Öl-Connection
hatte niemand einen Einwand, daß die Else Vorster nicht beim Germanischen Lloyd, sondern unter der Flagge von Panama fuhr. Jeder sah ein, daß das die Kosten merklich senkte, und wenn auch immer ein schaler Geschmack aufkam, sobald von einer Billigflagge die Rede war, bildete die Else Vorster eine Ausnahme. Das war allein dem guten Ruf von Dr. Wolffers zu verdanken.
Dr. Wolffers hielt nicht viel von den unterschiedlichen Arten des Chartergeschäfts. Er lehnte die Bareboat-Charter ebenso ab wie die Zeitcharter und gerade für die Else Vorster wollte er auch keinen Seefrachtvertrag, der Ladungsmengen und Dauer einer bestimmten Route festschrieb … er hatte nur Aufträge nach der Reise- und Spot-Charter abgeschlossen, bei der er sich verpflichtete, eine bestimmte Ladung zwischen namentlich genannten Häfen zu transportieren. Das simpelste, aber auch das risikoloseste Verfahren.
Nun war die Else Vorster unterwegs, um Fracht von Osaka nach Singapur zu bringen. Container mit den verschiedensten Inhalten, von Maschinenersatzteilen, Elektrogeräten und der Ausrüstung einer chemischen Fabrik bis zu japanischen Möbeln und Küchengeräten. Die riesigen Einkaufszentren in Singapur warteten auf Nachschub. Singapur, das Paradies der zollfreien Waren, das Eldorado der Billigkäufe.
Es war die zweite Fahrt, die Kapitän Hammerschmidt mit der Else Vorster zwischen Osaka und Singapur machte.
Seine Frau Mathilde sah er im Jahr nur zweimal während des Urlaubs. Sie hatten ein schönes Haus bei Kiel, nahe der Förde, mit einem großen Garten und einem kleinen künstlichen Teich, ein Biotop, in dem Frösche quakten, Goldfische schwammen und eine Menge Teichpflanzen blühten. Hier räkelte er sich dann auf einer Gartenliege, grub die Beete um, pflanzte neue Stauden, Sträucher und Bäumchen und spielte mit seinem zehnjährigen Sohn Willy Schach, wobei Hammerschmidt meistens verlor.
Die Else Vorster glitt über den Pazifik, der in diesen Tagen seinem zweiten Namen ›Stiller Ozean‹ alle Ehre machte. Hammerschmidt, in weißer Tropenuniform, stand auf der Brückennock und blickte über die farbigen Container, die Kräne und Lastbalken und die matt glänzende Ersatzschraube, die ganz vorn, auf der Spitze des Vorderdecks, fest verriegelt war.
Nach Singapur geht es weiter nach Bombay, dachte er. Die Route hatte gleich zu Beginn ihre einzige kritische Stelle, die Straße von Malakka zwischen Malaysia und Sumatra, eine gefährliche Enge, in der es immer wieder kracht. Die größte Gefahr sind dort die Tanker, die bei einem vorhersehbaren Crash nicht ausweichen können, weil sie zu schwer und zu träge sind. Eigentlich müßte diese Straße für Tanker gesperrt werden.
Hammerschmidt ging von der Nock hinein auf die Brücke und warf einen Blick auf das Radar. Starker Schiffsverkehr vor Japan: das würde sich bis zum Südchinesischen Meer nicht ändern.
China.
Hammerschmidt verschränkte die Arme über der Brust, lehnte sich gegen die weißlackierte Brückenwand und blickte auf den blanken, dunkelblauen Kunststoffboden. Das Gespräch, das er in Osaka mit dem Heuerbüro gehabt hatte, kam ihm wieder in den Sinn. Als er die Mannschaftsliste durchlas, hatte er mißbilligend aufgeblickt und dann mit dem Zeigefinger auf die Liste getippt.
»Das lehne ich ab«, hatte er gesagt.
»Warum?« Der Leiter des Heuerbüros hatte den Kopf geschüttelt. »Sie haben wie immer die besten Leute. Alle erfahren, gut ausgebildet, keine Analphabeten oder Halunken mit falschen Pässen und Heuerbüchern. Erste Wahl, sozusagen.«
»Achtzig Prozent Japaner. Okay, auf die kann ich mich verlassen. Dagegen ist nichts zu sagen. Ich habe sie als fleißige und gute Seeleute schätzen gelernt. Aber hier: Vier Chinesen aus der Volksrepublik China und drei aus Taiwan, das kann nicht gut gehen! Das gibt Krach an Bord. Kommunisten gegen Nationalisten, da fliegen die Funken! Tauschen Sie die Leute aus. Gegen wen, ist mir egal, nur nicht zweierlei Chinesen!«
»Ich habe keine andere Mannschaft für Sie, Sir«, hatte der Heuerchef höflich geantwortet und dabei eine seiner kleinen Verneigungen gemacht. »Nur noch Philippinos, drei undurchsichtige Griechen, von denen keiner weiß, wie sie nach Osaka kommen und fünf Schwarze aus Ghana. Die sind nach der letzten Heuer hier hängengeblieben. Wollen Sie diese Kerle?«
»Nein.«
»Sie sehen, Sir, wir haben Ihnen die beste Mannschaft gegeben! Und außerdem: Taiwaner besuchen Rotchina, und nichts geschieht. Man ist auf beiden
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