Öl!
als sie zum Angriff auf den von ihnen so genannten «alliierten Imperialismus» bliesen, hörte man darin des Kaisers * Stimme auf Russisch, und als die in den Archiven des Zaren gefundenen Geheimverträge mit den Alliierten veröffentlicht wurden, erklärten die Zeitungen in Amerika diese Dokumente kurzerhand für gefälscht.
Als guter Amerikaner glaubte Dad seinen Zeitungen. Er sah in dieser Bolschewikenrevolution das schrecklichste Ereignis seines Lebens; er wurde ganz blass, wenn er mit Bunny darüber sprach. Amerika sei erst im nächsten Frühjahr in der Lage, ein Heer nach Frankreich zu schicken, vielleicht sogar erst im Herbst, und bis dahin könnten die Deutschen eine Million Soldaten an die Westfront verlegen, sie mussten dazu nur ein paar hundert Meilen eigenes Land durchqueren. Sie würden die Briten und Franzosen einfach überrollen und Paris einnehmen, vielleicht ganz Frankreich, «und wir müssen sie dann wieder rauswerfen». Jetzt liege die ganze Last des Kriegs auf Amerikas Schultern, er werde noch Jahre dauern, und womöglich würden weder Dad noch Bunny sein Ende miterleben.
Dad las aus den Zeitungen vor, nähere Einzelheiten über die Schrecknisse, die sich in Russland abspielten: buchstäblich Millionen von Menschen hingeschlachtet, alle Gebildeten und Aufgeklärten, grässliche Folterungen, so widerlich, dass man sie nicht drucken könne. Schon bald habe man die kommunistischen Theorien auch auf die Frauen des Landes übertragen; sie würden «verstaatlicht», per amtlicher Verfügung zu öffentlichem Eigentum erklärt und massenweise von den «Kommissaren» vergewaltigt. Lenin habe Trotzki ermordet und Trotzki Lenin ins Gefängnis geworfen. Der Bodensatz der Gesellschaft komme in Wallung und zeige eine Grausamkeit, wie man sie der menschlichen Natur nicht im Traum zugetraut habe. Dad hoffte, Bunny werde jetzt einsehen, wie dumm dieses Idealismusgeschwafel war, seine Vorstellung, man solle den streikenden Arbeitern ihren Willen lassen und die ganze Wirtschaft dem Mob anvertrauen. Genau das werde hier in der Praxis durchexerziert. Und wie gefiel ihm das? Bunny musste zugeben, dass es ihm nicht besonders gefiel, und er war bestürzt und ernüchtert.
Das Problem machte ihm zu schaffen, denn es galt zu entscheiden, welche Pflichten er in dieser Weltkrise hatte. Es war sein letztes Schuljahr, danach war er alt genug, um einberufen zu werden, und was dann? Er traf sich mit seinem Vater zu einer ernsten Besprechung. Dad fand, er trage so viel Verantwortung, dass ihm die Unterstützung seines einzigen Sohnes zustehe; keiner werde ihn für einen Drückeberger halten, wenn er Mr Carey überredete, Bunny für den Dienst in der Erdölindustrie freizustellen. Aber Bunny wollte unbedingt an die Front, er erwog sogar, die Schule abzubrechen und sich freiwillig zu melden, wie mehrere andere Jungen. Sie einigten sich schließlich darauf, dass Bunny die Schule beenden solle, dann werde man sehen, wie sich die Dinge entwickelten. Bis dahin sei es Bunny allerdings seinem Land und auch sich selbst schuldig, dass er mehr Zeit aufs Lernen verwende und weniger aufs Amüsieren. Wenn ein junger Mann diese Weltenkrise wirklich begriffen habe, werde er bei seiner Arbeit bleiben, egal, was für einer, und seine Energien nicht an ein Lotterleben verschwenden. Bunny errötete, senkte den Blick und sagte, ja, das sei sicher richtig, er werde sich bessern.
9
In dieser Stimmung gehobenen Ernstes ging er zu Eunice, um ihr mitzuteilen, dass die Rettung der Zivilisation nun auf ihrer beider Schultern laste. Sie antwortete, ja, das habe sie auch schon gemerkt, ihre Mutter habe gerade ein ernstes Gespräch mit ihr geführt. Wegen des Kriegs und der Bedürfnisse der Alliierten werde demnächst das Essen und alles Mögliche andere knapp. Die Damen im Klub hätten sich auf ihre vaterländische Pflicht besonnen und würden nur noch die allerteuersten Lebensmittel kaufen, damit Speck, Kohl und Kartoffeln für die Armen übrig blieben. Mrs Hoyt hatte all ihre Kleidung der Heilsarmee gespendet und gab nun ein kleines Vermögen aus, um sich so teuer wie möglich völlig neu einzukleiden. Eunice hatte natürlich nichts dagegen, nur Luxusgüter zu konsumieren, war aber ein wenig verwirrt, weil ihre Tante Alice einen genau gegenteiligen Standpunkt vertrat und sich eine Menge billiger Sachen gekauft hatte, um der Arbeiterklasse mit gutem Beispiel voranzugehen. Wie dachte Bunny darüber? Was war nun richtig?
Doch diese Phase der Mäßigung
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