Öl-Connection
eine Alternative?«
Ratlosigkeit machte sich breit.
»So wie es augenblicklich aussieht, bleiben uns kaum mehr als vorsorgende Maßnahmen, um das Schlimmste zu verhindern. Fest steht, daß auf allen Stufen die Kontrollen verschärft werden müssen, um vor allem unseriösen Klassifikationsgesellschaften das Handwerk zu legen. Und um in Zukunft der Vertuschung von Verantwortlichkeiten vorzugreifen, sollte ein genauer international gültiger Aktionsplan ausgearbeitet werden, der das Vorgehen bei Schiffahrtsunglücken festschreibt.«
»Wumm! Das saß!« sagte der alte Bertram. »Jetzt wird man nicht nur meinen Schwiegersohn, sondern auch diejenigen in die Mangel nehmen, die ihm das Zahlenmaterial geliefert haben. Glaubt nicht, daß die Reeder das wortlos hinnehmen! Ich bin auf die nächsten Wochen gespannt.« Er steckte seine Pfeife in die Rocktasche. »Gehn wir. Wir haben jetzt drei Stunden hier gesessen, und was ist dabei herausgekommen? Große Worte, Anklagen, Statistiken – Kanonenschüsse zum Mond, den sie nie erreichen. Es wird sich nichts ändern! Wie auch?«
Der alte Bertram stand auf, verzichtete auf die sich anschließende Diskussion und verließ das Zelt. Seine Frau folgte ihm gehorsam, aber Luise blieb sitzen und nickte Heßbach ermunternd zu. Mach weiter, Liebling, hieß das, laß dich nicht unterkriegen. Endlich hat jemand die Wahrheit gesagt, vor der Weltöffentlichkeit und nicht verschämt in Fachblättern. Mach weiter … mach weiter … und wenn du jetzt ein Heer von Feinden hast, du bist stark, Lothar, stärker als alle anderen. Ich will zu dir stehen.
Heßbach blickte zu ihr hinunter und nickte zurück. Er war erschöpft und heiser und sehnte sich jetzt wirklich nach einem Bier. Aber die Konferenz ging weiter. Zuviel Fragen standen im Raum.
Zuerst erhob sich Irmgard Kammer und griff nach einem Mikrofon. Irmgard Kammer, Abgesandte von Greenpeace, war allen Reportern bekannt. Sie war selbst mit einem Schlauchboot vor einem Verklappungsschiff geschwommen und von den Wasserkanonen des Frachters verjagt worden.
»Greenpeace warnt schon lange vor den Tankerhavarien«, sagte sie, »denn bei dem derzeitigen Zustand der Schiffe sind Unglücke fest vorprogrammiert. Drei von vier Supertankern sind schrottreif …«
»Das haben wir schon gehört!« rief ein Reporter ihr zu. »Kauen Sie nicht alles wieder! Meckern kann jeder. Kommen Sie mal mit Lösungsvorschlägen.«
»Greenpeace hat oft darauf hingewiesen, jedoch ohne Erfolg!« Irmgard Kammers helle Stimme tönte durch das Zelt. »Der schleichende Ökozid, der uns alle einmal vernichten wird, ist im Grunde eine Folge unserer Rohstoffgier. Großzügig verpulvern die Bewohner der Industrienationen fossile Brennstoffe. Durch das Verfeuern von Öl, Kohle und Gas aber steigt die Kohlendioxid-Konzentration in die Atmosphäre. Und damit steigt auch die Temperatur im Treibhaus Erde. Wir vergrößern das Ozonloch von Jahr zu Jahr. Wenn wir den Lebensraum Meer – und davon reden wir jetzt – retten wollen, dann hilft nur eins: weniger Energie verbrauchen und vermehrt regenerative Energiequellen wie Sonne, Wind und Wasser nutzen.«
»Zurück zum Neandertaler!« schrie jemand. Das Zelt bebte vor Lachen. Aber Irmgard Kammer, Reaktionen dieser Art gewöhnt, ließ sich nicht beirren. Sie sprach weiter:
»Deshalb fordert Greenpeace: Unsichere Tanker sofort von den Meeren verbannen und unbegrenzte Haftpflicht für Umweltschäden. Keine weitere Öl- und Gasförderung in ökologisch sensiblen Gebieten, wie etwa das Wattenmeer. Keine Öltransporte durch schützenswerte Regionen. Nutzung aller sparsamen Energiepotentiale. Weg von fossilen Energieträgern und hin zu regenerativen Energien wie Sonne, Wind und Wasser. Das wäre ein Weg, wenn auch ein mühsamer und zur Zeit noch langsamer.«
Die Diskussion dauerte noch eine Stunde. Dann löste Heßbach die Konferenz auf. Luise fuhr ihn nach Hause, in das Haus der Bertrams. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen lächelte Heßbach müde und machte mit der rechten Hand das Siegeszeichen. Fragen winkte er ab. »Ich habe alles gesagt, was ich weiß!« erklärte er in die hingehaltenen Mikrofone. »War das nicht genug? Man sollte darüber nachdenken.«
Der alte Kapitän erwartete ihn mit einer Flasche Kognak. Frau Bertram stand in der Küche und begoß einen Kaninchenbraten. Dazu gab es Rotkraut mit Äpfeln und Kartoffelklöße. Es roch verführerisch.
Gérard Armand hatte sich am nächsten Morgen im Atlantic das Frühstück
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