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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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der Rest der Großen Fünf, und falls sie die Beute an Land zogen, würde der Ölpreis zu Hause womöglich fallen und Dad eine Menge Geld verlieren. Trotzdem gab er sich patriotisch; das Land brauchte Öl, und es war unsere Aufgabe, es zu beschaffen. Dad war also auch Idealist, und er ärgerte sich, dass seine Art Idealismus von seinem Sohn so gering geschätzt wurde.
    Bestimmt war die Universität daran schuld. Bunny mochte sagen, was er wollte, dieser «Bildungskram» stieg ihm zu Kopf und verdarb ihn für alles Praktische. Mehrmals merkte Bunny, dass der schlaue Alte ihn aushorchte. Es musste eine ältere Person geben, die Einfluss auf Bunnys Gedanken nahm, und es war verdächtig, dass Bunny nie von einer solchen Person sprach. Bunny ahnte, dass der Name Daniel Webster Irving alias Daniel Washington Irving früher oder später ans Licht kommen würde, und so fasste er einen klugen Plan: Er würde dafür sorgen, dass Dad seinen Dozentenfreund kennenlernte! Einen Mann, den er in seinem Haus empfangen hatte, konnte Dad nicht mehr denunzieren!
    «Dad, ich möchte gern einem Lehrer einmal das Ölfeld zeigen.»
    Natürlich war Dad hocherfreut; das brachte ein wenig Kultur in seine Welt und ließ ihn an der Gedankensphäre seines Jungen teilhaben. Ihn plagte nämlich die Angst, dieser «Bildungskram» könne dazu führen, dass Bunny sich für seinen unwissenden alten Vater schämte. Dad wusste, dass es eingebildete Kerle gab, die verrückt genug waren, auf fünfundzwanzig Millionen Dollar herabzuschauen – oder zumindest so taten, als ob!
    Mr Irving sollte in den Ferien Sommerkurse abhalten, aber bis dahin blieben ihm noch zehn Tage, und Bunny fragte, ob er für ein Wochenende mit ihm nach Paradise fahren wolle. Der junge Dozent willigte freudig überrascht ein. So brachen sie eines Morgens im Juni auf, bei jenem strahlenden Sonnenschein, wie er in Südkalifornien ganz normal ist, sodass man gar nicht mehr darüber nachdenkt. Unterwegs sprachen sie über die Ereignisse in Russland und Sibirien, welche Fortschritte General Denikin und Admiral Koltschak machten, über die verzweifelten Bemühungen der Bolschewiken, eine rote Armee aufzustellen, und über die Hoffnung der herrschenden Klasse in Deutschland, ihr verlorenes Ansehen zurückzugewinnen, indem sie den Alliierten im Kampf gegen die Russische Revolution beistanden. Bunny beschrieb Mr Irving auch, wie er sich diesen Besuch vorstellte; die meiste Zeit sollte Dad reden dürfen, und Mr Irving sollte nur solche Meinungen äußern, die für einen alten Ölboss akzeptabel waren.
    8
    Sie kamen in Paradise an, und der Dozent wurde angemessen in der schönen neuen «spanischen Ranch» untergebracht, die Dad für sich und seine Gäste auf dem Gelände hatte errichten lassen. Die Gebäude umfassten im Geviert einen Hof mit einem Springbrunnen in der Mitte, es gab Palmen und Bananenstauden, und die Bougainvillea, die die mit Gips verputzten Hauswände erklomm, zeigte schon kräftige Triebe. Ein Japaner war Butler und Koch in einem, ein Junge erledigte die Gartenarbeit und das Geschirrspülen, und Ruth war zur Haushälterin und Chefin der Angestellten aufgestiegen. Es gab sechs Gästezimmer, und wenn die Geschäftsführer, Direktoren, Geologen und Ingenieure von Ross Consolidated aufs Gelände kamen, waren sie immer Dads Gäste, eine einzige große, glückliche Familie. Gleich nach dem Abendessen setzten sie sich um einen mit grünem Filz bespannten Tisch im Wohnzimmer und begannen Poker zu spielen; sie zogen ihre Jacketts aus, knöpften die Hosenträger ab, klingelten dem Japaner, er möge noch mehr Zigarren, Whiskey und Soda bringen, füllten das Zimmer mit blauem Rauch und rührten sich bis in die frühen Morgenstunden nicht mehr vom Fleck. Dad war froh, dass sein Sohn lieber in seinem Zimmer blieb und las und nicht hörte, was sich die Ölmänner für Geschichten erzählten, wenn sie sich gehen ließen – ein amüsantes Beispiel für Doppelmoral.
    Aber diesmal wurde nicht gespielt, dies war ein geistig anspruchsvolles Wochenende zu Ehren des «Professors», wie Dad seinen Gast beharrlich nannte. Ross senior war in kindlicher Weise stolz darauf, dass ihn ein «Professor» besuchte, und er zeigte ihm ein Loch zu Bohrbeginn, ein anderes, in dem geschöpft wurde, und das gute Dutzend, das gerade gebohrt wurde. Sie besichtigten die neue Raffinerie, etwas ganz Besonderes, das die Zeitungen als neuestes Wunderwerk der Erdöltechnik ausgeschlachtet hatten; überhaupt war das Ganze

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