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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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ein Kunstwerk, die Gebäude aus Beton und glänzendem, frisch gestrichenem Metall standen in einem regelrechten Park. Ölquellen sind schwarz und schmierig, das lässt sich nicht ändern, aber bei einer Raffinerie liegt die Sache anders; das Zeug kommt in unterirdischen Rohrleitungen an, und das meiste davon wird auf dieselbe Weise wieder abtransportiert, deshalb kann man eine Raffinerie ganz nach dem Geschmack eines jungen Idealisten planen, mit hübschen Zäunen aus Maschendraht, bewachsen mit Kletterrosen, und Rasenflächen, zwischen denen sich Kieswege schlängeln. Die Ross-Raffinerie hatte die Größe eines stattlichen Dorfs, nur waren die meisten Gebäude Tankbehälter: große Tankbehälter und kleine Tankbehälter, hohe Tankbehälter und flache Tankbehälter, runde Tankbehälter, längliche Tankbehälter und quadratische Tankbehälter, schwarze Tankbehälter, rote Tankbehälter und Tankbehälter mit unendlich vielen verschiedenen Farben im Innern, wovon man nichts sah.
    Hauptbestandteil war eine gewaltige Batterie von Destillatoren, die in einer Reihe standen und durch ein Gewirr von Röhren miteinander verbunden waren, jeder einzelne Kolben groß genug, um sämtliche Schmuggler der Vereinigten Staaten zu versorgen. Im ersten Destillator wurde das Rohöl auf eine bestimmte Temperatur erhitzt und schied das erste Produkt ab; dies war das sogenannte «Krackverfahren». Der Rest floss weiter zum nächsten Destillator, wurde dort noch ein wenig höher erhitzt und schied etwas anderes ab. So ging es von Destillator zu Destillator – dieser Vorgang hieß «fraktionierte Destillation». Das jeweilige Destillat floss in einen großen Kondensator und von dort in einen eigenen Tankbehälter; auf diese Weise erhielt man Kraftstoffe von unterschiedlicher Qualität, Kerosin, Benzin und Naphtha 56 sowie ein Dutzend verschiedener Sorten Schmieröl, Vaseline, dicken, schwarzen, schönen Teer und endlos viele Tiegel geschmeidiges, weißes Paraffin.
    Man merkt schon, diese Vorgänge boten reichlich Raum für unzählige Verbesserungen und Erfindungen. Dad hatte einen Chemiker eingestellt, den zu rühmen er nicht müde wurde – also wirklich, der Kerl war ein wahrer Magier! Dad zahlte ihm sechstausend im Jahr; dafür gehörte ihm alles, was der Mann entdeckte. Er hatte der Firma seit der Gründung bereits einige Millionen eingespart. Dieser McEnnis lebte von nix als wie Kohlenstoffringen und -ketten; er zeichnete einem ein Diagramm auf die Tafel, das war ein roter Farbstoff, dann fügte er ein einziges C hinzu, und schon war ’ s ein grünes Zeug, mit dem man jemanden vom Bandwurm kurieren konnte, und sein Name war länger als jeder jemals gemessene Bandwurm.
    Diesen Magier mussten sie kennenlernen; also gingen sie ins Labor hinüber, das abgeschieden und allein auf einem kleinen Hügel lag, sodass sich sein Insasse in die Luft jagen konnte, so oft er wollte. McEnnis war blass, bucklig und halb kahl und blickte einen durch große Brillengläser an. Stolz stellte Dad ihm «Professor» Irving vor, und der Chemiker zeigte ihnen eine Reihe von Reagenzgläsern und Kolben und erklärte, dass er gerade zu ermitteln versuche, warum normales Hexan und das etwas stabilere Methylcyclopentan so viel weniger hitzebeständig seien als der gesättigte Kohlenwasserstoff mit demselben Molekulargewicht. Hier biete sich eine Chance zur bedeutendsten Einsparung in der Geschichte der Raffination; das Dumme sei nur, dass der Maximalanteil von Olefinen, der gemäß dieser einfachen allgemeinen Formel entstehen müsse – hier begann der Chemiker auf die Tafel zu schreiben: RCH 2 – CH 2 – CH 2 R 1 ➝ RCH 3 + CH 2 – CHR 1 – wegen der Polymerisation der Olefine und der Bildung von Naphtenen selten erreicht werde.
    Nach dieser Lektion gingen sie zurück auf die Ranch, bekamen zum Abendessen Brathähnchen, frischen Zuckermais und Honigmelonen aus dem Imperial Valley und setzten sich danach zum Plaudern nieder. Mr Irving verhielt sich fabelhaft, sie redeten bis Mitternacht, und er beantwortete Dad Hunderte Fragen über die Weltpolitik und erzählte, was er in Griechenland an Sozialarbeit und in Frankreich an Diplomatie erlebt hatte.
    Der junge Dozent hatte Verwandte, die hohe Posten bekleideten, daher hatte er allerhand interne Informationen, und die passten genau zu dem, was Dad wusste – ja, es sei furchtbar, wie alles verpfuscht werde! Mein Gott, den Japsen sagte man, sie sollten sich in Sachalin bedienen, wo es vielleicht mehr Öl gab als im

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