Öl-Connection
die Berichte gelesen, Sir. Es ist ein Skandal, der von den Regierungen gedeckt und erlaubt wird! Die Leute von Greenpeace, die verzweifelt versuchen, mit Aktionen die Welt aufzurütteln, werden lächerlich gemacht oder sogar behindert. Nicht die Zerstörer unseres Lebensraumes werden bestraft, sondern die, die es verhindern wollen! Gewissenlosigkeit ist gefragt, nicht Vernunft! Ob man Giftmüll zwanzig Meilen vor den Küsten verklappt oder hundert weiter, das ist doch im Ergebnis das gleiche: Die Meere werden sterben! In vielleicht fünfzig oder hundert Jahren sind die Meere zu Kloaken geworden … so schnell, wie sie verseucht werden, können sie sich nicht von selbst regenerieren!«
»In hundert Jahren! Leben Sie dann noch, Higgens?« fragte Jeanmaire mit einem spöttischen Unterton.
»Nein!«
»Na also! Wozu die Aufregung?«
»Aber meine Enkel werden leben.«
»Denken Sie an heute und nicht an überübermorgen! Tag und Nacht fackeln sie das Erdgas in die Luft, ohne Bedenken zu haben. Was sind dagegen die Wölkchen, die die Unico in den Äther abläßt?« Jeanmaires Stimme wurde hart. Er hatte keine Lust, mit Higgens über das ökologische Gleichgewicht der Erde zu streiten. Zwei Stunden Gewinn bei Norge VI, zwei Stunden bei Meermaid und zwei Stunden bei Seewolf, der dritten Übernahmestation der Unico … das ergab sechs Stunden kürzere Fracht oder – bei voller Fahrt, die Svensson machen sollte –, allein eine Ersparnis im Brennstoffverbrauch von 140 Tonnen. Das Anlaufen des Hafens von Rotterdam würde 210.000 Dollar kosten. Wurde der Tanker schnell gelöscht und die neue Ladung ebenso schnell aufgenommen, fiel nicht nur eine Ballastfahrt, das heißt mit Wasser gefüllten Tanks, aus, sondern es wurde auch kein Überliegegeld fällig, das vom Reeder bezahlt werden mußte, wenn das Schiff länger als beantragt im Hafen lag. Jeder gewonnene Tag war also bares Geld, gerade jetzt, wo die Frachtraten zu steigen begannen. Die Industrie brauchte Tonnage, die Weltwirtschaft expandierte auf allen Gebieten, der Seetransport, immer noch der billigste Weg, war gefragt wie noch nie. Kam es da auf ein paar hundert Seehunde, Dreizehenmöven, Baßtölpel, Trottellummen oder Fischotter an?
»Also gut, ich bin mit zwei Stunden Reduzierung der Übernahme einverstanden, Higgens«, sagte Jeanmaire in einem Ton, der keinen Widerspruch mehr duldete. »Und sparen Sie sich Ihren Greenpeace-Blödsinn! Was diesen Phantasten fehlt, ist gesunder Realitätssinn. Man kann nicht Milliarden Menschen ernähren, indem man Delphine streichelt, überlegen Sie sich das.«
»Es wird, wenn es so weitergeht, bald keine Delphine mehr geben.«
»Aber Hunderttausende neuer Arbeitsplätze! Was ist wichtiger? Mit säuselnder Moral überlebt die Menschheit auch nicht! Erklären Sie mal einem Pakistani: Du mußt verhungern, weil wir die Papageientaucher vorm Aussterben bewahren. – Also bis in acht Stunden. Ich erwarte Ihren Bericht.«
Von diesem Gespräch erfuhr Kapitän Svensson nichts. Er runzelte nur die Stirn, als ihm Hogar Andersen meldete, das Öl würde unter einem wahnsinnigen Druck in die Tanks gepumpt. Er hatte sich gerade entschlossen, bei Higgens vorzusprechen, als dieser auf der Unico erschien. Sie kannten sich nur vom Telefon, schüttelten sich die Hände, und Svensson bot einen zehn Jahre alten Malt-Whiskey an, der wie Öl die Kehle hinunterrann.
»Sie haben aber Druck drauf«, sagte Svensson zu Higgens. »Wir haben doch Zeit.«
»Eben nicht. Ich soll in acht Stunden fertig sein.«
»Wer sagt das?«
»Mr. Jeanmaire.«
»Wann?«
»Schon vor Ihrem Anlegen«, wich Higgens aus. »Sie haben noch keine Order?«
»Nein.«
»Dann kommt sie noch. Sie sollen zwei Tage früher in Rotterdam sein.«
»Unmöglich!«
»Das Wort kennt Jeanmaire nicht.«
»Dann werde ich es ihm buchstabieren.« Svensson sprang erregt aus seinem Sessel auf. »Ich habe nicht die Absicht, das ›Blaue Band der Tanker‹ zu gewinnen. Ich weiß, was ich meinen Maschinen zumuten kann. Auf das Telefongespräch mit Jeanmaire freue ich mich!«
Das Beladen dauerte sogar nur 7 ½ Stunden. Als die Pumpen schwiegen, kam Andersen auf die Brücke. Sein Gesicht drückte große Sorge aus. »Wir haben jetzt so viel Öl-Luft-Gemisch an Bord, daß jeder Tank eine Bombe ist«, sagte er. »Nur ein Funke, und von uns bleiben nur noch Schnipsel übrig!«
»Lassen Sie alle Entlüftungsventile voll auffahren, Andersen.« Svensson blickte Higgens böse an, der neben ihm stand.
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