Öl-Connection
einen Angestellten der Iberia, der einmal gegen einen Händedruck mit 10.000 Peseten übersehen hatte, daß Armand eine Beretta in der Hosentasche trug, und so war es auch kein Problem, ein Ticket zu bekommen. Teneriffa- Madrid-Hamburg. Natürlich erster Klasse.
Am Abend traf er in Hamburg ein – er hatte in Madrid vier Stunden Aufenthalt gehabt – und ließ sich ins Atlantic fahren. Er konnte im Grill noch sein geliebtes Lammkarree essen, das er mit einer Flasche Montraché 1981 krönte. Danach wollte er im Stadtteil St. Georg noch einen Geschäftsmann besuchen, einen Mann, der mit ausgesuchten Antiquitäten handelte und in der Hamburger Gesellschaft sehr angesehen war. Im Keller des Experten für Biedermeier und Jugendstil lagerten allerdings andere Kostbarkeiten: Waffen, von der leichten Damenpistole mit Perlmuttgriff bis zur russischen Kalaschnikow, vom sagenhaften israelischen Schnellfeuergewehr bis zu leichten Granatwerfern. Das Glanzstück war eine panzerbrechende Rakete.
Armand kaufte ein zusammenlegbares Schnellfeuergewehr mit Zielfernrohr und Schalldämpfer, fünfzig Schuß Stahlmantelpatronen – man konnte nie wissen, wofür –, und bezahlte dafür eine Summe, für die er sonst ›Kleinkram‹, etwa einen lästigen Ehemann, beseitigt hätte.
Am nächsten Morgen ließ er sich zeitig an die Elbmündung bringen und besichtigte das Zirkuszelt. Er lief einmal rundherum, fertigte eine Skizze mit allen Ausgängen an und konnte sogar in das Zelt hinein. »Ich bin vom NDR«, sagte er zu einem Arbeiter, der noch Stühle aufstellte. »Wir wollen sehen, wo wir am besten die Kameras plazieren.«
Armand machte einige Fotos, schätzte die Entfernung ab und war zufrieden. Mit seinem Gewehr war es möglich, aus der hintersten Reihe, gleich neben einem Ausgang, Heßbach zu treffen. Der Kapitän würde im vollen Scheinwerferlicht stehen oder sitzen, eine geradezu ideale Schießscheibe. Ehe man überhaupt merkte, was geschehen war, würde Armand längst verschwunden sein.
Für Gérard Armand war Lothar Heßbach jetzt schon ein toter Mann. Alles, was kommen würde, war nur noch das Abspulen eines perfekten Plans.
Im Atlantic zerlegte und setzte er das Schnellfeuergewehr wieder zusammen, immer und immer wieder, bis er jeden Handgriff mit geschlossenen Augen beherrschte. Er war ein Perfektionist. Darauf gründete sein Ruhm. Bei ihm gab es keine Pannen; daß er Heßbachs Spur für einen Augenblick verloren hatte, rechnete er nicht zu den Pannen.
Armand schlief in dieser Nacht ruhig und vor allem allein. Auch das war eines seiner Prinzipien: Vor einer Aktion kein Weib! Er mußte am Tag des Einsatzes ganz ruhig sein, ganz konzentriert, mit scharfem Auge und ungetrübtem Blick, völlig ruhiger Hand und eiskalter Sinne.
Die Internationale Pressekonferenz war auf 10 Uhr vormittags angesetzt. Um das Zelt entstand Chaos. Funkwagen, Polizei, Ordner und Hunderte von Autos versperrten Zufahrtsstraßen und Eingänge. Sogar ein Polizeihubschrauber kreiste über dem Zelt. Die Kontrollen waren flüchtig. Wer einen Ausweis mit Lichtbild und Stempel zeigte, wurde eingelassen. Ein Gesangverein, der für seine Mitglieder Ausweise ausgegeben hatte, durfte ebenso ungehindert eintreten wie Mitglieder eines Kleingärtner-Vereins, die ihre Mitgliedskarten vorzeigten. Auch Armand hatte sich einen Ausweis beschafft: Es war die Zimmerkarte des Atlantic. Er war sich sicher, bei diesem Ansturm von Reportern im Gedränge mit dieser Karte nur wedeln zu brauchen, um mit dem Strom in das Zelt geschwemmt zu werden.
Um 9 Uhr morgens fuhr er hinaus zur Elbmündung, um rechtzeitig in der Menge unterzutauchen. In einer Aktentasche trug er das auseinandergenommene Gewehr bei sich. Mit dieser Waffe glaubte sich Armand gegen alle Zufälle gerüstet. Doch die fremde Stadt hielt für den Franzosen noch ganz andere Fallen bereit. Denn bis Armand merkte, daß er vom falschen Ende in eine Einbahnstraße hineingefahren war, war es schon zu spät. Nur mit viel Geschick konnte er einem entgegenkommenden Wagen noch ausweichen, der Fahrer tippte gegen die Stirn und hupte wie ein Verrückter. Armand fuhr rechts heran, stoppte und sah sich um. Aber da war Polizeihauptwachtmeister Hüppe schon zur Stelle.
»Bitte, steigen Sie aus. Ihren Ausweis, Ihren Führerschein und die Wagenpapiere bitte.«
Armand kurbelte das Fenster herunter und beugte den Kopf heraus. »Ich weiß, daß ich verkehrt gefahren bin. Ich entschuldige mich.«
»Mit Entschuldigen ist das nicht
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