Öl!
das Saxofon «Kiss me, honey-baby» oder «Toodle-um-too» und dergleichen Liebesschnulzen darbot. Sie war eine draufgängerische kleine Tänzerin, klammerte sich an ihren Partner und schmiegte ihren Körper wie hingegossen an den seinen. Bunny fand eigentlich, dass sich so etwas in der Öffentlichkeit nicht gehörte, aber es entsprach der Stimmung dieser Zeit, und niemand achtete auf sie, schon gar nicht, wenn einige Stunden vergangen waren und die Drinks ihre Wirkung getan hatten.
Es war immer schwierig, Eunice von diesen aufregenden Schauplätzen wegzulotsen. Sie wollte nie gehen, nicht einmal wenn sie erschöpft war. Er musste sie fast hinaustragen. Auf der Heimfahrt sank sie dann an seine Schulter und schlief ein, und er hatte die größte Mühe, wach zu bleiben. Ein Junge aus ihrer Clique hatte sich für den Rest seines Lebens eine gebrochene Nase geholt, weil er auf einer viel befahrenen Straße am Steuer eingedöst war; ein anderer hatte nach einer Karambolage zehn Tage im Gefängnis gesessen, weil die Polizei in seinem Atem Schnaps gerochen hatte. Die Partyregeln besagten, dass der Mann, der heimfahren musste, nur Gin trinken durfte – nicht weil man davon nicht betrunken wurde, sondern weil er keinen Atemgeruch hinterließ!
Es kam der Tag, da Eunice fand, es sei albern, nach dem Tanzen jedes Mal die lange Strecke nach Beach City zurückzufahren. Sie suchten sich ein Hotel, wo sie sich als Mr und Mrs Smith aus San Francisco eintragen konnten und niemand Fragen stellte; sie zahlten im Voraus, da sie kein Gepäck hatten, schlüpften am Morgen getrennt hinaus, und kein Mensch bemerkte etwas. Zu Hause erzählten sie, sie hätten bei Freunden übernachtet, und die Familien verfolgten die Sache nicht weiter, aus Angst vor möglichen Entdeckungen.
Bunnys Leben hatte sich sehr verändert, und es dauerte nicht lange, da sah man es ihm an; Dad fiel auf, dass er sein blühendes Aussehen verlor, und scheute sich nun nicht mehr, darüber zu reden. «Du machst dich zum Narren, mein Sohn. Dieses späte Heimkommen muss ein Ende haben.» Also versuchte Bunny, sich vor dem einen oder anderen Tanz zu drücken, und Eunice flog in seine Arme, schluchzte, klammerte sich an ihn und schmiegte ihren Körper an den seinen, heillos atemberaubend wie immer, sodass Bunnys Sinne ganz und gar von ihr erfüllt waren, von ihrem zarten Parfüm, dem hauchdünnen Stoff, dem zerzausten Haar, den glühenden, rasenden, beharrlichen Küssen. Er musste standhaft bleiben, argumentieren, flehen und versuchen, den Verstand zu behalten, während ihm der Kopf schwirrte.
Manchmal mischte sich noch Verlegenheit in seine Gefühle, wenn sich eine solche Szene im Salon des Hauses Hoyt abspielte und einer der beiden Eltern anwesend war. Aber was sollten sie machen? Sie hatten dieses wilde junge Geschöpf großgezogen, ihm alles Erdenkliche geschenkt, dazu ein halbes Dutzend Dienstboten im Haus, um ihm jede Laune zu erfüllen. Eunice hatte immer bekommen, was sie wollte, und jetzt wollte sie ihren Liebsten, und die arme Mrs Hoyt konnte nur sagen: «Sei nicht hartherzig, Bunny» – offenbar gab sie ihm die Schuld an diesen Tobsuchtsanfällen in ihrer Gegenwart! Wenn der arme Tommy zufällig in einen solchen Tobsuchtsanfall geriet, trat ein erschrockener Ausdruck auf sein rosiges, fast jungenhaftes Gesicht, und er machte kehrt und türmte. Er hatte genug eigene Probleme, und als er Bunny beim nächsten Mal begegnete, fasste er seinen Standpunkt in einem einzigen inhaltsschweren Satz zusammen: «So etwas wie eine normale Frau gibt es auf der ganzen Welt nicht!»
6
Kurz bevor die Schule begann, machte sich Bunny aus dem Staub und fuhr für eine Woche zu Dad nach Paradise, wo er Paul auf einem dreitägigen Heimaturlaub antraf. Paul musste offenbar nicht nach Übersee, die Armee hatte ihn in seinen alten Beruf zurückgeschickt, er baute wieder Baracken, nur dass er jetzt nicht mehr zehn Dollar am Tag bekam, sondern dreißig im Monat «und eins auf die Rübe». Das also bedeutete Patriotismus für einen Arbeiter! Was für ein Kontrast zu Tommy Hoyts drei Millionen und den hundertzwanzigtausend pro Woche aus Dads Ölverträgen! Aber angesichts der Sprachgewalt des Präsidenten und der knapp gefassten Begeisterung der Vierminutenredner dachte darüber niemand nach.
Paul sah in seiner Khakiuniform groß und stark aus, und Ruth war überglücklich, weil Paul nicht getötet werden würde. Meelie war überglücklich, weil ein Kind unterwegs war, und Sadie, weil es
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