Öl-Connection
Freizeit zu zeigen als den tristen Rumpf des Tankers – auch das Foto konnte seine innere Unruhe nicht verdrängen.
Er wollte gerade die Kapitänslogis verlassen, als die Alarmsirene des Schiffes aufheulte. Kurz darauf hörte er das Klappern von Stiefeln auf den Treppen, einen Schmerzensschrei und drei dumpfe Kracher, als würde ein Mensch gegen eine Wand geworfen. Dann wurde die Tür aufgerissen und zwei Männer in nach Öl stinkenden gelben Plastikanzügen, mit gelben Sicherheitshelmen auf den Köpfen, stürzten in die Kapitänskabine. Als sie Heßbach erblickten, stutzten sie und bauten sich breitbeinig vor ihm auf. Sie schienen sehr wütend zu sein.
»Wer sind Sie?« schrie der eine.
»Was machen Sie hier?« geiferte der andere. »Haben Sie Bill und Jeff ins Wasser geworfen?«
»Das sind drei Fragen auf einmal«, antwortete Heßbach ruhig. »Ehe ich sie beantworte: Wer seid ihr?«
»Das geht dich einen Scheißdreck an!« brüllte der erste.
»Wenn das so ist … dann gilt das auch für euch.«
Die beiden wechselten einen kurzen Blick. Sie setzten an, sich auf Heßbach zu stürzen, aber dann, als sie eine Pistole in seiner Hand sahen, die genau auf ihre Mägen zeigte, zuckten sie zurück.
»Damit erreichst du gar nichts«, zischte der zweite, aber er wich doch einen Schritt zurück. »Du hast sechs Schuß in dem Ding, aber wir sind zehn. Wenn du wirklich sechsmal triffst … die anderen vier werden dich am Radarmast aufhängen! Du hast keine Chance. Wir sind Ölingenieure und bunkern gerade 200.000 Tonnen Rohöl. Aber das hast du ja gesehen. Und wer bist du?«
»Ich bin auf das Schiff gekommen, um mir gerade dieses Bunkern anzusehen. Ich heiße Lothar Heßbach und bin ab heute der Kapitän der Maringo.« Er ließ die Pistole sinken. Die beiden Ingenieure starrten ihn betroffen an.
»Sie sind …« stotterte der eine.
»Ja, der Kapitän.«
»Können Sie sich ausweisen?«
»Natürlich.« Heßbach zog die Aktentasche heran und holte einen Stapel Papiere heraus. Er legte sie auf den Tisch neben sich. »Die Schiffspapiere. Kontrollieren Sie.«
»Nicht nötig, Sir.« Der andere Ingenieur, ein langer, dürrer Kerl mit einem Mausgesicht, straffte sich etwas. »Sie sind der erste Kapitän, der beim Pumpen dabei ist. Verzeihen Sie, das konnten wir nicht wissen. Und wer ist der Riesenaffe auf Deck zwei?«
»Sie meinen McCracker. Das ist mein Mann für alles. Meine rechte Hand.«
»Er hat drei meiner Leute gegen die Wand geworfen. Ich habe die Knochen knacken hören. Jetzt stehen fünf meiner Leute vor seiner Tür, wollen sie eintreten und den Kerl lynchen.«
»Rufen Sie Ihre Mannschaft zurück.« Heßbach erhob sich.
»Wenn auch ungebeten, so kommen Sie doch richtig. Zeigen Sie mir die Tanks.«
»Sie laufen voll.«
»Trotzdem.«
»Dafür hat sich noch kein Kapitän interessiert.«
»Mag sein … aber das ist der Unterschied zwischen gestern und heute. Gehen wir …!«
»Wie Sie wünschen, Sir.«
Sie gingen hinunter auf das in der Nacht unendlich wirkende Deck und kamen dabei auch an McCrackers Kammer vorbei. Vier nach Öl stinkende Männer mit Eisenrohren standen vor James' Tür, drei Ölarbeiter hockten nebeneinander an der Wand. Sie sahen trotz der verschmierten Gesichter blaß aus, und wenn sie tief einatmeten, verzogen sich ihre Mienen schmerzhaft. Einer von ihnen röchelte beim Atmen.
»Geht zurück an eure Arbeit!« sagte der eine Ingenieur im Befehlston. »Na los, den Riesenaffen übernehmen wir.«
Die Männer starrten den Ingenieur haßerfüllt an, halfen den Verletzten aufzustehen und stützten sie beim Gehen. Einer der Verwundeten weinte vor Schmerzen, ein anderer hustete und spuckte Blut.
»Sie müssen sofort in ein Hospital!« sagte Heßbach. »Sie könnten innere Blutungen haben.«
»Wir haben eine eigene Sanitätsstation, das reicht.« Der dürre Ingenieur schnaufte erregt. Wütend trat er gegen James' Tür, und sofort ertönte von drinnen die tiefe Baßstimme von McCracker.
»Kommt rein!« dröhnte er. »Einer nach dem anderen, nur nicht drängeln. Und – Garantie darauf – jeder kriegt seinen Teil ab!«
»So ein Vieh haben Sie als rechte Hand, Sir?« fragte der Ingenieur und ließ von der Tür ab, als sei sie plötzlich aus glühendem Metall. »Haben Sie keine Angst, daß er einmal auch Sie trifft?«
»James ist ein treuer Mensch. Ihm vertraue ich voll und ganz. Er wird mich beschützen, nicht mal eine Wanze wird an mir saugen. Es gibt wenig Männer wie ihn.«
»Das glauben
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