Öl-Connection
Dozek.«
»Ich habe getan, was möglich war, und das war wenig nach dem Wassereinbruch. Es läuft durch die Einfüllstutzen, die aufgeschlagen worden sind. Jetzt laufen die Brennstofftanks voll Wasser. Auch wenn der Sturm aufhört und nichts mehr reindrückt, die Maschinen sind unbrauchbar, Kapitän. Ich habe es gleich am ersten Tag gesehen, aber das Maul gehalten: Die Unico II ist ein Mistkahn! Überaltert, längst überholte Technik, vom Rost angefressen, unsicher. Sie dürfte überhaupt nicht mehr fahren. Sie gehört auf den Schrottplatz!«
»Sagen Sie das dem Reeder Jeanmaire, Juri. Wissen Sie, was er Ihnen antworten wird? Die Südsee wurde mit Auslegerbooten und Papyrusschiffen erkundet. Dagegen ist die Unico eine schwimmende Festung. Aber wenn wir überleben, werde ich an die Presse gehen. Das schwöre ich! Nicht wir, die wir die Schiffe mit allem Einsatz führen, verseuchen die Meere, sondern die Reeder, die diese Schiffe laufen lassen. Sie werden sich noch wundern, die Herren Reeder! Ich habe in zwanzig Jahren Seefahrt eine Menge gesehen … Das lege ich auf den Tisch.«
Unterdessen hatte sich die Besatzung aus Malayen und Karibiknegern in der Mannschaftsmesse versammelt. Was es bedeutete, daß die Maschinen bei diesem Sturm stillstanden, begriffen auch die Dümmsten unter ihnen. Und als das Telefon zur Brücke schwieg, stieg der Vormann Gua Kajang hinauf zum Allerheiligsten des Schiffes. Er klopfte höflich an die Tür und Dozek öffnete ihm. Svensson nickte Gua zu und winkte, näherzukommen. Er hatte sich schon gewundert, daß niemand der Crew nachgefragt hatte, was los sei.
»Sir, ich bin zum Sprecher der Mannschaft ernannt worden«, sagte Gua Kajang und fühlte sich sehr unwohl dabei. »… die Maschinen stehen still, das Telefon ist kaputt, wir haben alle Angst!«
»Das kann ich verstehen, Mann. Wir sind in einer Scheißlage.«
»Maschine auch kaputt?« Er warf einen Blick auf den ölverschmierten Chief Dozek.
»Alles kaputt. Funk, Radar, Maschinen … nur die Stahlwände halten noch. Aber wie lange?«
»Wir wollen nicht sterben«, sagte Gua dumpf.
»Keiner will auf diese Art sterben. Aber es sieht für uns alle beschissen aus. In meiner Jugend, als Kadett, haben wir gesungen: ›Der schönste Tod ist der Seemannstod, das brausende Meer spielt uns das letzte Lied …‹ Alles Mist! Ersaufen ist ein schrecklicher Tod. Tröstlich ist nur, daß man bei der Kälte des Meeres bald die Besinnung verliert und gar nicht merkt, daß man ersäuft.«
Gua Kajang schien kein Ohr für Svenssons Sarkasmus zu haben. Er blickte von Offizier zu Offizier und holte tief Atem.
»Kapitän«, sagte er, noch immer mit verhaltener Stimme, »wir haben beschlossen, in die Boote zu gehen.«
»Soso, das habt ihr beschlossen?!«
»Ja, geben Sie die Rettungsboote frei. Die Schwimmwesten hat die Crew schon angezogen.«
»Hat sie? Und nun wollt ihr die Boote zu Wasser lassen?«
»Ja, Käpt'n.«
»Bei dem Seegang, bei Windstärke zehn, bei diesem Nebel … faß dir mal an den Kopf, Kajang.«
»Die Rettungsboote sind unsinkbar, das wissen wir.«
»Zwei volle Brecher über euch, und ihr verschwindet in der Nordsee. Wir haben einen Orkan, wie ich ihn noch nie erlebt habe.«
»Die Rettungsinseln sind auch unsinkbar. Da fällt kein Brecher hinein.« Gua Kajangs Stimme wurde lauter. »Sir, wir bleiben nicht auf dem Schiff!«
»Ich bleibe doch auch!«
»Sie sind der Kapitän. Wir sind nur kleine Ratten … und die Ratten, so heißt es, verlassen als erste das Schiff. Wir verlangen die Rettungsinseln. Wir wollen leben.«
»Nein!« Svenssons Stimme wurde hart und schneidend. »Rettungsinsel heißen darum Rettungsinsel, damit man sich mit ihnen retten kann. Und das ist erst der Fall, wenn das Schiff sinkt. Hast du verstanden, Kajang?«
»Nein.«
»Dann säubere dir die Ohren. Die Rettungsinseln werden nicht angerührt. Das ist ein Befehl!«
Gua Kajang nickte. Er verließ die Brücke ohne ein weiteres Wort. Andersen starrte Svensson fragend an. »Haben Sie seine Augen gesehen, Kapitän?« sagte er dann.
»Ich kann noch ohne Brille sehen.«
»Wenn Blicke töten könnten!«
»Schrecklich, Andersen.« Svenssons Spott war kaum noch zu ertragen. »Ein gezackter Malayendolch im Rücken muß ein unangenehmes Gefühl sein.«
»Sie werden sich die Rettungsinseln einfach nehmen.«
»Das weiß ich.«
»Wir haben fünf an Bord. Wenn sie vier nehmen, bleibt für uns kein Platz mehr.«
»Haben Sie vor zu flüchten, Andersen?«
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