Öl-Connection
anderen Offiziere, aber Sie sind nun mal hier und werden mein Schicksal – verbessern. Das hoffe ich.«
»Es freut mich, Doktor, Sie kennenzulernen, wenn auch unter absurden Umständen«, sagte Hammerschmidt. »Woher können Sie so fabelhaft Deutsch?«
»Ich habe vier Jahre in Freiburg studiert. Eine wunderschöne Zeit. Und dann bin ich als Schiffsarzt auf mehreren deutschen Schiffen gefahren. Bis ich in Nyens Hände geriet.«
»Er hat mir davon erzählt. Und er hat Ihnen diese Klinik hier gebaut.«
»Ja. Er ist ein Teufel! Er erfüllt mir einen Wunschtraum, um meine Gefangenschaft zu vergolden.«
»Irrtum. Er braucht Sie für seine Piraten. Nur das zählt.«
»Darf ich Sie bitten, in meine bescheidene Wohnung zu kommen. Sie wohnen ja im Palast, wie wir Nyens Haus nennen.«
»Es ist ein Palast! Und ich werde mich denkbar unwohl darin fühlen. Ich würde lieber bei meinen Offizieren schlafen.«
»Sie sind in einer freigewordenen Hütte untergebracht. Nicht schlecht, aber einfach.«
»Sie sagen das mit so einem Unterton. Freigewordene Hütte …«
»Sie wurde bis vor drei Wochen vom zweiten Steuermann bewohnt. Ein begabter Junge. Für Nyen anscheinend zu begabt. Er wurde hingerichtet. Vor der gesamten Mannschaft; auch ich mußte daran teilnehmen, meine Frau und die Mädchen vom Bordell. Es war schrecklich. Erst hinterher erfuhr ich, daß der Junge versucht hatte, heimlich aus der Funkstation einen Hilferuf loszulassen. Dabei wurde er überrascht. Für Nyen war das natürlich Hochverrat, auf den es nur die Todesstrafe gibt.«
Sie betraten das Hospital und kamen zunächst in einen größeren Raum, der eine Art ›Aufnahme‹ war. Hinter einem Tisch aus gelacktem Holz saß eine junge, außergewöhnlich schöne Frau in weißen Shorts und rotem T-Shirt. Das Gesicht war vollendetes Ebenmaß … ganz leicht geschlitzte Augen in einem schmalen, fast noch kindlichen Gesicht, eine gerade Nase und ein schmaler, rot geschminkter Mund. Die ganze Schönheit wurde umrahmt von langen, schwarzen Haaren, die lose über die Schultern fielen und bis zum halben Rücken reichten. Sie stand auf, als Hammerschmidt eintrat und machte eine tiefe Verbeugung.
»Meine Frau Sundara«, sagte Kagoshima und blickte Hammerschmidt von der Seite an. »Nyen hat sie für mich auf den Philippinen geraubt. Damit hat er mich endgültig auf Jemaja festgenagelt.«
»Aber Sie haben doch schon eine Frau in Japan.«
»Sie ist Witwe.« Kagoshima hob wie bedauernd die Schultern. »Man hat eine bis zur Unkenntlichkeit aufgequollene Wasserleiche aufgefischt. Sie trug die Uniform des Schiffsarztes Dr. Kagoshima. Ich bin tot! Sie sehen: Nyen denkt an alles, und nichts ist ihm unmöglich. Ich bin gespannt, was er mit Ihnen vorhat.«
»Ich werde wahrscheinlich den zweiten Steuermann ersetzen. Soviel ist mir jetzt klargeworden.«
»Und Sie werden es tun?«
»Wenn ich mich weigere, droht er, meine Offiziere zu erschießen.«
»Was er auch ohne Zögern tun wird.« Sie gingen durch das Hospital, das wirklich mit allem ausgestattet war, was eine moderne Klinik braucht, und kamen in die Privatwohnung von Dr. Kagoshima. Auch sie war mit modernen Möbeln eingerichtet. Der Arzt sah Hammerschmidts verwunderten Blick.
»Alles gekapert«, sagte er. »Nyen räumt auch die Kapitänsbars aus. An den Flaschen sehen Sie, daß die Opfer der Piraten aus aller Herren Länder kommen. Möchten Sie etwas trinken?«
»Danke. Ich habe bei Nyen schon ein Bier getrunken.«
Dr. Kagoshima goß sich einen Mai-Tai ein, Sundara setzte sich in den Hintergrund auf einen Brokatstuhl, denn bei einem Männergespräch hatte sie nicht mitzureden, aber immer bereit zu sein, zu bedienen und Wünsche zu erfüllen. Sie kannte das von Kindesbeinen an nicht anders, und Kagoshima hatte keine Veranlassung, das zu ändern.
»Es ist eine Schande, solch ein Krankenhaus zu haben«, sagte er, »und es nicht nutzen zu können. Was habe ich schon zu behandeln? Wenn sie auf Raubzug gehen, gibt es ab und zu ein paar Verletzte, aber nicht immer. Krankheiten kennt man hier kaum. Gegenwärtig liegen nur zwei der Kerle im Bett … der eine mit einem Ulcus am Magenausgang, der andere hat sich das Bein gebrochen. Lappalien! Den Operationstisch habe ich bisher noch nicht benutzt, ebensowenig wie das Narkosegerät. Meine Hauptaufgabe ist es, jede Woche die Mädchen aus dem Puff zu untersuchen, ob sie in Ordnung sind oder schwanger. Bisher hatte ich drei Schwangere. Sie verschwanden über Nacht. Wenn sie von
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