Öl-Connection
vor. Immer öfter! Und was tut Singapur dagegen? Was unternehmen die anderen Staaten? Sie sehen zu. Sitzen gewissermaßen in der Loge und genießen das Seeräuberdrama auf der Bühne der Meere.«
»Das Meer gehört, bis auf die Küstenzonen, jedem! Wir können unsere Häfen und Küsten bewachen, mehr aber auch nicht. Warum auch sollten wir das? Wer bezahlt die Millionen Dollar, ganz davon abgesehen, daß wir gar kein Recht haben, auf offener See jemanden zu kontrollieren. Wenn die Kaperung der Else Vorster in unserem Hoheitsgebiet erfolgt wäre, dann könnten wir eingreifen. Aber wissen Sie, wo Ihr Schiff gekapert wurde?«
»Nach den vorliegenden Funksprüchen nahe Singapur.«
»Können Sie Beweise vorlegen, Dr. Wolffers?«
»Beweise! Die Funksprüche des Schiffes …«
»Funksprüche sind keine Beweise. Sie können von überall her kommen und falsche Positionen nennen. Warum ist während des Überfalls nicht gefunkt worden?«
»Ich weiß es nicht. Keiner kennt ja den Hergang des Geschehens. War es nachts, war es am Tag? Wer kann ein so großes Schiff wie die Else Vorster überhaupt entern, besetzen und entführen? Mein bester Kapitän, Ernst Hammerschmidt, führt das Schiff! Er hat vier Tage vor der Kaperung sogar eine Warnung erhalten und hat daraufhin seinen Kurs geändert. Ich habe ihn dafür gelobt. Einen Tag später wurde tatsächlich ein japanischer Frachter überfallen und ausgeraubt. Und das begreife ich nicht. Die Piraten haben nur Beute von Bord genommen, aber nie ein Schiff entführt. Und ein Riesenschiff wie die Else Vorster wird von ihnen plötzlich gekapert und verschwindet spurlos! Was wollen die Piraten mit einem solchen Schiff, das jeder kennt?«
»Das sollten Sie Nyen Su-Feng fragen, aber nicht mich«, sagte Chakli nüchtern. »Aber ich stelle fest: Ihr Kapitän war vorgewarnt!«
»Ja. Deshalb hat er ja den Kurs geändert.«
»Und ist prompt in die Arme von Nyen gelaufen. So etwas kann man Schicksal nennen.«
»Bitte, keine so banalen Sprüche!« Wolffers war enttäuscht und wütend. Chakli benahm sich, als sei Wolffers ein unbekannter Bittsteller und bettele um ein Almosen des Staates Singapur. »Es ist für mich so gut wie sicher, daß der Überfall in Ihren Gewässern stattgefunden hat.«
»Aber es fehlen die Beweise. Wenn Ihr Schiff in unserer Hoheitszone gefunden wird, oder wenn die Mannschaft aussagt, könnten wir uns damit befassen und nach Nyen suchen. In unseren Grenzen! Das muß ich festhalten. Was ist übrigens mit der Besatzung?«
»Das ist meine zweite große Sorge: Keiner weiß, was mit ihr geschehen ist. Kein Rettungsboot, nichts. Der Gedanke, die Piraten könnten die gesamte Crew … Ich möchte es gar nicht aussprechen. Meine besten Offiziere fuhren auf der Else Vorster. Kapitän Hammerschmidt, der Erste Offizier Halbe, der Zweite Offizier Botzke, der Chief Smits … es wäre ein unfaßbare Tragödie. Und die Welt sieht einfach zu! Die Staaten, die für Ordnung sorgen könnten, verstecken sich hinter Meilenzonen, Nichtzuständigkeit und mangelndem Interesse. Wie würde Singapur reagieren, wenn eines seiner Schiffe entführt würde?«
»Wir würden suchen, aber nicht Deutschland dafür verantwortlich machen«, antwortete Chakli kühl. Auch Ironie schwang in dem Satz mit. »Es ist Sache der Deutschen, die Suche aufzunehmen.«
»Das ist doch wohl ein Witz!« rief Wolffers empört. »Mit anderen Worten: Niemand am Südchinesischen Meer ist verantwortlich!«
»Auf diesen Nenner kann man es bringen.«
»Piraterie ist ein internationales Problem, Mr. Maikora.«
»Es fehlt aber ein internationales Abkommen über die globale Bekämpfung der Piraterie. Alle Staaten sollten sich zusammensetzen und ein gemeinschaftliches Gesetz beschließen, das es erlaubt, Seeräuber zu jagen. Bis heute ist es so, daß jedes Schiff sich selbst wehren muß. Wie reagiert Deutschland auf die Piraterie?«
»Wir empfehlen unseren Kapitänen, keinen sinnlosen Widerstand zu leisten.«
»Sehen Sie!« Triumph schwang in Chaklis Stimme. »Sie empfehlen, sich ausrauben zu lassen. Aber jetzt wollen Sie Singapur zur Kasse bitten, weil wir angeblich nichts tun und der Überfall in unseren Gewässern geschehen sein soll. Lieber Dr. Wolffers, die Kosten des Telefonats hätten Sie sich sparen können.«
»Und was unternehmen Sie, wenn Überlebende meiner Mannschaft in Singapur eintreffen und bestätigen, daß die Else Vorster im Gebiet von Singapur gekapert wurde?«
»Abwarten.«
»Was heißt
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