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Öl-Connection

Öl-Connection

Titel: Öl-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kapitän Hammerschmidt mit Kang Yunhe getroffen hatte, schien sich zu bewähren. Die Else Vorster fuhr durch das Südchinesische Meer, als habe sich an Bord nichts verändert. Das Ehrenwort, das Hammerschmidt gegeben hatte, bedrückte den Kapitän nicht mehr; er sah, daß Kang von Navigation wirklich nichts verstand und sich ganz auf ihn verließ. Nur wußte er keine Antwort auf die Frage: Wo will er mit dem Schiff hin? Der Zielhafen Singapur kam nicht in Betracht, denn dort würde man Kang und Wu verhaften und die gesamte Mannschaft einsperren. Keiner war so dumm, sich selbst auszuliefern, vor allem nicht ein so hochintelligenter Mann wie Kang Yunhe. Was also sollte mit der Else Vorster geschehen, mit der Ladung, den Containern, den unter Deck eingesperrten Offizieren und Japanern, die sich gegen die Meuterei gewehrt hatten?! Sie wurden gut versorgt, das hatte Kang versprochen, aber man pflegt auch einen zum Tode Verurteilten, bevor man ihn hinrichtet.
    Am dritten Tag nach der Besetzung des Schiffes bat Hammerschmidt höflich Kang Yunhe in die Kapitänslogis. Er hatte sie behalten dürfen, denn Kang schlief aus Solidarität weiter bei der Crew in seiner engen Kammer, nur die weiße, goldverzierte Kapitänsmütze – das Zeichen der Macht – behielt er auf dem Kopf.
    Hammerschmidt wartete, bis Kang an die Tür klopfte. Auf der Brücke überwachte ein japanischer Rudergänger den Kurs. Er klopft tatsächlich an, dachte Hammerschmidt verblüfft. In amerikanischen Filmen treten die Meuterer die Tür auf. Man sollte den Regisseuren einmal sagen, daß die Wirklichkeit viel undramatischer ist und viel logischer.
    »Sie haben mich rufen lassen, Sir?« fragte Kang und betrat das Zimmer.
    Hammerschmidt hatte Mühe, ein Grinsen zu verhindern. Kang Yunhe tat alles, um die Rolle des neuen Schiffsherrn auszufüllen. Außer der Kapitänsmütze trug er etwas angeschmutzte weiße Jeans, ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte. Das Hemd hatte er aus Halbes Schrank genommen, die Krawatte gehörte dem Chief Smits. Nur die weißen Schuhe der Offiziere waren dem Chinesen eindeutig zu groß.
    »Ich hätte eine Bitte, Kang«, sagte Hammerschmidt und setzte sich. Er ist Rechtsanwalt, Akademiker, ein schlauer Kopf, dachte er, aber im Grunde seines Herzens ist er das große Kind geblieben. Er braucht die Maskerade, um sich selbst aufzuwerten. Sein Spiegelbild sagt ihm: Jetzt bist du Kapitän! Und er beginnt, in diese Rolle hineinzuwachsen. »Einen Whisky?«
    »Danke. Ich mache mir nichts aus Alkohol.«
    »Auch keinen Mei-Tai?«
    »Auch das nicht.« Kang blickte Hammerschmidt mit unverhohlenem Mißtrauen an. »Worum geht es, Kapitän?«
    »Um eine kleine Gefälligkeit … Ich möchte meine Offiziere besuchen.«
    »Warum?«
    »Um ihnen ein wenig Ablenkung zu verschaffen …«
    »Abgelehnt.«
    »Mit welcher Begründung, Kang?«
    »Ich bin Ihnen gegenüber nicht verpflichtet, Begründungen anzugeben. Sie sind genauso ein Gefangener wie Ihre Offiziere, Ihr Ehrenwort verschafft Ihnen gewisse Freiheiten, das ist die einzige Ausnahme.«
    »Was haben Sie gegen ein Gespräch, Kang?«
    »Es könnte konspirativ sein.«
    »Die Standardformel des Kommunismus. Ich denke, Sie kommen aus Taiwan.«
    »Ich gehe kein Risiko ein.« Kang schüttelte den Kopf. »Aus Gesprächen können Taten werden. Darin haben wir Erfahrung. Mao hat auch viel gesprochen, und dann ist er marschiert!«
    »Ich bin nicht Mao.« Hammerschmidt mußte nun doch lächeln. Der Schatten Maos war für einen Chinesen überall und übermächtig, ob in der Volksrepublik oder auf Taiwan. Nur sprach man nicht mehr darüber, um das Aufdämmern einer neuen Zeit nicht zu belasten. »Haben Sie keine Angst, Kang. Überlegen Sie: Die Gefangenen haben nur ihre bloßen Hände, aber vor der Tür stehen Ihre Leute, schwer bewaffnet. Halten Sie meine Offiziere für schwachsinnig?«
    Kang zögerte. Man konnte fast von seiner Stirn ablesen, wie er innerlich mit sich rang. Dann sagte er: »Also gut! Besuchen Sie Ihre Offiziere. Ich genehmige fünfzehn Minuten, mehr nicht. Und ich werde selbst draußen warten, vor der offenen Tür!«
    »Angenommen.« Hammerschmidt erhob sich. »Wann darf ich …?«
    »Wann Sie wollen.«
    »Sofort?«
    »Ich habe nichts dagegen.«
    »Danke.« Hammerschmidt fiel es schwer, dieses Wort auszusprechen. Ein deutscher Kapitän bedankt sich bei einem Meuterer; aber er kannte den Stolz der Chinesen und ihre Empfindlichkeit, wenn ein Staubkorn auf ihre persönliche Ehre

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