax auf seinen Schreibtisch, schüttelte den Kopf, als wolle er sagen: Immer diese Deutschen!, und rief den panamesischen Minister für Schiffahrt, Don Fernando Lopez Sendora, an.
»Fernando«, sagte er im gemütlichen Plauderton, »du kannst einen scharfen Protest loslassen! Die Deutschen haben meine Unico II an die Kette gelegt und fordern mich auf, alle Kosten für die Bergung des Schiffes zu übernehmen und es zu verschrotten. Ich hoffe, daß du die Sache auf diplomatischem Wege regeln kannst. Diese Deutschen müssen immer ihre Muskeln spielen lassen! Zeig ihnen, daß sie nur kleine, lauwarme Würstchen sind …«
Der Protest aus Panama traf umgehend in Bonn ein. Der panamesische Botschafter übergab persönlich die Note dem Staatssekretär des Bundesaußenministers. Das
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