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Öl-Connection

Öl-Connection

Titel: Öl-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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abwarten?«
    »Ob es Überlebende gibt …«
    »Wie können Sie so etwas Ungeheuerliches aussprechen?« schrie Dr. Wolffers.
    »Ich bin Realist, Dr. Wolffers.« Chakli blieb nüchtern wie bisher. »Wir haben von Nyen Su-Feng genug gehört, um zu wissen, daß er keine Gefangenen macht. Vietnamesische Flüchtlinge, die er überfallen hat, durften nur weiterleben, weil sie seine Landsleute waren. Aber alle Frauen, sogar kleine Mädchen, wurden von den Piraten vergewaltigt. Wer sich wehrte oder die Entehrung seiner Frau oder Tochter verhindern wollte, wurde erschossen und über Bord geworfen. Gesehen hat Nyen noch keiner. Die Überlebenden sagten aus, daß sie nur seine Stimme von seinem Schiff herab gehört haben. Über Lautsprecher. Ein Blick in die Kommandobrücke war auch unmöglich. Er hat sie mit getönten Scheiben verglasen lassen.« Chakli räusperte sich. Es muß gesagt werden, dachte er, sonst warten sie voll falscher Hoffnungen. »Rechnen Sie damit, Dr. Wolffers, daß keiner Ihrer Besatzung mehr lebt. Jeder Gefangene ist für Nyen eine Belastung. Warum auch sollte er Gefangene mitnehmen? Damit sie sein Versteck sehen? Jeder Gefangene ist ein Risiko, und Nyen geht jedem Risiko aus dem Weg.«
    »Ich soll den Frauen und Müttern meiner Offiziere sagen: Ihr Mann, Ihr Sohn ist ermordet worden. Wir wissen nichts Genaueres, aber wir müssen damit rechnen. Die Piraten sind gnadenlos.«
    »Es ist tragisch, aber es ist auch die Wahrheit. Wenn in den nächsten Tagen niemand aufgefischt oder an Land gespült wird, können Sie mit dem Tod der gesamten Crew rechnen. Und die Chance, daß man Leichen findet, ist verschwindend gering. In diesem Gebiet wimmelt es von Haien.«
    Chakli hüstelte diskret, aber wer ihn kannte, verstand das Signal: Es ist nichts mehr zu sagten.
    »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?« fragte er höflich.
    »Nein.« Dr. Wolffers Stimme machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl.
    »Ich danke Ihnen für das Gespräch, Mr. Maikora«, sagte Dr. Wolffers in einem geradezu feindlichen Ton. »Ich werde Sie in Zukunft nicht mehr belästigen.«
    Mit einem tiefen Seufzen legte Chakli auf. Ab heute würde sich sein Vermögen auf dem Nummernkonto in der Schweiz nicht mehr vergrößern, aber er hatte seinem Land einen großen Dienst erwiesen. Es ist oft schwer, Diplomat zu sein und sein Privatleben dafür zurückzustellen.
    Dr. Wolffers lief ins Leere. Helfen konnte ihm niemand, keiner war zuständig, und immer bekam er dieselbe Antwort: Geschäftsrisiko. Wer die südasiatische Route fährt, muß Vorkommnisse dieser Art einkalkulieren. Er überwand sich, persönlich bei den Hinterbliebenen seiner deutschen Offiziere zu kondulieren. Zuerst besuchte Wolffers die Frau von Kapitän Hammerschmidt. Er war verwundert, daß er eine Witwe antraf, die nicht sofort in Tränen ausbrach, und einen Sohn, der ebenfalls ohne Trauer das aussprach, was Tilde Hammerschmidt dachte:
    »Papa ist nicht tot … darum sind Sie doch gekommen? Wir glauben nicht, daß er umgekommen ist.«
    »Wir haben alle Berichte in den Fernsehprogrammen gesehen«, sagte Mathilde und zeigte auf einen Stapel Zeitungen auf dem Tisch. »Und wir haben alle Zeitungen, die wir bekommen konnten, gesammelt. Nirgendwo steht, daß mein Mann umgebracht sein könnte.«
    Dr. Wolffers fühlte sich so unwohl wie noch nie in seinem Leben. Er saß auf der Couch, blickte auf das große Foto von Hammerschmidt, das in einem silbernen Rahmen auf einem Stutzflügel stand, und ließ sich ein Bier reichen.
    »Ich bin gekommen, damit Sie sich keinen falschen Illusionen hingeben. Wir müssen der Wahrheit, so furchtbar sie auch ist, ins Auge sehen.«
    »Lieber mit einer Illusion leben als mit dieser Hoffnungslosigkeit.«
    »Bisher haben die Piraten, wie sie im Fernsehen sagen, noch nie einen Mann auf den überfallenen Schiffen getötet!« meinte der Junge. »Warum jetzt gerade Papa?«
    »Weil sie das Schiff nicht ausgeraubt, sondern gekapert haben. Das heißt, sie haben das Schiff besetzt und mitgenommen. Zum ersten Mal in der modernen Seefahrtsgeschichte. Das ist ein ganz anderer Raub.«
    Hammerschmidts Sohn sah Dr. Wolffers nachdenklich an. Man sah, wie sein Gehirn arbeitete. Und plötzlich leuchtete sein Gesicht auf, als habe er das Rätsel gelöst.
    »Papa kann gar nicht tot sein!« rief er so laut, daß selbst Mathilde zusammenzuckte. »Die Piraten haben die Else Vorster gekapert und dann irgendwo versteckt. Wer aber hat sie gefahren? Wer kann ein so großes modernes

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