Öl-Connection
poliert wie ein Lackschuh.«
»Ich habe aber auch gelesen – irgendwo –, daß man Tanker nach fünfzehn Jahren verschrotten soll.«
»Eine verderbliche und dumme Polemik, Schatz. Dahinter stecken so Wirrköpfe wie die Phantasten von Greenpeace oder übereifrige Beamte der verschiedenen Schiffahrtsbehörden. Die Lobby der Werften, die auf Aufträge hoffen. Für sie wäre es natürlich ein goldener Regen, wenn man alle Tanker über fünfzehn Jahre aus dem Verkehr ziehen würde. Ha, hätten die dann einen Bau-Boom! Karin, die Unico II ist ein hervorragendes Schiff. Du brauchst keine Angst zu haben.«
»Und wohin fährst du, Gunnar?«
»Von Bodö zu drei norwegischen Bohrinseln, wo ich das Öl übernehme. Von dort nach Rotterdam zur Raffinerie.« Er hatte gelacht und sie wieder an sich gezogen. »Du siehst, eine völlig ungefährliche Route – der Inhalt deiner Handtasche ist mir fremder als dieser Weg. Da kenne ich jede Sandbank und jede Klippe.«
Das war vor drei Tagen gewesen. Nun stand er auf dem Deck der Unico II und blickte die Reihe seiner Mannschaft entlang, die vor ihm angetreten war. Mein Gott, dachte er, Jeanmaire muß verrückt geworden sein. Was hat er da anheuern lassen! Er nahm die Liste aus der Hand des Ersten Offiziers, einem Dänen mit Namen Hogar Andersen, der gleich bei seiner Vorstellung gesagt hatte: »Um Ihrer Frage zuvorzukommen: Ich bin nicht mit dem Märchendichter verwandt«, und überflog die Namen der Seeleute.
Zehn Malayen, vier Schwarze aus der Karibik, zwei Europäer aus Berlin und Prag. Der Mann aus Berlin hatte ein Steuermannspatent vorgelegt, ausgestellt in Hongkong, der Prager ein Maschineningenieur-Diplom aus Honduras.
Svensson trat ein paar Schritte zurück und winkte seinen Ersten heran.
»Wer hat uns diese faulen Eier ins Nest gelegt?« fragte er leise. »Andersen, die bekommt man doch in ganz Norwegen nicht.«
»Die Mannschaft war schon auf der Unico, Kapitän. Die Leute haben eine Heuer von Jamaika nach Bodö und zurück nach Rotterdam. Dort übernimmt sie der Erzfrachter Sangria zur Fahrt nach Guatemala. Ich habe die Papiere überprüft – sie sind korrekt.«
»Und der Berliner und der Prager? Wie kommen die zu diesem Haufen?«
»Sie wurden von Oslo eingeflogen. Die Reederei hat sie angeheuert. Ihre Diplome sind einwandfrei … nur eins fehlt.«
»Was?«
»Ihre Seefahrtsbücher. Beide behaupten, man habe sie ihnen gestohlen … der Berliner vermißt es seit Rio, der Prager seit Port-au-Prince.«
»Glauben Sie das, Andersen?«
»Wir müssen es, Kapitän. Ihre Überprüfung war Sache der Reederei, und von ihr liegt das Okay vor.«
»Dann kann man nur hoffen, daß alles gut geht. Zum Glück ist die Fahrt nicht lang und nicht gefährlich. Lassen Sie die Mannschaft wegtreten, aber die beiden Europäer will ich noch sprechen.«
Der Berliner, den Svensson in seiner Kapitänslogis empfing, setzte sich mit einem freundlichen Grinsen in den angebotenen Sessel und nahm auch ohne Zögern eine der Zigarren an. Es waren die berüchtigten Svensson-Zigarren, von denen nur er selbst zwei oder drei rauchen konnte – jeder andere wurde schon nach zehn Zügen fahl im Gesicht. Aus welchem Tabak die Zigarren gerollt worden waren, wußte niemand, man munkelte, es sei eine Mischung aus starken Sumatratabaken und einem fein geschnittenen, getrockneten Kraut, das die Hirnnerven zum Glühen bringt. Bei Svensson schien es eine anregende Wirkung zu haben. Wie gesagt: Es war nur ein Gerücht von denen, die eine Zigarre angeboten bekommen und auch geraucht hatten.
»Sie heißen Karl Pusenke?« fragte Svensson und blies Ringe in die Luft. Der Berliner war schon nach dem zweiten Zug vorsichtig geworden und hielt die Zigarre weit von sich.
»So ist es«, sagte er. »Freunde nennen mich Kalle, und wie jeder anständige Berliner kommen die Pusenkes aus Ostpreußen.«
»Sie haben das Steuermannspatent. Können Sie ein Schiff wie die Unico fahren?«
»Ich fahre jeden Kahn, Kapitän. Ich habe 'nen Slalom durch die Riffe von Belize gemacht ohne einen Kratzer. Nach Rotterdam … das ist was für wacklige Opas.«
Der Prager war etwas schüchterner als der Berliner. Er setzte sich auf die Sesselkante, lehnte die Zigarre ab, nicht, weil er Nichtraucher gewesen wäre, sondern weil Pusenke ihn gewarnt hatte: »Der Alte bietet dir 'ne Zigarre an, um zu testen, ob du dir in die Hosen scheißt. Sei vorsichtig!« und klemmte die Hände zwischen seine Knie.
»Sie heißen Juri Dozek«, sagte Svensson
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