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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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hielt bei Eunice nicht lange an. Ein paar Tage später war sie zum «Ball der belgischen Waisenkinder» eingeladen, und als Bunny darauf bestand, er müsse lernen, drohte sie, mit Billy Chalmers hinzugehen, dem gut aussehenden Kapitän der letztjährigen Footballmannschaft (dieses Jahr gab es keine Mannschaft). Auch recht, sagte Bunny, und so zeigte sich Eunice vor der ganzen Schule ungeniert mit Billy, und es kam das Gerücht auf, dass er mit ihr am Straßenrand parke und sie Bunny ausgespannt habe. Das dauerte ein, zwei Wochen, bis Bunny das Herz so wehtat, dass er es nicht mehr aushielt. Es war ein Samstagabend, und da Dad eingeräumt hatte, einmal Tanzen in der Woche sei nichts Unrechtes, rief er Eunice an, und sie versöhnten sich unter Tränen und leidenschaftlichen Gefühlsausbrüchen. Sie behauptete, in Wirklichkeit nie, nie einen anderen als ihren Bunny-Bär geliebt zu haben; wie hatte er nur so böse sein und ihr einen Gefallen abschlagen können?
    Doch dann kam Weihnachten, und der schlaue und hartnäckige Dad sorgte für eine ganze Reihe von Verführungen – einen großen, von Ruth zubereiteten Truthahn und zwei neue fündige Bohrlöcher, ganz zu schweigen vom Ruf der Wachteln über den Bergen bei Sonnenuntergang. Bunny versprach mitzufahren, er musste einfach mitkommen, und Eunice bekam ihren allerschlimmsten Wutanfall; sie packte Bunny bei den Haaren, zog ihn durch den Salon ihrer Mutter, während diese hilflos danebenstand, und schwor, Bunny sei ein falscher Hund und ein Schurke; sie werde Billy Chalmers anrufen, noch heute Nacht zu einer Vergnügungstour aufbrechen und erst wieder heimkommen, wenn die Weihnachtsferien vorbei seien – und vielleicht nicht einmal dann.
    Bunny fuhr nach Paradise, besichtigte die neuen Bohrlöcher, die Zeichnungen für die neuen Rohrleitungen und den Entwurf für die geplante Raffinerie; er wanderte mit Dad über die Berge und jagte Wachteln, und abends lag er in seinem einsamen Bett und krümmte sich vor Elend. Ihm war, als verwandle er sich in einen alten Mann – bestimmt war sein Haar morgen früh grau! Er schlief noch weniger, als wenn er mit Eunice zum Tanzen gegangen wäre, und wozu war das gut? In der Schule unterrichtete man Biologie und die englischen Dichter des neunzehnten Jahrhunderts – half das vielleicht die Deutschen aus Frankreich vertreiben? Eunice war so zerbrechlich, so schön und würde nun so unglücklich sein! Sie war anders als andere Mädchen, schwer zu verstehen, und der nächste Junge war vielleicht nicht so lieb zu ihr wie Bunny! Zudem war die Welt, die sie zu entzweien versuchte, dieselbe blinde, dumme Welt, die Millionen von Menschen umbrachte; vielleicht hatte Großmama am Ende recht, das Ganze war ein Wust aus Grausamkeit, und es war egal, was man tat und welche Seite gewann.
    Am anderen Morgen war dann Dad da und das tägliche Mahlwerk der gewaltigen, riesigen Maschinerie. Auf Dad war zumindest Verlass, Dad war von etwas überzeugt. Außerdem schien er alles über Bunny zu wissen, ohne dass man es ihm sagen musste, er war auf taktvolle Weise sanft und mitfühlend, sagte kein Wort, versuchte aber, Bunny abzulenken, und überlegte, was sie gemeinsam unternehmen konnten. Wenn man bedachte, dass Dad solche Sachen auch erlebt hatte! Es wäre interessant gewesen, offen mit ihm darüber zu reden – wenn ihm dergleichen nur nicht immer so peinlich gewesen wäre! Bunny dachte an seine «kleine Mamma», die er seit über einem Jahr nicht mehr gesehen hatte; sie war nach New York gezogen, und Bunny hatte den Verdacht, dass Dad unter der Bedingung, dass sie dort blieb, die finanzielle Unterstützung für sie aufgestockt hatte. Bunny hätte gern mit ihr über Eunice geredet und sich angehört, wie sie über austauschbare Liebhaber dachte.
    Er hielt durch, und als er heimkam, ging er nicht zu Eunice. Immer wenn er ihr begegnete, tat sein Herz einen schmerzhaften Satz, doch dann wandte er sich ab und ging ein paar Meilen spazieren, um darüber hinwegzukommen. Unter den «Zulus» verbreitete sich die Nachricht, dass das Paar für immer gebrochen habe, und einige muntere junge Damen begannen dem Ölprinz Avancen zu machen. Aber Bunny nahm sie kaum wahr, sein Herz war tot, und er redete sich ein, dass er nie mehr ein Mädchen anschauen werde. Einer der Dichter des neunzehnten Jahrhunderts hieß Byron, und in seinen Romanzen fand Bunny genau jene Stimmung aristokratischer Untröstlichkeit, die ihm entsprach. Eunice hingegen knutschte mit ihrem

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