Öl-Connection
Gegenden; in der Karibik, auf Mauritius, den Bahamas oder an der Riviera hätte er keinen Tag Ruhe gehabt. Außerdem war er auf der Vulkaninsel für besonders eilige Aufträge jederzeit greifbar. Wie jetzt, da Dumoulin ihm einen Job für 30.000 Dollar anbot. Ein Auftrag, den er für lächerlich hielt, verglichen mit dem, was sonst von ihm verlangt wurde.
Er wartete, bis der Hotelboy einen Umschlag von der Telefonzentrale zu ihm aufs Zimmer brachte, riß ihn auf und entnahm ein ziemlich gutes Fax-Bild. Es war ein Porträtfoto von Lothar Heßbach, das dieser bei seiner Bewerbung der ISC übersandt hatte.
Armand betrachtete das Foto eingehend mit zusammengekniffenen Augen und rief sich das Telefonat mit Dumoulin ins Gedächtnis zurück: Kapitän der Maringo, des Riesentankers, der vor Teneriffa auslief und auch die Strände von Fuerteventura bedrohte, wenn der Ölteppich das befürchtete Ausmaß annehmen würde. Seine Rettung von dem brennenden Tanker sollte für Heßbach nur eine kurze Lebensverlängerung gewesen sein. Einem sinkenden Schiff kann man entfliehen, einem Gérard Armand jedoch nicht.
Unter dem Foto hatte Jeanmaire noch einige Namen aufgelistet:
Die maßgeblichen Offiziere, mit denen Heßbach über seine
Pläne gesprochen haben kann und die unter Umständen auch
reden könnten:
Jules Dumarche, Franzose, Erster Offizier
Pieter van Geldern, Holländer, Chief
Sato Franco, ein Philippino, Steuermann
Chu Yungan, Koreaner, Funker
Yungan hatte den gesamten Funkverkehr unter Kontrolle.
Besonders gefährlich kann der Vormann James McCracker
werden, angeblich Ire, ein Vertrauter von Heßbach. Achtung!
McCracker ist ein Riese und gewalttätig.
Armand lächelte still vor sich hin. Ein Riese! Und wenn er ein Mammut wäre, – was nutzt alle Kraft gegen eine Beretta mit Schalldämpfer? Es zischt kurz, und jeder Elefant fällt um.
Armand ließ seinen Koffer abholen, bezahlte, bedauerte, den Urlaub verkürzen zu müssen, aber dringende Geschäfte riefen ihn ab, und er sagte zum Abschied:
»Bis zum nächsten Jahr, Señor … oder bis in einer Woche. Ich kann das noch nicht überblicken. Buenos días .«
Der Hotelier brachte ihn bis zur Drehtür, das Taxi wartete und fuhr ihn zu dem kleinen Flugplatz, wo Armand in den ›Inselrutscher‹ stieg, wie man die kleinen Passagiermaschinen nannte. Nach einem kurzen Flug landete er auf Teneriffa, ließ sich nach La Laguna bringen und bezog dort in einem kleinen, aber feinen Hotel, das einmal eine Finca gewesen war, standesgemäß eine Suite. Er ließ sich einen Krug eisgekühlter Sangria bringen, stellte den Fernseher an und sah sich die neuesten Nachrichten an.
Das Glück, diese rätselhafte Hure, war ihm gewogen: TV Canaria zeigte Bilder der geretteten Mannschaft. Jules Dumarche erklärte, der griechische Frachter hätte nicht mehr voll ausweichen können, aber das sei nicht der alleinige Grund für den Unfall. Es gäbe da Dinge, die er nur vor dem Seegericht aussagen wolle. Pieter van Geldern setzte noch einen drauf, indem er sagte: »Da ist allerhand Unsauberes passiert. Man wird noch davon hören, aber nicht jetzt und hier.«
Massive Drohungen, die Armand nur mitleidig den Kopf schütteln ließen. »Blödheit ist wirklich eine Krankheit!«
Am Abend gab der Gouverneur von Teneriffa im Beisein der Minister aus Madrid eine Pressekonferenz. Auch Gérard Armand war dabei. Er zeigte bei den strengen Kontrollen einen Ausweis der Agence de presse France libre , bekam ein Kärtchen, das er an sein Revers stecken mußte, und wurde durchgelassen.
Daß es France libre nicht gab, konnte auf Teneriffa niemand wissen. Ein Ausweis genügte, vor allem, wenn er Lichtbild und Stempel trug.
Armand setzte sich unauffällig in die dritte Reihe, hörte den verschiedenen Ausführungen zu, ohne besonderes Interesse zu zeigen, denn wie bei allen Pressekonferenzen wurde viel gesprochen, aber wenig gesagt. Viel mehr beobachtete er die beiden, in neuen Uniformen erschienenen Offiziere Dumarche und van Geldern, die neben dem Verkehrsminister saßen. Heßbach war nicht gekommen, denn er lag im Krankenhaus und hatte Sprechverbot. Das Ärzteteam, das ihn betreute, hatte eine leichte Rauchvergiftung festgestellt und reinigte mit konzentriertem Sauerstoff die Lungen. Ob innere Verätzungen zurückblieben, war auf den Röntgenbildern noch nicht zu erkennen. Auf diplomatischem Wege hatten die Verhandlungen zwischen Madrid und Bonn begonnen, Heßbach mit einem Ambulanzflugzeug nach Hamburg bringen zu
Weitere Kostenlose Bücher