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Öl-Connection

Öl-Connection

Titel: Öl-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und holte neue Papiere heran. Mit Hilfe eines Gutachtens demonstrierte er nun die verschiedenen Ursachen für Tankerunglücke. Seine Ausführungen verdeutlichten, daß in den meisten Fällen grobe Fahrlässigkeit mit im Spiel ist.
    In der Mitte des Zeltes erhob sich ein Reporter.
    »Warum«, rief er, so laut er konnte, »geschieht nichts, wenn man das alles weiß? Wo bleibt die Verantwortung der Regierungen? Warum werden gesetzliche Regelungen verhindert oder verschoben?«
    »Richten Sie diese Frage an Bonn und an die anderen Regierungen, die zuerst ihre nationalen Interessen wahrnehmen, denn diese Interessen werden von der Industrie diktiert, immer mit der gleichen Drohung: Massenentlassungen, wenn es zu staatlichen Behinderungen kommt.«
    »Sauerei!« brüllte jemand aus der Menge.
    »Ich könnte Ihnen noch weitere Beispiele bringen, aber ich weiß, daß mein Vortrag sowieso schon zu lang ist, und viele von Ihnen sehnen sich sicher nach einem kühlen Bier. Wer gehen will … ich nehme es ihm nicht übel! Ich hätte jetzt auch gerne ein Pils.«
    Lachen im Zelt, aber niemand stand auf. Heßbach registrierte es mit Begeisterung: Ich habe sie überzeugt. Ich habe ihren Nerv getroffen. Was sie heute hier erleben, werden sie nicht vergessen. Denn das ist das Rätselhafte am Menschen: Er vergißt zu schnell. Heute aber erkennt er, daß es nicht nur um ihn, sondern um seine Kinder und Enkel und weitere Generationen geht.
    »Fahren wir fort«, sagte er und blickte hinunter zu Luise, die ihm stumm zuklatschte. Der alte Bertram biß grimmig auf seinem Pfeifenmundstück herum.
    Im letzten Teil seines Vortrags ging Heßbach nun auf Sicherheitsmaßnahmen und -vorschriften ein und gab einen Überblick über die technischen Möglichkeiten des Schiffbaus. Dabei hielt er auch nicht mit der Tatsache hinterm Berg, daß die immer wieder geforderte generelle Doppelwandung von Öltankern noch lange keine zufriedenstellende Lösung des Problems darstellte. Es stimme zwar, daß ein doppelwandiger Tanker nicht so leicht leckschlagen werde, aber im Falle einer Kollision garantiere eine Doppelwandung kaum zusätzliche Sicherheit. Ein solches Schiff laufe nur langsamer aus.
    Im Zelt hielt die Unruhe an. Helfer der Umweltorganisationen liefen mit Mikrofonen durch die Reihen. Heßbach ermunterte die Zuhörer zu Zwischenfragen.
    »Gerade die Forderung nach doppelwandigen Schiffen ist doch eine Grundvoraussetzung der Tankersicherheit!« sagte ein Reporter. »Wenn eine Doppelwandung so wenig zusätzliche Sicherheit bedeutet, was soll denn dann geschehen?«
    »Der neueste Vorschlag ist, die Schiffstanks in kleinere Parzellen aufzuteilen und gut abzuschotten. Bei Unfällen würde dann weniger Öl auslaufen. Aber das kostet Geld, die Baukosten würden sich erhöhen.«
    »Und das würde natürlich das Öl weiter verteuern!« rief jemand.
    »Wenn wir alle für unser Benzin drei bis fünf Pfennig mehr bezahlen würden, könnte man sicherere Tanker bauen.«
    »Immer die Autofahrer!« schrie ein Journalist. Brausender Beifall bestärkte ihn. »Sie werden von allen gemolken: von der Steuer, von der Öl-Industrie, von den KFZ-Herstellern. Und alle übrigen Beteiligten bekommen ihren Gewinn zusätzlich vergoldet.«
    Donnernder Beifall. Auch der alte Bertram klatschte in seine dicken Hände. Heßbach blickte zu ihm hinunter und schüttelte den Kopf. Du alter Narr, dachte er. Drei Pfennig mehr pro Liter Benzin sind dir zuviel … aber die Kosten für die Behebung der angerichteten Schäden geht schon heute in Milliardenhöhe.
    »Gibt es noch andere Verbesserungsvorschläge?« rief ein anderer Reporter. »Von Unglücken haben wir nun genug gehört.«
    »Es gibt viele Ansätze!« antwortete Heßbach. »Aber augenblicklich werden die Maßnahmen an allen Fronten weniger als halbherzig vorangetrieben. Wenn das so weitergeht, werden die Meere tot sein, ehe auch eine der Verbesserungsmaßnahmen Wirkung zeigen kann. Dabei können wir immer nur eine Verminderung der Zahl der Tankerunfälle erreichen. Denn solange diese Ölriesen auf unseren Meeren fahren, solange der Schiffsbau nicht absolut sichere Schiffe konstruiert – was gar nicht möglich ist –, solange wird es immer wieder Tankerunfälle geben, durch menschliches Versagen, durch sogenannte ›höhere Gewalt‹ und Materialfehler. Ich wiederhole: Es wird immer Tankerunglücke geben, und es werden immer Millionen Tonnen Öl in die Meere fließen, denn der Energiebedarf wächst von Jahr zu Jahr. Aber gibt es dazu

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